Im Gastblog präsentiert Kurt Tutschek das Werk eines Malers, der dem Geld auf der Spur war.

Die heutige Zeitreise widmet sich einem Künstler, der nicht ausschließlich, aber häufig realistische Darstellungen von Banknoten malte. Banknoten zu Bündeln verpackt, Banknoten fein säuberlich auf einer Tischplatte drapiert, Massen von Banknoten, die Holzfässer wie Wein füllen.

Der Künstler, dem wir diese doch recht eigentümlichen Gemälde zu verdanken haben, hieß Victor Dubreuil. Über sein Leben ist wenig bekannt. Geboren wurde Dubreuil 1842 in der kleinen französischen Gemeinde Ayron.

Ein weiter Weg nach New York

In seinen Zwanzigern trat er als Soldat in die französische Armee ein und kämpfte im zweiten Französisch-Mexikanischen Krieg sowie im Deutsch-Französischen Krieg. Danach ließ er sich in Paris nieder und arbeitete als Direktor einer Wechselbank. Er versuchte auch, eine Entwicklungsgesellschaft zu gründen, die den Menschen in Afrika zugutekommen sollte. Eine Gesellschaft, deren finanzielle Gewinne vor allem den Arbeitern ein besseres Leben ermöglichen sollte. Im Rahmen dieser durchaus redlichen Bemühungen stahl Dubreuil mehr als fünfhunderttausend Francs von seiner Bank. Eine Aktion, die er als Kreditaufnahme rechtfertigte. Die Bank jedoch ging bankrott. Dubreuil setzte sich daraufhin ins Ausland ab und erreichte 1882 New York, wo er die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragte. Als er 1888 diese tatsächlich erhielt, gab er in der Einbürgerungsurkunde als Beruf "Künstler" an.

Don't make a move! 1893
Foto: Wikimedia Commons | Gemeinfrei

Das Gemälde "Don't make a move!", ein Bild von einem Banküberfall, wird als Schlüssel zu den Sehnsüchten, Enttäuschungen, Freuden und Sorgen des Künstlers betrachtet. Es bezieht sich zweifellos auf seine früheren Erfahrungen mit der Welt der Banken und seine gegenwärtige Armut. Im Bild posieren Dubreuil selbst – er richtet die Waffe auf den Betrachter –und seine ehemalige Wäscherin, die gierig in die Geldlade greift. 

Das kleine Geldpaket.
Foto: Allen Memorial Art Museum | Gemeinfrei
Körberlgeld
Foto: Gemeinfrei
Ein Dollar | circa 1890
Foto: Allen Memorial Art Museum | Gemeinfrei

Die meisten der Bilder waren so konzipiert, dass sie auch gut verkauft werden konnten. Sie sollten durchaus Dubreuils Fähigkeit unter Beweis stellten, die Realität so zu simulieren, dass der Betrachter getäuscht wurde. So sind die Geldfässer des Künstlers, die er in einer Serie von mindestens acht Exemplaren herstellte, Fantasiegebilde, die auf humorvolle Weise auf die menschliche Gier aufmerksam machen sollten.

Geldfässer | circa 1898
Foto: Museum of Fine Arts St. Petersburg

In "Barrels of Money" wird dem Betrachter die Illusion von unerreichbarem Reichtum vermittelt. Dubreuil spielt mit den Sehnsüchten des Betrachters nach einem besseren Leben und lockt ihn mit angehäuftem Vermögen. Es lässt sich nur vermuten, dass Dubreuil mit diesem Bild den Kampf zwischen Reichtum und Armut in der amerikanischen Gesellschaft thematisieren wollte. Ein Blick in sein eigenes Leben, denn er war ein häufiger Gast im "Old Dickens House", einer Bar in Manhattan, und es heißt, dass er aus Geldmangel seine Rechnungen des Öfteren mit seinen Gemälden bezahlte. 

Es dürfen auch Francs sein. Und auch ein Revolver kann nicht schaden.
Foto: Public Domain

Sehr interessant ist auch das Gemälde, das als "Das Auge des Künstlers" bezeichnet wird. Da aber nicht bekannt ist, ob Dubreuil das Gemälde selbst so betitelt hat, ist das Auge nicht unbedingt als das des Künstlers zu verstehen. Das Motiv jedoch – ein einzelnes Auge, das durch ein Loch in zwei Holzbrettern blickt, während daneben ein frankierter und adressierter Briefumschlag und ein Fünf-Dollar-Schein geklebt sind – ist jedenfalls exzentrisch und sicherlich einzigartig in der Trompe-l'oeil-Malerei.

Das Auge des Künstlers | 1895–1898
Foto: Wikimedia Commons | Gemeinfrei
Ein Kreuz aus Geld | circa 1896
Foto: Wikimedia commons | Gemeinfrei
Für eine Handvoll Dollar
Foto: Gemeinfrei
Safe Money | 1889 oder später
Foto: National Gallery of Art | Gemeinfrei
Fünf Dollar | circa 1885
Foto: The Philipps Collection | gemeinfrei

Vedacht der Geldfälschung

Im Jahr 1900 kehrte Dubreuil nach Frankreich zurück, nachdem die amerikanischen Bundesbehörden zunehmend den Verdacht hegten, dass er in Fälschungen verwickelt war. Schon 1897 ordnete ein Geheimdienstmitarbeiter des Finanzministeriums auf Grundlage eines Gesetzes, das die Reproduktion von Geld in jeglicher Form verbot, die Entfernung von Dubreuils Gemälde "A Barrel of Money" aus einer New Yorker Fabrik an, bis der US-Bezirksstaatsanwalt eine Stellungnahme zu dessen Rechtmäßigkeit abgegeben hatte. Fast zwei Jahre später wurde ein ähnliches Fassbild von Dubreuil aus einem Bostoner Schaufenster beschlagnahmt und an den Leiter des Geheimdienstes, Chief Wilkie, in Washington geschickt.

Dubreuil malte weiterhin Bilder in Frankreich, doch die wenigen erhaltenen Werke sind in ihrem Detailreichtum nicht mit den besten seiner New Yorker Gemälde vergleichbar. Wann Victor Dubreuil starb, ist nicht bekannt, vieles deutet jedoch auf kurze Zeit nach der Jahrhundertwende hin, da bislang nach 1900 keine weiteren Bilder datiert werden konnten. (Kurt Tutschek, 4.3.2023)

Link:

Weitere Beiträge im Blog