Ina Regen singt auf ihrem am Freitag erscheinenden Album "Fast wie Radlfahrn" über das vermeintlich Selbstverständliche im Leben.

Carina Antl

Der Titel birgt die Botschaft in sich: Fast wie Radlfahrn heißt das neue Album von Ina Regen. Das ist ein geflügeltes Wort, das meist zum Einsatz kommt, wenn davor der Satz gefallen ist, "wenn du es einmal kannst, verlernst du es nicht mehr". Doch das fremdkörperliche "fast" deutet an, dass das so nicht stimmt. Das Leben, von dem Regen singt, die Träume und Vorstellungen haben ihre eigene Dynamik. Was so selbstverständlich erscheint wie Radfahren, erweist sich manchmal doch als tückisch.

Das Lied Wann i groß bin bringt dieses Gefühl auf den Punkt, nachdem die in Wien lebende Oberösterreicherin das Album mit einem eher introvertierten Mädl am Klavier eröffnet. Einem wohl autobiografischen Eintritt, der leider ein wenig ins Fendrich’sche driftet, Offenherziges mit Pathos gekreuzt.

Vielleicht ist es der Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Dialekt, in dem sie ihre Lieder singt, der an den Wiener Liedermacher erinnert. Das ist schade, denn Regens Texte sind ja nicht schlecht. Sie befindet sich damit in einer Schnittmenge von Austropop und Progressivschlager – während Lieder wie A Weg zu mir oder Na geh Regionales mit Pop kreuzen und international klingen.

inaregenmusik

Ina Regen zählt zu einer neuen Generation heimischer Popmusikerinnen, für die Austropop nicht automatisch ein rotes Tuch ist, die dem Fach zeitgenössische Impulse geben. Fast wie Radlfahrn ist ihr drittes Soloalbum seit 2018, davor war sie bei der Band Beatcollective, man kennt sie zudem als Jurymitglied der ORF-Castingshow Starmania 21. Regen verkörpert eine moderne selbstbestimmte Frau, kennt keine Scheu, ihr Lachen zu zeigen, singt offen von Verletzungen und darüber, was sie nach sich ziehen.

Sie formuliert auf persönliche Art politische Standpunkte. Auf dem neuen Album zeigt sich das im Lied Granit, in dem die 38-Jährige über den Baustoff als Material für Heldendarstellungen sinniert und darüber, wie wenig Härte und Kälte mit dem Menschsein zu tun haben.

Ab April auf großer Tour

Dass sie bei aller Sensibilität jede Menge Spaß hat, schlägt sich in mehreren Erwähnungen von Wein in verschiedenen Darreichungsformen nieder und in einem Albumgrundton, der bei elf Liedern zwar der Melancholie den einen oder anderen Besuch abstattet, aber prinzipiell dem Leben optimistisch zugetan ist. Nix vom Regen in die Traufe, das (Wein-)Glas ist halb voll.

Sofort mit beiden Beinen in die Lacke hüpfen, weil einem danach ist. Und erst dann überlegen, wie das jetzt weitergeht. Das besitzt durchaus infizierendes Potenzial, macht Freude auf den Frühling, in dem Regen ihre Tour in Telfs beginnt (am 21. April). Danach ist sie in ganz Österreich zu sehen und wird das Album live vorstellen. Mit neuen Songs und älteren, wird es sich bald anfühlen wie Radlfahren. Fast. (Karl Fluch, 3.3.2023)