Patrick Ortlieb mit Tochter Nina.

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Wenn man kein Glück hat, kommt oft noch Pech dazu. Sogar "Pech par excellence" hat Österreichs Skispringer laut Patrick Ortlieb bei der WM in Planica verfolgt. Doch der Abfahrts-Olympiasieger 1992 verweist auf Erfolge in anderen Sparten, allen voran im Snowboarden. DER STANDARD erwischte Ortlieb zwischen zwei Terminen für ein kurzes Gespräch.

STANDARD: Österreichs Skiverband ist bei jenen Weltmeisterschaften, die gemeinhin als die wichtigsten gelten, also bei der alpinen und bei der nordischen, zum ersten Mal seit 1987 ohne Goldmedaille geblieben. Eine Niederlage?

Ortlieb: Es ist alles eine Frage der Darstellung. Natürlich hätten wir gerne Gold gewonnen. Dafür haben wir bei der Snowboard- und Freestyle-WM in Georgien zugeschlagen. Ich habe immer gesagt: Eine Medaille von Anna Gasser ist genauso viel wert wie eine Medaille von Vincent Kriechmayr.

STANDARD: Wenn man die vier Weltmeisterschaften – alpin, nordisch, Biathlon sowie Snowboard und Freestyle-Skiing – in einem gemeinsamen Medaillenspiegel zusammenfasst, hat Österreich da 28 Medaillen geholt. Eine größere Ausbeute hatte einzig und allein Norwegen.

Ortlieb: Sage ich ja. Wir sind breit aufgestellt und insgesamt nicht so schlecht, wie viele tun. Wir betreiben halt wirklich all diese Sparten mit großem Aufwand. Da ist es dann automatisch so, dass nicht überall gleich große Erfolge herausschauen können.

STANDARD: Allerdings liegt Österreich auch in diesem alternativen Medaillenspiegel nur an neunter Stelle, weil von den 28 Medaillen eben nur drei in Gold gehalten sind – neben zwölf in Silber und 13 in Bronze. Wie begründen Sie dieses Verhältnis?

Ortlieb: Der Faktor Glück spielt schon eine große Rolle. Nicht alles ist immer beeinflussbar. Wenn wir unsere Skispringer bei der WM in Planica anschauen, dann war das, was sich da windmäßig abgespielt hat, doch wirklich Pech par excellence. Wenn es jetzt da und dort nicht mit Gold geklappt hat, muss ich nicht gleich infrage stellen, ob gut gearbeitet worden ist.

STANDARD: Und doch gibt es die geflügelten Worte, dass man das Glück zwingen kann und dass es der Tüchtige hat, das Glück. Ist der ÖSV zu wenig zwingend?

Ortlieb: Das glaube ich nicht. Im Skisport muss vieles zusammenpassen, damit ein Sieg herauskommt – Können, Taktik, das richtige Material und eben auch Glück. Auch der Superskifahrer Kilde hat vor kurzem nicht gejammert, als bei einem Rennen die Bedingungen unfair waren, sondern gesagt, das würde manchmal dazugehören, weil es ein Outdoorsport ist. Am Ende gleicht sich das meiste aus.

STANDARD: Das erinnert an den Fußball und an falsche Schiedsrichterentscheidungen, nach denen auch oft die Hoffnung geäußert wird, dass sich im Saisonverlauf alles ausgleicht.

Ortlieb: So ist es ja auch. Beim Super-G-Dreifachsieg in Kvitfjell haben die Frauen sicher von den Bedingungen profitiert, natürlich auch meine Tochter Nina, das hat sie ja nachher auch gesagt. Über dieses Glück reden dann alle. Nur dass die Nina im Rennen am Tag davor brutalen Gegenwind gehabt hat und richtiggehend verhungert ist, darüber redet dann niemand. (Fritz Neumann, 7.3.2023)