Keifen und warnen – in einer Eiche spielt es sich ab.

Foto: Filmladen Filmverleih

Es ist, als tauchte man in eine fremde Welt ein, wenn sich die Kamera den Baum hinaufschlängelt und durch das Dickicht der Blätter manövriert. Ganz als wollten die Regisseure Lauren Charbonnier und Michel Seydoux, dass man in Die Eiche – Mein Zuhause das Unbekannte im Bekannten entdeckt.

Das Bekannte ist eine über 200 Jahre alte Eiche und deren tierische Vielfalt. Ein Jahr lang dokumentierten die Filmemacher Waldmäuse, Eichelbohrer, Blaumeisen, Buntspechte, ein Eichhörnchen oder Eindringlinge wie eine Natter oder einen Habicht. Im Unbekannten entfaltet sich das Co-Habitat als Nachbarschaft. Man beobachtet sich, keift oder warnt vor dem Feind. Diese tierische Klangwolke, frei von Erzählerstimmen, trägt sich hinaus in einen Wald, der ohne Störgeräusche der Zivilisation in sich schlummert.

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Blockbuster

Ah Höhepunkt macht ein Habicht Jagd auf Blaumeisen. Diese Verfolgung, deren Zeitlupe die stromlinienartige Flugweise der Vögel akzentuiert, könnte Action-Blockbustern Konkurrenz machen. Während eines dramatischen Gewitters werden die Eichelbohrer weggeschwemmt, die Mäusehöhle geflutet.

Gleichzeitig verweigern die Macher in ihrer Inszenierung, den Kreislauf der Natur in aller Härte abzubilden. Neben der Blaumeise entkommen auch die Mäuse stets ihren Jägern. Allein die Eichelbohrer fallen tot vom Baum, ein frisch geschlüpfter wird von einem Frosch verspeist. Der minimalistische Soundtrack wird eingesetzt, um diese Szenen emotional aufzuladen. Ein anderer Höhepunkt ist das Paarungsritual der Eichelbohrer, die sich zu Dean Martins Sway durch das Geäst wälzen. Da erinnert der Film an den Paarungstanz in der Naturdoku Die Wüste lebt.

Seydoux und Charbonnier ist eine nicht streng dokumentarische, aber liebevolle Ode an die Natur gelungen. Dabei offenbart der Film die mannigfaltigen Aufgaben eines Baumes. Sei es als Lebensraum, Liebesdomizil, Kinderstube oder Sterbeort. (sgo, 7.3.2023)