In allen Bundesländern bis auf das Burgenland gingen am Freitag Menschen auf die Straße. Die Veranstalter der Demonstrationen, Fridays for Future, zählten mehr als 30.000 Teilnehmer

Foto: Heribert Corn

Am Anfang des Klimastreiks ging es steirisch zu – und das nicht nur in Graz, wo sich bereits am Vormittag der österreichweit erste Demonstrationszug mit knapp 1000 vorwiegend jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Bewegung setzte, um die Regierung zum Beschluss eines längst angekündigten Klimaschutzgesetzes aufzufordern.

DER STANDARD hat sich bei den Demonstrierenden umgehört
DER STANDARD

In Wien war es die Ohrwurmmelodie von Fürstenfeld, dem größten Hit der steirischen Kultband S.T.S., die mittags, zu Beginn der Kundgebung, knarzend aus den Lautsprechern des Pritschenwagens tönte. Der Text, den die Aktivistinnen und Aktivisten dabei in der Wintersonne zwischen Kunst- und Naturhistorischem Museum anstimmten, war allerdings für den politischen Anlass passgenau umgedichtet. So formulierte denn auch der Refrain nicht die Sehnsucht nach der Kleinstadt an der Feistritz, sondern die Forderung nach einer deutlichen Erhöhung der Investitionen in den Klimaschutz: "Es braucht endlich vü mehr Göd für die Rettung dieser Wöd."

Die Zukunft auf der Fahne

Die Musik war allerdings der einzig positive Rückgriff ins Motoren-affine Zeitalter der 1980er-Jahre. Ansonsten dominierte am Freitag natürlich das Thema Zukunft – und die Sorge um sie angesichts fortschreitender Umweltzerstörung und Erderhitzung. Mit dabei waren – no na – Fridays for Future (FFF), die seit 2018 nach Vorbild von Greta Thunberg für die Organisation der Klimastreiks von Schülerinnen und Schülern hauptverantwortlich sind.

Foto: Corn

Doch mittlerweile marschieren Gruppen verschiedener Generationen mit allerlei Themenschwerpunkten mit, die sich den Kampf um eine klimatisch lebenswerte Zukunft auf die Fahnen schreiben. Die "Scientists for Future" zogen ebenso über die Wiener Ringstraße wie die "Grandparents for Future" und die "Seniors for Future". Dazu kamen die "Religions for Future" und die neue, einheitlich in weißen Kitteln gekleidete Gruppe "Health for Future": Die Mitarbeiter des Gesundheitswesens wollen auf die medizinischen Folgeschäden des Klimawandels aufmerksam machen und mehr Klimakompetenz in der Ausbildung zu Gesundheitsberufen forcieren.

Diskussion ums Kleben

Insgesamt gingen laut Zählung der Veranstalter – von der Polizei gab es bei Redaktionsschluss noch keine quantitative Angabe – rund 25.000 Menschen in der Bundeshauptstadt demonstrieren. Das wären doppelt so viele wie bei der letzten FFF-Demo in Wien im Herbst 2022, aber doch deutlich weniger als bei der bisher größten Klimademo im Jahr 2019, als in Wien rund 80.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den Straßen unterwegs waren.

Die Demos verliefen laut Polizei friedlich.
Foto: Corn

Seither haben sich aber auch die Aktionsformen der Klimabewegung ausdifferenziert. Die Vor- und Nachteile der jüngst aufsehenerregenden Blockaden des Autoverkehrs waren auch am Freitag Gesprächsthema unter den Demonstrierenden. Ein junges Paar sagte zum STANDARD: "Das Klimakleben ist nicht die richtige Art des Protests, da es vor allem negative Gefühle bei den Menschen auslöst." Prompt kam Widerspruch von einem älteren Herrn: Er sei schon bei der Rettung der Hainburger Au dabei gewesen und nun drauf und dran, die Letzte Generation zu unterstützen – wenn schon nicht mit eigenem Körpereinsatz, dann immerhin durch Spenden.

Unüberhörbar war während der Demo die vielfache Verknüpfung der Forderungen nach Klimaschutz mit antikapitalistischen Positionen. Die globalisierungskritische Organisation Attac versammelte sich etwa hinter einem Transparent mit dem Schriftzug "Freeze the Rich". Die 25-jährige Aktivistin und Studentin Hanna Braun erklärte die Botschaft hinter dem kalten Imperativ so: "Die Reichsten verbrauchen das meiste CO2 und heizen so das Klima an. Darum gehört ihr Lebensstil runtergekühlt."

Musikalische Einlagen in Innsbruck.
Foto: APA/Kreuzer

Musikalisch ging es auch in der Tiroler Landeshauptstadt zu: In Innsbruck gab das Streetnoise Orchestra ein kurzes Ständchen, bei dem selbst der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) schunkelnd in der Menge stand. "Auf Worte müssen Taten folgen", forderte eine Vertreterin von Fridays for Future bei der Abschlusskundgebung. Wie im Rest Österreichs auch verlief die Kundgebung in Innsbruck friedlich, rund 1100 Menschen waren dabei.

1000 in Salzburg

Abgerundet wurde der österreichweite Aktionstag am Nachmittag in Salzburg. Dort startete die Demo erst um 15 Uhr am, weil die Organisatoren auch Menschen mobilisieren wollten, die erst nach der Arbeit dabei sein konnten. Im Endeffekt kamen dann rund 1000 Menschen, die vom Bahnhofsvorplatz in die Innenstadt zogen.

Der Marsch wurde von einer Pinocchio-Figur angeführt, deren lange Nase für die "Klimalügen" der Regierenden stehen sollte. Dass in Salzburg am 23. April Landtagswahlen stattfinden, war am Freitag augenfällig. "Die Landtagswahl ist eine Klimawahl", wurde etwa häufig skandiert.

Präsident solidarisch, FPÖ nicht

Solidarisch mit den Anliegen der Klimademos zeigte sich am Freitag das Staatsoberhaupt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen ließ wissen: "Ich verstehe nur zu gut, dass ihr laut und deutlich die Einhaltung der Versprechen einfordert." Er verstehe die Wut: "Wir müssen mehr tun, wir müssen die Klimakatastrophe mit vereinten Kräften abwenden."

Eher nicht einreihen will sich dabei allerdings die derzeit in den Umfragen stärkste Partei, die FPÖ. Der blaue Wiener Landtagsabgeordnete und Verkehrssprecher Toni Mahdalik ortete bloß "ideologisch motivierten Stumpfsinn" sowie "hysterisches Gekreische". Er postierte sich nach eigenen Angaben selbst in der Umgebung der Demonstration, um sich als Gegenprogramm für Straßenbauprojekte wie den Lobautunnel einzusetzen. (Theo Anders, Sophie Mooseder, Thomas Neuhold, Maria Retter, 3.3.2023)