Bei all dem Getöse, welches das massive Minus der SPÖ in Kärnten auf bundespolitischer Ebene auslöst, geht ein weiterer empfindlicher Wahlverlust beinahe unter. Die Grünen haben in Kärnten schon wieder nicht den Einzug in den Landtag geschafft. Spitzenkandidatin Olga Voglauer hat einen sympathischen, zeitweise originellen Wahlkampf geführt – so ließ sie sich etwa verkehrtherum plakatieren –, doch gegen den Protesttrend an den Wahlurnen konnte sie nichts ausrichten.

Auf Bundesebene waren die Grünen um Beschwichtigung bemüht. Vizekanzler Werner Kogler beschwor seine eigene glorreiche Vergangenheit: Die Grünen hätten bereits bewiesen, dass sie sich zurückkämpfen könnten, sagte er am Sonntag: "Krone richten, weiterkämpfen", gab er den Kärntner Freundinnen und Freunden mit. Klubobfrau Sigrid Maurer übte sich in Selbstbeschwörung: Man habe, mit einem Miniplus von 0,7 Prozentpunkten, "dein Ziel erreicht", ließ sie ausrichten. So viel Bescheidenheit ist einigermaßen erstaunlich.

Vizekanzler Werner Kogler, die grüne Kärntner Spitzenkandidatin Olga Voglauer und Justizministerin Alma Zadić im Rahmen des Wahlkampfauftakts in Kärnten.
APA/GERD EGGENBERGER

Umstrittene Windräder

Denn dass man bei den Grünen enttäuscht ist, davon kann ausgegangen werden. Es will ihnen einfach nicht gelingen, in allen neun Bundesländern in den Landtag einzuziehen – obwohl man, als Teil vieler Landesregierungen, als Juniorpartner in der aktuellen Koalitionsregierung auf Bundesebene, längst zu den fix etablierten Parteien in Österreich gehört. Warum das so ist, darüber sollte man sich schleunigst klarwerden. Kärntner Spezifika sind das eine. Der Widerstand gegen die Errichtung von Windrädern ist hier besonders hoch, das hat am Sonntag an den Wahlurnen negativ zu Buche geschlagen.

Aber diese Erklärung reicht nicht aus: Die Grünen müssen sich intensiver um die Bundesländer kümmern. Die Parteispitze müsste permanent vom Neusiedler See bis zum Bodensee, vom Mühlviertel bis an den Wörthersee reisen, um ihr Kernthema, die ökologische Wende, ausreichend zu erklären. Eigentlich spielt ja der Ökopartei, ähnlich wie der SPÖ, die allgemeine Themenlage in die Hände. Nur muss man diesen Vorteil auch zu nutzen wissen.

Günstige Themenlage

Nach einem Jahr Ukrainekrieg ist es unbestritten, dass der Ausstieg aus russischen Gaslieferungen notwendig ist. Dies kann und muss vor allem mithilfe des Ausbaus alternativer Energieformen gelingen. Der Klimawandel zeigt zudem, dass wir nicht so weiterleben und -wirtschaften können wie bisher. Und die Energieministerin, die den Schlüssel für den notwendigen Wandel in Händen hält, heißt Leonore Gewessler und gehört zum Führungskreis der Grünen.

Woran liegt es also? Es scheint, als rieben sich die Grünen zunehmend beim Regieren mit der ÖVP auf. Man streitet, es hakt da und dort – etwa seit Ewigkeiten beim Klimaschutzgesetz, einem grünen Kernthema. Tempo 100 auf der Autobahn, von den jungen Klimaschützern der Letzten Generation vehement gefordert, wäre ein weiteres urgrünes Thema, für das Gewessler kämpfen müsste. Doch sie zögert, ob aus Rücksichtnahme auf die ÖVP oder auf die Autofahrerlobby, ist nicht ganz klar. Gleichzeitig gelingt es nicht, mit den tatsächlich sehr großzügig und breitflächig angelegten Antiteuerungshilfen ausreichend zu punkten. Das sollte im Übrigen beiden Regierungsparteien zu denken geben.

Mehr erklären, viel diskutieren, wieder eine engere Verbindung zwischen den Ländern und Gemeinden und der Bundesebene herstellen: Für die Grünen ist viel zu tun in nächster Zeit. Sonst könnten sie spätestens 2024 in schwere Erklärungsnot geraten. (Petra Stuiber, 6.3.2023)