Die Skispringen im "Tal der Schanzen" ließen bisher zu wünschen übrig.

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Ein einziges Skisprungspektakel versprach sich die Szene von der Nordischen Weltmeisterschaft. Massenhaft Fans beim weitaus beliebtesten Wintersport der Slowenen, von einem erfahrenen Weltcup-Veranstalter perfekt organisierte Konkurrenzen, eine Jury, die dem Anlass entsprechend besonderes Fingerspitzengefühl bei der Wahl der auch windabhängigen Anlauflängen legt.

Allein, die ersten fünf von sieben Spezialkonkurrenzen im "Tal der Schanzen" waren keine Werbung für den an sich idealen Fernsehsport, ja, sie waren zum Teil einfach zum Abdrehen.

Besucherfiasko

Ein negativer Höhepunkt war das Springen der Frauen von der Großschanze – der Besuch einmal mehr an den Erwartungen gemessen ein Fiasko, die Jury mit den wechselnden Windbedingungen überfordert, Punkterichter, die einen Griff in den Schnee der prinzipiell großartigen, schließlich zweitplatzierten Norwegerin Maren Lundby nicht regelkonform als Sturz werteten und also die Medaillenentscheidung grob verfälschten.

Goldrichtig war die Siegerin, die Kanadierin Alexandria Loutitt. Und leistungskonform war das Abschneiden der Österreicherinnen, deren Beste, Eva Pinkelnig, nach Platz sechs fast fluchtartig Slowenien verließ, um noch in der Nacht nach Vorarlberg zu reisen. "Ich will heim, zu meinen Leuten, zu meinen Herzensmenschen", ließ die zweifache Silbermedaillengewinnerin wissen. "Im Hintergrund müssen die Dinge einfach gut zusammenlaufen, das war halt nicht der Fall."Chefcoach Harald Rodlauer konnte am Tag danach nicht erklären, was der sonst so betont positiv auftretenden Führenden des Gesamtweltcups derart zugesetzt hatte, dass sie nach eigenem Bekunden Stunden vor dem Wettkampf weinend in ihrem Zimmer gesessen war.

Die Umstände des Springens können es nicht gewesen sein, denn im Unterschied zu Mario Stecher, Österreichs sportlichem Leiter für Sprunglauf und Kombination, der den Wankelmut der Jury bei der Wahl der Anlauflängen geißelte ("Das ist schon fast ein bisschen ein Zirkus, wenn man dem Wind hintennach springt"), wollte sich Rodlauer nicht sonderlich alterieren. "Mario ist in einer anderen Position, ich muss mich darauf konzentrieren, was meine Athletinnen machen. Es hat keinen Sinn, wenn ich wie Rumpelstilzchen herumhüpfe, weil ich sowieso keinen Einfluss auf die Jury habe."

Mag sein, Stecher hat vorgebaut, für den Großschanzenbewerb der Männer (Freitag, 17.30 Uhr, ORF 1), in den Stefan Kraft, in Planica bisher zweimal enttäuschter Vierter, als Titelverteidiger geht.

Die Jury könnte sich vom Wüten aus Österreich ein wenig beeindrucken lassen, der Wind aber sicher nicht. Das traditionelle Weltcup-Skifliegen in Planica findet nicht nur deshalb normalerweise untertags statt, weil der mächtige Letalnica-Bakken keine stationäre Flutlichtanlage hat (lediglich für die Flug-WM 2020 gab es eine temporäre Beleuchtung). Am Tag sind die Windbedingungen im engen Tal deutlich stabiler in Richtung Thermik, der ständige Wechsel zwischen Auf- und Rückenwind, der alle bisherigen Spezialspringen der WM zu einem Glückspiel für die Sportlerinnen und Sportler und einer kaum zu bewältigenden Herausforderung für die Jury werden ließ, war also zu einem guten Teil auch der Ansetzung der Bewerbe geschuldet.

Fernsehdiktat

Die wird vor allem von den TV-Rechte-Inhabern diktiert, die sich vor allem unter der Woche von einem Abendspringen bessere Quoten erwarten. Aber nicht nur die Bedingungen bei den Springen leiden unter diesem Diktat, sondern auch der Kartenverkauf. Die Anreise nach Planica ist nicht unkompliziert, zumal öffentlich. Fans müssen weite Fußwege zu den Schanzen in Kauf nehmen, Tagesgäste haben zu gewärtigen, dass sie nach den Bewerben erst spätnachts heimkehren.

Spektakuläres wird ihnen dafür kaum geboten, das dafür aber zu teilweise spektakulären Preisen. (Sigi Lützow aus Planica, 2.3.2023)