Gestalten wir die Welt doch nachhaltiger! Das ist nicht nur ein gutes Ansinnen, es ist auch notwendig geworden. Die Ressourcen der Erde sind begrenzt. Nicht jeder Rohstoff wächst wieder nach. In Zeiten von Just-in-time-Lieferungen und schneller Wirtschaft wurde der ökologische Aspekt viel zu lange viel zu wenig berücksichtigt.

Bäume kühlen, verbessern die Luft, spenden Schatten, sind gut fürs Klima – aber nur, wenn die richtige Art am richtigen Ort gepflanzt wird. Was wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben und wie wir es in Zukunft besser machen
DER STANDARD

Doch heute wissen wir es besser. Dass Kartoffeln in einem Land geerntet, in ein anderes Land zur Verarbeitung verfrachtet und dann als Pommes oder Wedges in andere Länder weitertransportiert werden, ist nur ein Wahnsinn, der gestoppt werden muss. Es gibt mittlerweile wirklich genügend Wissen darüber, was schiefläuft. Länger zuzusehen ist unverantwortlich.

Trend zur Nachhaltigkeit

Der Trend zur Nachhaltigkeit ist also zu begrüßen. Als Konsument hat man den Eindruck, dass sich schon viel verändert hat. Fast jeder Kaffee hat ein Gütesiegel auf seiner Verpackung – von bio bis nachhaltig. Jeder Fisch scheint glücklich gefischt, jede Banane von fair bezahlten Arbeitern geerntet.

Doch oft trügt der Schein. Je mehr über Nachhaltigkeit diskutiert wird, desto mehr erkennen wir, wie steinig der Weg noch ist. Was sich bei Schweinemästern oder in der Geflügelproduktion bei unter dem Gütesiegel der Agrarmarkt-Austria (AMA) stehenden Betrieben zuletzt abgespielt hat, ist unwürdig. Fleisch wird als Ware nicht verschwinden, auch die Massentierhaltung nicht. Aber es gehören Bedingungen geschaffen, die sowohl für die Tiere als auch für die im Betrieb arbeitenden Menschen ver- und erträglich sind.

"Die Vergabepraxis diverser Siegel, Pickerln, Labels oder Zertifikate gehört streng hinterfragt."

Die vielerorts gelebte Praxis, dass ein Gütesiegel auf ein Produkt geklebt wird, greift viel zu kurz. Die Vergabepraxis diverser Siegel, Pickerln, Labels oder Zertifikate gehört streng hinterfragt. Aktuelle Recherchen zeigen, wie sehr sich die Holzindustrie ihren grünen Anstrich erkauft hat. Je mehr ein Unternehmen bereit war, für ein grünes Label zu zahlen, desto lockerer wurden die Zertifizierer mit ihren Standard, kritisierten ehemalige Mitarbeiter.

In der Holzindustrie erkaufen sich manche Unternehmen ein grünes Label.
Foto: Getty Images / LesDaMore

Labeltricks

Zu Labeltricks kommt es auch in der Finanzindustrie. Produkte wie Fonds werden als nachhaltig beworben, auch wenn in Ölkonzerne und Waffenhersteller investiert wird. Erklärt wird das oft damit, dass Großinvestoren ja auch den Weg der Transformation mitfinanzieren und ob ihrer Finanzmacht Unternehmen auch unter Druck setzen können. Das mag stimmen, dennoch muss der Umgang mit Labels und Gütesiegeln geregelt werden. Es kann nicht angehen, dass Konsumenten von den Herstellern derart getäuscht werden.

Mit der Taxonomie hat die EU zumindest einen ersten Ansatz geschaffen, um die Finanzindustrie grün zu lenken. Aber auch hier fehlt die Kontrollinstanz. Solange es keine Prüfstelle gibt, wird es auch Anbieter geben, die schauen, wie sie sich durchmogeln können.

Das gilt auch für andere Branchen. Es fällt auf, dass grüne Siegel oder Zertifikate meist von privaten Zertifizierern gegen Gebühr vergeben werden. Hier braucht es rechtlich verbindende Strukturen. Reiten Finanzprüfer in ein Unternehmen ein, prüfen sie nach gesetzlichen Vorgaben. Umweltprüfungen und Zertifizierungen hingegen sind kaum reguliert. Das ist nicht zeitgemäß, zumal die Transparenzvorschriften verschärft wurden. Unternehmen müssen Nachhaltigkeitsberichte abliefern. Solange Verfehlungen keine Folgen haben, ist Papier geduldig. Die Erde womöglich nicht. (Bettina Pfluger, 1.3.2023)