Gefühlt ist das Problem fast so alt wie die Republik selbst: Die heimische Verwaltung ist durchtränkt vom Einfluss der Parteipolitik. Beamtenjobs in Ministerien, Sektionschefinnen und Abteilungsleiter, Spitzenpositionen in staatsnahen Unternehmen: Überall machen politische Kräfte an der Macht ihren Einfluss geltend und hieven Günstlinge in entscheidende Funktionen – zum Vorteil der jeweiligen Partei, aber zum Schaden der Institutionen und Unternehmen. Denn eigentlich qualifiziertere Bewerberinnen und Bewerber bleiben häufig auf der Strecke.

Die Forderungen einer Initiative aus hochkarätigen Fachleuten, die 50 Vorschläge für eine bessere Verwaltung vorgelegt haben, sind deshalb grundvernünftig. Die beteiligten Expertinnen und Experten wissen auch aus eigener Erfahrung gut, woran das System krankt: Fast alle sind oder waren selbst in der Verwaltung aktiv, oft in Spitzenpositionen – etwa Ex-Justizminister Clemens Jabloner oder die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss.

Mitglied der "Initiative bessere Verwaltung": die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Mehrere zentrale Forderungen der Fachleute betreffen die Ministerien, die besonders häufig zur Drehscheibe parteipolitischer Interessen werden. Die Umsetzung jeder Einzelnen davon wäre höchst sinnvoll und hätte das Potenzial, die politische Farbenlehre zumindest ein Stück weit aus den Ressorts zu vertreiben. So schlägt die Initiative vor, dass Ministerinnen und Minister nur noch sechs Mitarbeiter in ihren Kabinetten beschäftigen dürfen. Drei davon müssten schon zuvor im Ressort gearbeitet haben. Das würde verhindern, dass Parteinähe als einziges Kriterium für einen Job im Kabinett gelten kann.

Mehr Transparenz

Das große Überthema, der entscheidende Hebel, um die heimische Verwaltung aus dem Würgegriff der Politik zu befreien, ist indessen mehr Transparenz. So ist etwa nicht die Frage, ob die Öffentlichkeit das Recht hat zu erfahren, wie in Handy-Chats einstiger Spitzenbeamter und Politiker um Posten gepackelt wird. Denn natürlich hat sie das – die veröffentlichten Chat-Passagen waren dienstlicher, nicht privater Natur. Die eigentliche Frage ist, warum in Österreich nicht längst gesetzlich geregelt ist, dass Kommunikation zwischen Politikern die Angelegenheiten der Republik betreffend ausschließlich über dienstliche Geräte erfolgen darf; und warum es keine scharfen Sanktionen gibt, wenn diese Nachrichten nicht dokumentiert oder gar gelöscht werden. In vielen anderen Ländern ist das gängiger Standard – man erinnere sich an die E-Mail-Affäre Hillary Clintons, die unter schweren Druck geriet, weil sie als Außenministerin zehntausende E-Mails von einem privaten Account verschickt hatte.

Mehrfach angekündigt

Trotz ihrer Sinnhaftigkeit werden die meisten Vorschläge der heimischen Initiative aber wohl Wunsch ans Christkind bleiben. Denn Regierungsparteien haben oft wenig Interesse, sich potenzielle Versorgungströge für die Zukunft abzuschneiden. Bei zumindest einer der zentralen Forderungen hat die Regierung aber selbst schon lange Handeln versprochen: bei einem modernen Informationsfreiheitsgesetz inklusive Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Das wurde in den vergangenen drei Jahren bereits mehrfach angekündigt – aber immer noch nicht umgesetzt. Die Regierenden hätten es also ganz selbst in der Hand zu beweisen, dass sie es mit dem Thema ernst meinen. Mehr Transparenz für eine bessere Verwaltung ist nämlich nichts anderes als eine Frage des Wollens. (Martin Tschiderer, 2.3.2023)