Die Stylistin Mandana Tischeh stattet die oscarnominierte Cutterin Monica Willi für die Oscars aus. Zuletzt hat sie die Regisseurin Marie Kreutzer für internationale Auftritte eingekleidet.

Zendaya kam im vergangenen Jahr bauchfrei zu den Oscars.
Foto: APA/AFP/ANGELA WEISS

STANDARD: Was ist auf dem Red Carpet der Oscars zu beachten?

Tischeh: Es gibt kein explizites No-Go auf dem Red Carpet der Oscars, das sieht man leider teilweise auch. Mir ist es wichtig, egal ob ich für die Berlinale oder die Oscars ausstatte: Die Protagonistin soll sich wohl und nicht verkleidet fühlen. Ich verstehe den Auftrag als Zusammenarbeit, möchte niemandem etwas überstülpen. Monika Willi ist zudem für einen Oscar nominiert, es besteht also die Chance, dass sie die Bühne betritt und von allen Seiten wahrgenommen wird. Deshalb ist in ihrem Fall die Stoffqualität besonders wichtig. Ein verknittertes Kleidungsstück geht nicht.

STANDARD: Was wird Monika Willi tragen?

Tischeh: Eine Sonderanfertigung von Michel Mayer, sie ist eine erfahrene Designerin und weiß, worauf es bei solchen Events ankommt. So viel kann ich verraten: Sie wird statt einer klassischen Robe einen Overall tragen.

Das Outfit von Monika Willi für ihren Auftritt in L.A. wurde von Michel Mayer entworfen.
Foto: privat

STANDARD: Was geben Sie Ihren Klientinnen abgesehen von der Kleidung mit?

Tischeh: Das Kleidungsstück sollte Persönlichkeit und Stärke unterstreichen. Ich gebe meinen Protagonistinnen mit, ihr Licht auch bei ihrem Auftritt nicht unter den Scheffel zu stellen, dass Sexappeal nicht nur etwas mit Nacktheit zu tun hat. Ich bin kein großer Fan von Po-Bedeckern und Busenzeigern. Das Dekolleté kann gerne, Busen sollte eher nicht gezeigt werden. Rückenausschnitte mag ich, wenn sie nicht zu weit herunterreichen. Das alles aber hängt von der Trägerin ab, genauso Schlitze und ärmellose Kleider: Kann sie damit umgehen und sich darin sicher bewegen?

STANDARD: Wie lange dauern die Vorbereitungen?

Tischeh: Das Erstgespräch mit Monika hatte ich Mitte Jänner, danach habe ich die Recherche gestartet, ihr Vorschläge gemacht. Vor einem Monat haben wir begonnen, mit Michel Mayer zu arbeiten. Daneben habe ich Willi auch für die Partys, Panels, Pressetermine mit Outfits des österreichischen Labels Petar Petrov ausgestattet.

Das deutsche Weltkriegsdrama "Im Westen nichts Neues" und das Science-Fiction-Abenteuer "Everything Everywhere All at Once" sind die großen Sieger bei den diesjährigen Oscars. Ersterer schrieb mit vier Oscars deutsche Kinogeschichte und gewann unter anderem den Preis für den besten internationalen Film.
DER STANDARD

STANDARD: Wie sehr setzen große Stars Menschen unter Druck, die nicht ständig auf dem roten Teppich stehen?

Tischeh: Glücklicherweise befindet sich das Red-Carpet-Dressing im Wandel. Ein gutes Beispiel dafür ist Cate Blanchett, die von Elisabeth Stewart ausgestattet wird. Sie bringt ältere, bereits getragene Looks leicht verändert auf den roten Teppich. Das finde ich ein gutes Zeichen – in Zeiten des Klimawandels, aber auch Menschen gegenüber, die sich nicht für jeden Auftritt ein neues Kleid leisten können.

Marie Kreutzer in Prada bei den European Film Awards.
Foto: IMAGO/Future Image

STANDARD: Wessen Auftritte begeistern Sie auf dem Red Carpet?

Tischeh: Cate Blanchett natürlich, im letzten Jahr hat mir bei den Oscars Zendaya in ihrem Valentino-Outfit gut gefallen, sie war eine schöne, elegante Erscheinung. Kate Middleton finde ich auch passend gekleidet – und natürlich Marie Kreutzer.

STANDARD: Timothée Chalamet trug letztes Jahr nackte Haut unter einem Blazer. Wie finden Sie das?

Tischeh: Meiner Meinung nach sollte man der Veranstaltung gegenüber auch auf dem Red Carpet Respekt zollen. Einen nackten Oberkörper oder Hotpants finde ich unangebracht.

STANDARD: Was halten Sie von politischen Statements auf dem Red Carpet?

Ein Auftritt, der in Erinnerung bleibt: Billy Porter kam 2019 im Kleid.
Foto: imago images/Picturelux

Tischeh: Da kommt es immer auf das Wie an: Billy Porter hat 2019 bei den Oscars ein Kleid mit Smoking-Oberteil sehr stilvoll getragen, ein transparentes Minikleid hätte mir in dem Fall weniger gefallen. Auch die Schauspielerin Meret Becker kam zur heurigen Berlinale Eröffnung sehr passend im "Women Life Freedom"-Hoodie von Lala Berlin.

STANDARD: Welche Tipps haben Sie für Menschen, die auch in die Verlegenheit kommen, im Blitzlicht zu stehen?

Tischeh: Ich rate, sich treu und generell bei sich zu bleiben.

Mandana Tischeh hat die Cutterin Monika Willi für die Oscars ausgestattet.
Foto: privat

Stylist Simon Winkelmüller: "Die Dresscodes sind flexibler geworden"

Der Stylist Simon Winkelmüller stattet regelmäßig Schauspielerinnen wie die Österreicherin Verena Altenberger für Events aus.

Verena Altenberger besuchte den Opernball heuer in einem Kleid von Balenciaga.
Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Was ist in Sachen Styling auf dem Red Carpet zu beachten?

Winkelmüller: Grundsätzlich möchte ich Anlass und Größe einer Veranstaltung gerecht werden. Gleichzeitig sind die Dresscodes flexibler geworden. Wenn bodenlange Kleidung gewünscht wird, kann man sich trotzdem gewisse Freiheiten herausnehmen. Es ist beispielsweise möglich, zum Opernball im Frauenfrack aufzukreuzen. Oder den Frack wie Michael Ostrowski freier zu interpretieren.

STANDARD: Wie fanden Sie Ostrowskis Auftritt?

Winkelmüller: Mutig und super. Ich mag, dass er sich treu bleibt und den Opernball politisch genutzt hat.

Michael Ostrowski interpretierte den Dresscode des Opernballs heuer sehr frei.
Foto: APA/EVA MANHART

STANDARD: Sind politische Statements auf dem roten Teppich der Oscars auch begrüßenswert?

Winkelmüller: Ich finde das wichtig, eine gute Möglichkeit, die eigene Stimme zu nutzen und auf die Frage "Who are you wearing?" mehr erzählen zu können, als nur einen Markennamen zu nennen.

STANDARD: Was geben Sie Ihren Klientinnen mit auf den Weg?

Winkelmüller: In den USA bezeichnen sich Stylistinnen und Stylisten immer häufiger als "image architects". Als einen solchen verstehe ich mich auch. Wenn ich mit Menschen zusammenarbeite, ist es natürlich super, sich für eine Veranstaltung schön zu machen. Ich möchte aber vor allem langfristig ein Image und Verbindungen mit Marken aufbauen. Gleichzeitig ist wichtig, dass sich die Künstlerinnen und Künstler in der Kleidung wohlfühlen. Das größte Kompliment ist für mich, wenn eine Person in ein Kleidungsstück schlüpft und sich in ihm bestärkt fühlt. Das ist Verena Altenberger mit einem dunklen Anzug von Yves Saint Laurent so ergangen.

STANDARD: Viele internationalen Stars haben Verträge mit Marken. Macht es das schwierig?

Winkelmüller: Aus finanzieller Perspektive kann eine solche Zusammenarbeit eine Chance sein, sie kann aber auch einengen. Am spannendsten finde ich, wenn man in gesunder Distanz kooperiert.

Selbst ein Lunch-Event der Oscars besucht Cate Blanchett im passenden Outfit.
Foto: Jordan Strauss/Invision/AP

STANDARD: Was fanden Sie bei den Oscars spannend?

Winkelmüller: Cate Blanchett ist immer großartig angezogen! Ich schaue mir gern die Looks an, insbesondere auf Instagram-Accounts wie "Check the tag", wo die Designeroutfits aufgeschlüsselt werden.

STANDARD: Was raten Sie für Auftritte im Blitzlicht?

Winkelmüller: Nachdem das Kleid ausgesucht ist, kann es helfen, eine Digitalkamera mit Aufsteckblitz in die Hand zu nehmen, sich selbst zu knipsen und auszutesten, ob ein Kleidungsstück transparent ist, sich unter dem Kleid Shapewear oder Tapes abzeichnen. Oder man steht dazu, es kann ja auch Spaß machen, mit Nacktheit zu spielen. (feld, 12.3.2023)

Stylist Simon Winkelmüller.
Foto: Rafaela Proell