Extreme Kälte ist keine einfache Angelegenheit. Erst bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt zeigen sich viele für die Forschung interessante Quanteneigenschaften, doch wir leben in einer sehr warmen Welt, die jedes kalte Objekt schnell erwärmt, wenn es nicht hermetisch abgeschirmt und ihm nicht mit verschiedenen Tricks Wärmeenergie entzogen wird. Dennoch gelang es in Labors bereits, winzige Glaskügelchen extrem abzukühlen und sie in einer Bewegungsrichtung ruhigzustellen. Doch bisher blieb in den beiden anderen Richtungen ein Rest an Bewegung bestehen. Nun schaffte ein Schweizer Team mit Innsbrucker Beteiligung erstmals ein "Einfrieren" in zwei Dimensionen und berichtete darüber im Fachblatt "Nature Physics".

Die Vakuumkammer, in der sich die Glaskugel befindet. Experimente mit ultrakalten Objekten sind nur im Hochvakuum möglich, da jede Kollision mit einem Teilchen Wärme überträgt.
Foto: Johannes Piotrowski

Im Rahmen eines mit 13 Millionen Euro dotierten "Synergy Grant" des Europäischen Forschungsrats ERC verfolgen Markus Aspelmeyer von der Universität Wien und Oriol Romero-Isart von der Universität Innsbruck – beide sind auch am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften tätig – das Ziel, die Grenzen der Quantenphysik auszuloten. Zusammen mit einem Team der ETH Zürich geht es ihnen darum, Bedingungen zu schaffen, in denen selbst bei größeren Objekten die eigentlich nur in allerkleinstem Maßstab prominent auftretenden Gesetze der Quantenphysik zum Tragen kommen.

Kühlung dank Laser

Um das bei einem schwebenden Nanoteilchen zu erreichen, muss es möglichst vollständig seiner Bewegungsenergie beraubt werden. Dafür wird es im Hochvakuum auf nahe dem absoluten Nullpunkt bei -273 Grad Celsius in den Quantengrundzustand heruntergekühlt. Möglich ist das mittels stark fokussierten Laserlichts. Bereits zuvor konnten die Forschenden Glaskügelchen, die etwa tausendmal kleiner als ein Sandkorn sind, ultragekühlt in Schwebe halten. Obwohl es sich um Nanoteilchen handelt, gelten die Kugeln im Vergleich zu den winzigen Maßstäben, in denen sich die Quantenwelt sonst entfaltet, immer noch als riesig.

Es braucht daher großen technischen Aufwand, um diese aus immerhin einigen hundert Millionen Atomen bestehenden Kügelchen zu Quantenverhalten zu animieren. Das gelang bereits zuvor in Experimenten in Zürich und Wien.

Ganz "fixieren" ließen sich die Teilchen trotzdem nicht. So wurde in all den Experimenten bisher der Grundzustand nur entlang einer der drei möglichen Bewegungsrichtungen erreicht. Die anderen beiden Richtungen blieben "heiß", wie es die Forschenden ausdrückten.

In Schwebe dank Spiegeln

In Zürich konnte man die Problematik nun teilweise umgehen, indem das Laserlicht, mit dem das Kügelchen in der Hochvakuum-Kammer zwischen speziellen Spiegeln in Schwebe gehalten wird, sehr exakt auf "die Frequenzen, mit denen das Teilchen in den beiden Richtungen schwingt", eingestellt wurde, wie Lukas Novotny von der ETH Zürich, einer der Hauptautoren der Arbeit, erklärt. So ließ sich sicherstellen, dass es nur noch in der Richtung, in der der Laser eingestrahlt wird, flexibel bleibt, sagt Gonzalez-Ballestero.

Wichtig sei, dass die Züricher Kollegen zuvor schon gezeigt hatten, dass sich solche Teilchen mit einer anderen Herangehensweise auch entlang der dritten Achse fixieren lassen. Damit zeige man, dass es mit der Kombination der Methoden möglich ist, solche Gebilde hinsichtlich aller drei Bewegungsrichtungen einzuschränken. "Wir zeigen, dass 3D-Kühlung möglich ist", betont Gonzalez-Ballestero.

Das ginge mit neuen Möglichkeiten einher, freut sich der Physiker: "Die Abkühlung in den Grundzustand in mehr als einer Richtung ist der Schlüssel zur Erforschung neuer Quantenphysik." Als Anwendung locken Messgeräte. Ein in drei Raumrichtungen stillstehendes Objekt wäre "extrem sensibel gegenüber kleinsten Lageänderungen", sagt Gonzalez-Ballestero. (red, APA, 6.3.2023)