Die Partei von Präsident Milo Ðukanović verknüpfte die Zustimmung zur Richterwahl mit vorgezogenen Neuwahlen.

Das montenegrinische Parlament hat diese Woche drei neue Richter für das Verfassungsgericht ernannt, das seit September letzten Jahres nicht mehr beschlussfähig war, nachdem drei der sechs Richter in Pension gegangen waren. Die Wahl neuer Richter erfordert eine Zweidrittelmehrheit im Parlament – diese konnte monatelang nicht gefunden werden. Seit vergangenen Sommer waren drei Anläufe im Parlament zur Neuwahl der Richterinnen und Richter im Verfassungsgericht gescheitert.

Die Partei DPS von Präsident Milo Ðukanović verknüpfte die Zustimmung zur Wahl der Richter mit der Abhaltung von vorgezogenen Neuwahlen. Montenegro befindet sich seit geraumer Zeit in einer institutionellen Blockadesituation, unter anderem weil auch keine neue Regierung gewählt werden kann. Die letzte gewählte Regierung ist am 19. August vergangenen Jahres gestürzt worden, seither wird das Land von einer Minderheitsregierung unter Dritan Abazović regiert. Die Parteien des gestürzten Kabinetts wollten ohne Neuwahlen einen neuen Regierungschef und eine neue Regierung zusammenstellen, Ðukanović bestand hingegen auf Neuwahlen.

Machtkampf kulminierte im Winter

Der Machtkampf zwischen der Partei DPS von Ðukanović und der gestürzten Regierung kulminierte im Dezember. Denn Ðukanović weigerte sich, den Politiker Miodrag Lekić als Premierminister vorzuschlagen. Am 13. Dezember verabschiedete das Parlament schließlich ein umstrittenes Gesetz zur Einschränkung der Befugnisse des Präsidenten, obwohl die Venedig-Kommission davor gewarnt hatte, dass dies die verfassungsmäßigen Rechte des Präsidenten verletzte.

Am 29. Dezember wurde Lekić dann durch eine Petition von 41 Abgeordneten vorgeschlagen, doch der Westbalkan-Beauftragte der US-Regierung, Gabriel Escobar, forderte das Parlament auf, keine neue Regierung zu wählen, sondern Neuwahlen zu organisieren. Im Hintergrund spielt eine Rolle, dass Ðukanović als Verbündeter westlicher Mächte wie der USA gilt. An der Regierung, die von 2020 bis 2022 an der Macht war, waren jedoch serbische Nationalisten, die dem Kreml nahestehen, beteiligt.

Präsidentschaftswahlen

Es geht also auch darum, ob diese serbischen Nationalisten, die auch von Serbien unterstützt werden, Einfluss behalten. Abazović selbst gilt als jemand, der nicht nur der Regierung in Serbien, sondern auch jener in Albanien unter Edi Rama nahesteht. Die serbische und die albanische Regierung versuchen in den Nachbarstaaten Montenegro und Kosovo immer wieder ihren Einfluss auszudehnen und großserbische und großalbanische Politik zu machen.

Am 19. März finden nun zunächst Präsidentschaftswahlen statt. Ðukanović kandidiert wieder. Erst danach wird die Parlamentswahl geregelt. Laut Verfassung muss das Parlament zunächst sein Mandat für beendet erklären, danach können 60 bis 90 Tage später Wahlen abgehalten werden.

Keine Mehrheit mehr in Podgorica

Aufgrund der fehlenden Beschlussfähigkeit des Verfassungsgerichts konnten nach den Kommunalwahlen vergangenen Oktober die endgültigen Wahlergebnisse in sechs Städten nicht bestätigt werden. Die DPS hatte erstmals bei diesen Kommunalwahlen die Mehrheit in der Hauptstadt Podgorica verloren. (Adelheid Wölfl, 3.3.2023)