Gibt der Controller den Geist auf, ist grundsätzlich der Händler zuständig. Ausreden auf den Hersteller zählen nicht.

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Ein STANDARD-Leser hat ein Problem: Er konnte vor gut einem Jahr eine neue Playstation 5 ergattern. Doch nun trübt ein zickiger Controller den Spielgenuss. Anscheinend dürfte einer der Sticks einen Drall entwickelt haben, was ein entspanntes Zocken unmöglich macht. Das Problem ist nicht neu: "Stick Drift" nennt man das in der Fachsprache, und das Problem scheint bei den Dualsense-Controllern von Sony häufiger aufzutreten, wenn man den Einträgen in einschlägigen Foren Glauben schenkt.

Der andere war's

Normalerweise würde jetzt ein Umtausch im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung erfolgen, doch der Händler ist mittlerweile nicht mehr in Österreich tätig. In der Deutschland-Niederlassung gibt man sich recht unwirsch: Da der Controller im 13. Monat seit dem Verkauf den Geist aufgab, müsse der Konsument beweisen, dass der Fehler schon vor dem Verkauf bestand. Der STANDARD-Leser wird an Hersteller Sony verwiesen, dieser solle sich darum kümmern. Es kommt wie vermutet: Sony verweist zurück an den Händler, denn schließlich müsse dieser Gewährleistungsansprüche abwickeln, heißt es in einem E-Mail-Verkehr, der dem STANDARD vorliegt. Übrig bleibt am Ende der Konsument.

"Das ist leider ein Fall, der genauso alt ist wie der Konsumentenschutz selbst", weiß Kirstin Grüblinger von der Abteilung Konsumentenpolitik der Arbeiterkammer Wien. Ein Pingpongspiel zwischen Hersteller und Verkäufer ist auf jeden Fall unzulässig, denn es ist gesetzlich klar geregelt, wer die Verantwortung trägt – und diese liegt eindeutig beim Verkäufer. "Dieser muss entweder einen Austausch oder eine Reparatur anbieten", klärt die Juristin auf. Dass der Händler sich vom Markt in Österreich zurückgezogen hat, befreit ihn auch nicht von Gewährleistungsansprüchen, schließlich gibt es einen Rechtsnachfolger – in diesem Fall das Mutterunternehmen in Deutschland.

Ein Jahr ist der Konsument im Leo

Im obengenannten Beispiel dürfte der Konsument dennoch Pech haben, denn nach einem Jahr muss der Konsument beweisen, dass der Mangel schon bestanden hat, als er den Artikel gekauft hat – im Fall eines Controllers wird das wohl schwierig. Das Zauberwort heißt im Juristendeutsch "Vermutung der Mangelhaftigkeit". Das bedeutet im Grunde: Gibt die teure Gaming-Hardware innerhalb von zwölf Monaten nach dem Kauf den Geist auf, dann wird davon ausgegangen, dass der Mangel schon bei Übergabe bestand. Die Einschränkung: Man darf das Produkt nicht selbst beschädigt haben, etwa indem man versehentlich mit dem Auto über das neue iPhone gefahren ist.

Nach zwölf Monaten ist der Konsument in der Beweispflicht. "Wenn der Schaden ein Jahr und einen Tag später auftritt, dann habe ich es in der Praxis sehr schwer", sagt Grüblinger. Diese Frist wurde bereits von sechs auf zwölf Monate verlängert, ganz zufrieden sind die Konsumentenschützer damit aber noch nicht. Sie fordern, dass die Vermutung der Mangelhaftigkeit auf die vollen zwei Jahre ausgedehnt wird.

Der Schmäh mit der Garantie

Aber was ist nun mit der berühmten Herstellergarantie, mit der so oft geworben wird? Bei teurer Elektronik liegt mittlerweile oft eine große Karte bei, auf der darauf hingewiesen wird, dass man sich im Fall eines Defekts an den Hersteller und nicht an den Händler wenden soll. Die Konsumentenschützerin hält das für einen Schmäh, denn eine Garantie sei immer freiwillig und oft zu schlechteren Konditionen für den Konsumenten. Im Gewährleistungsfall ist immer der Händler zuständig. "Erfahrungsgemäß ist eine Garantie oft für den Konsumenten nachteiliger."

Es gebe natürlich Ausnahmen, wenn etwa ein Rucksackhersteller 25 Jahre Haltbarkeit des Stoffes garantiert. Im Fall von RAM-Riegeln geben manche Hersteller sogar eine lebenslange Garantie. "Es gibt natürlich Fälle, von denen der Konsument etwas hat. Dennoch gilt: Die Gewährleistung ist das scharfe Schwert, die Garantie nur das Zuckerl", sagt Grüblinger.

Wer selbstbewusst auftritt, hat bessere Chancen

Gerade der Elektronikbereich ist für Konsumentenbeschwerden anfälliger als andere Branchen, das liege aber in der Natur der Sache: Die Produkte sind oft hochwertiger und teurer und die Fehlerquellen zahlreich. Was ist der Tipp für mängelgeplagte Konsumenten? "Die Erfahrung zeigt immer wieder: Hemdsärmelige Personen kommen am schnellsten zu ihrem Recht. Es zahlt sich aus, sich auf die Hinterfüße zu stellen und im Brustton der Überzeugung den Händler zu konfrontieren." Hilft diese Methode nicht, bietet die Arbeiterkammer Musterbriefe für Konsumenten an. Darin wird dem Händler eine 14-tägige Frist eingeräumt, den Mangel zu beheben.

Doch was, wenn das alles nicht hilft? In letzter Konsequenz bleibt nur eine sogenannte Mahnklage, die man beim Bezirksgericht einbringen kann. Dabei wird ein bedingter Zahlungsbefehl zugestellt, eine Verhandlung oder Vernehmung der beteiligten Personen findet nicht statt. Auch wenn dieses Werkzeug für Konsumenten recht niederschwellig ist, fordert die Arbeiterkammer eine verpflichtende Schlichtungsstelle. Zwar gibt es derartige Systeme in Österreich, jedoch basieren sie im Gegensatz zu anderen Ländern auf Freiwilligkeit. "Bei uns gibt es da leider noch kein tradiertes System", so Grüblinger.

Mühsamer Kampf gegen geplante Obsoleszenz

Der Arbeiterkammer-Expertin gehen Gewährleistungsansprüche der Konsumentinnen und Konsumenten nicht weit genug, sie fordert eine Ausweitung über zwei Jahre hinaus. Das sei vor allem bei teuren und vermeintlich hochwertigen Produkten wie Kühlschränken und Waschmaschinen sinnvoll.

"Da erwartet man sich als Konsument, dass das Gerät zehn Jahre oder länger hält. Diese Erwartungshaltung sollte auch gesetzlich hinterlegt sein, und man sollte die Hersteller und Händler in die Pflicht nehmen können. Ich muss mich als Konsumentin darauf verlassen können, dass derartige Geräte nicht der geplanten Obsoleszenz zum Opfer fallen", sagt Grüblinger. (Peter Zellinger, 3.3.2023)