Ein romantisches Candle-Light-Dinner, klassische Hintergrundmusik. Er und sie sitzen sich gegenüber, sehen sich verträumt an, halten sich an den Händen. Es ist ihr zweites Date. Nach dem Menü mit Weinbegleitung kommt der Kellner mit der Rechnung und stellt seine obligatorische Frage: "Zusammen – oder getrennt?"

Ein fragender Blick: Wer wird das Dinner übernehmen? Er, den alten Rollenbildern entsprechend? Sie, die emanzipierte Frau, die Wert auf Unabhängigkeit legt? Oder die salomonische Lösung: Jeder zahlt einfach getrennt? Bislang war das Thema Finanzen für die beiden kein Thema, schließlich lernen sie sich gerade erst kennen. Zeitgleich greifen sie nach der Geldbörse, er ist schneller und zahlt. Sie bedankt sich, denkt aber: Will er mir demonstrieren, dass er als Mann mehr Geld zur Verfügung hat? Soll ich das jetzt ansprechen oder es einfach dabei belassen – und das nächste Mal zahlen? Lieber jetzt nicht darüber reden. Das Thema hätte Potenzial für eine unnötige Diskussion, besser lassen.

Michael (50), Ziviltechniker im Bauingenieurwesen, und Patricia (39), Assistenz in Ziviltechnikerunternehmen: Das verheiratete Paar aus Wien hat mit insgesamt vier Kindern eine Patchworkfamilie. Beide verdienen unterschiedlich, Patricia arbeitet Teilzeit. Einen Ehevertrag gibt es keinen, dafür aber ein gemeinsames Konto. "In einer ernsthaften Beziehung, wo man einen Haushalt führt, sollte man das Geld zusammenlegen", sagt Michael. Für Patricia war das gemeinsame Konto anfangs etwas befremdlich, heute ist es für sie aber die beste Lösung. Finanziell abhängig von ihrem Mann fühlt sich Patricia aber nicht.
Heribert Corn

Am Anfang einer Beziehung spielt Geld selten eine große Rolle. Wer die Rechnung zahlt? Egal, solange man zusammen ist. Erst später wird es kompliziert mit den Finanzen. Ziehen Paare zusammen, müssen sie Miete zahlen, gemeinsame Einkäufe finanzieren, vielleicht sogar für ein Haus oder fürs Alter sparen. Die große Frage dabei: Wie regeln wir das?

Über Geld spricht man nicht oder zumindest selten. Studien zeigen, dass nur die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher ihre finanzielle Situation mit dem Partner bespricht. Aus Angst vor Konfrontation und der Konsequenz eines Streits meiden viele diese Thematik, obwohl sie zu einer ernsthaften Beziehung dazugehört. Das sagen auch Experten: Selbst wenn das Thema Geld zunächst für manche etwas unangenehm erscheinen mag, sollte über die gemeinsamen Finanzen beziehungsweise über die eigenen finanziellen Mittel sogar ziemlich genau gesprochen werden.

Trennungsgrund Geld

Eine Elite-Partner-Umfrage von vor wenigen Jahren zeigte, dass es für 42 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher ein Trennungsgrund wäre, wenn der Partner oder die Partnerin nicht gut mit Geld umgehen und haushalten könnte. Jedes dritte Paar kriegt sich regelmäßig wegen des lieben Geldes in die Haare. Und an jeder dritten Trennung sind Geldsorgen schuld. Oft wird das Problem "gelöst", indem man einfach nicht mehr über Geld spricht – und insgeheim doch der Meinung ist, benachteiligt zu werden.

Ines (26), Projektleiterin, und Stefan (23), Vertriebstrainer: Ein gemeinsames Haushaltskonto plus getrennte Girokonten sind für das Paar die beste Lösung. Fixkosten und Lebensmittel werden vom Haushaltskonto bezahlt, ebenso Neuanschaffungen wie ein Fernseher. Beim Urlaub macht das Paar eine Ausnahme. "Die gehen zu hundert Prozent auf mich, damit habe ich kein Problem", sagt Stefan, der mehr als seine Freundin verdient. Eine Art Ausgleich schafft Ines mit kleinen Geschenken zwischendurch.
Foto: privat

Aber wer schweigt, schafft Unsicherheiten und schürt Ängste. Machtunterschiede in Beziehungen haben oft mit Geld zu tun. Ob solche Differenzen real sind oder gefühlt, spielt keine Rolle, wenn sie Probleme in der Beziehung verursachen.

Denn jeder von uns hat einen für sich ganz eigenen Bezug zu Geld. Und jeder von uns hat auch eine genaue Vorstellung davon, wie er oder sie leben will und welche Rolle dabei die Finanzen spielen. Manche drehen jeden Cent um, denken an die Zukunft und ihre Altersvorsorge. Andere wiederum leben nach dem "Yolo-Prinzip", was "You only live once" heißt: Sie hauen das Geld auf den Putz, machen sich nur wenige Sorgen über die Pension. Treffen beide Prinzipien aufeinander, kann es in der Beziehung kompliziert werden.

Mein Geld, dein Geld

Dazu kommt: In den seltensten Fällen bekommen Paare das gleiche Gehalt. Man wird also über kurz oder lang über das Ungleichgewicht sprechen müssen. Welche Regelung dann als fair empfunden wird, definiert jedes Paar für sich.

Im Durchschnitt verdienen Frauen an die 18 Prozent weniger als Männern. Auch Patricia bezieht in ihrem Job als Assistentin weniger Gehalt als ihr Ehemann Michael, der Ziviltechniker ist und mit dem sie samt vier Kindern im Patchwork-Modell lebt. Für sie heißt die Lösung Gemeinschaftskonto. Ein Konto also, von dem alle großen und kleinen gemeinsamen Ausgaben abgehen, ohne dass über jeden Supermarkteinkauf und jede Stromrechnung genau Buch geführt wird.

Erik (56), EDV-Techniker, und Armin (30), Projektmanager: Das Paar hat getrennte Konten und teilt alle Ausgaben 50:50. Einen Überblick verschafft ihnen die App "Splitwise". "Ein Konto für beide macht keinen Sinn, das ist nur unpraktisch", meint Erik. Auch für Armin ist es wichtig, dass jeder für sein eigenes Geld verantwortlich ist. Vor zwei Jahren hat das Paar ein gemeinsames Sparbuch eröffnet. Mit dem Geld wollen Erik und Armin zu ihrem Jahrestag in den Urlaub fahren.
Heribert Corn

Zunächst war das für Patricia recht befremdlich. Da war naturgemäß die Sorge, dass man den Partner bei jeder Ausgabe um Erlaubnis bitten, sich rechtfertigen müsste oder dass der Besserverdienende das gemeinsame Leben bestimmen könnte. Da das aber bei ihnen nie vorkam, findet Patricia die Lösung mittlerweile gut: "Ich fühle mich nicht von Michael finanziell abhängig, für uns ist es die beste Lösung."

Zwei Konten, ein Sparbuch

Manche behalten getrennte Konten und eröffnen als Kompromiss ein Gemeinschaftskonto für Miete und Lebenshaltungskosten oder verrechnen nur die gemeinsamen Ausgaben. Das ist zumindest laut einer von der Bank ING-Diba Austria in 13 europäischen Ländern durchgeführten Umfrage die häufigste Lösung für österreichische Paare. In keinem anderen Land gaben mehr Paare (verheiratete wie unverheiratete) an, ihre Finanzen ganz oder großteils zu trennen: In 39 Prozent der Partnerschaften in Österreich gibt es bei den Finanzen mehr Alleingänge als Miteinander.

"Ein gemeinsames Konto würde für uns gar keinen Sinn ergeben", sagt auch der EDV-Techniker Erik. Er und sein Partner Armin haben strikte Kontentrennung. Will sich jemand etwas für sich leisten, dann zahlt er es auch. Mietkosten, Stromrechnung oder gemeinsame Einkäufe werden aber exakt 50:50 geteilt. Damit sie dabei den Überblick behalten und nicht ständig Rechnungen aufheben oder in einer Excel-Tabelle eintragen und mühselig zusammenrechnen müssen, verwenden Erik und Armin die App Splitwise. Dort kann jeder Nutzer eine Gruppe mit anderen gründen – oder eben auch nur mit dem Partner oder der Partnerin. Wer etwas für die Gruppe ausgibt, kann den Betrag einstellen und dann beispielsweise gleichmäßig aufteilen lassen. Die App übernimmt das Rechnen und zeigt allen in der Gruppe direkt an, wie viel sie anderen schulden. "Da kann es gar nicht zu Diskussionen kommen", sagt Armin.

Über die App "Splitwise" behalten Armin und Erik den Überblick über ihre Finanzen.
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Tipps für gemeinsame Finanzen

Die eine Patentlösung, die für alle funktioniert, gibt es leider nicht. Eines aber hilft mit Sicherheit: überhaupt über Geld in der Beziehung zu reden. Damit das vermeintlich unangenehme Gespräch möglichst konstruktiv verläuft, gibt es ein paar Tipps.

  • Was braucht man? Zunächst einmal sollte man sich mit den eigenen finanziellen Bedürfnissen und Verpflichtungen auseinandersetzen. Welche Einnahmen und laufenden Ausgaben hat man – und wo gibt man gerne mehr Geld aus als der Partner? Wie viel geht für die persönliche Altersvorsorge oder Versicherungen ab? Kauft man zum Beispiel lieber den teuren Rohmilchkäse im Gourmetladen, während die Partnerin mit dem Emmentaler vom Diskonter absolut zufrieden ist?

Gerade über vermeintliche Luxusausgaben wie Hobbys, Kleidung oder höherpreisige Lebensmittel wird gerne gestritten. Wie will man das handhaben, wenn man ein gemeinsames Konto führt, was sind Knackpunkte? Man sollte auf jeden Fall klar sagen, auf was man in der Beziehung nicht verzichten möchte. Eine Lösung bei Gemeinschaftskonten: Jedem steht im Monat ein gewisser Betrag zu, über den man frei verfügen kann.

  • Transparente Kommunikation Um Konflikte zu vermeiden, sollte man regelmäßig und transparent über finanzielle Themen sprechen. Vor allem, wenn es Konfliktpotenzial geben könnte – sei es, weil einer der beiden eine größere Ausgabe tätigen möchte. Oder wenn der andere einen finanziellen Engpass hat, weil beispielsweise die Auftragslage gerade nicht so gut ist.
  • Gemeinsame Sparziele Das Gespräch über die Finanzen mag prinzipiell unangenehm sein – ein guter Weg, um eine offene Kommunikation anzustoßen, könnte darin bestehen, sich ein gemeinsames finanzielles Ziel zu setzen: eine Immobilie, eine große Reise etc. Armin und Erik etwa haben beschlossen, dass sie sich zu ihrem Jahrestag einen besonderen Urlaub gönnen wollen. Deshalb haben sie vor zwei Jahren ein gemeinsames Sparbuch eröffnet, in das sie monatlich den gleichen Beitrag einzahlen. Es gibt auch die Möglichkeit, ein Unterkonto zu eröffnen, bei dem man den Sparfortschritt verfolgen kann. So fühlt sich keiner benachteiligt.
  • ·Gemeinsame Vorsorge Zahlt ein Paar gemeinsam einen Bausparvertrag, Versicherungen oder eine Altersvorsorge, dann sollte man, so unromantisch es auch klingen mag, darüber reden und im besten Fall schriftlich festhalten, wie es damit im Falle einer Trennung weitergeht.

Der Ehevertrag als Lösung

Eine gute Möglichkeit, sich abzusichern und finanzielles Ungleichgewicht in der Beziehung für alle Seiten transparent und fair zu regeln, ist – zumindest bei Hochzeit oder Verpartnerung – ein Ehevertrag. Der bedeutet nicht, dass man kein Vertrauen in die Langlebigkeit der Beziehung hat. Es heißt, dass man finanzielle Verantwortung übernimmt.

Die Lösung für diese ist Kommunikation. Wer die Wünsche und Pläne des anderen weiß, kann sie auch besser verstehen und gemeinsam nach Lösungsansätzen suchen. Dann hört beim Geld auch nicht die Liebe auf.

(Raphaela Scharf, 3.3.2023)