Zelda Weber stellt heute im Wiener Radiokulturhaus ihr Debütalbum "Crude" live vor. Darauf baut sie Soul-Pop schön nach, zur Originalität ist es noch ein Weg.

Foto: Markus Morianz

Mit so etwas könnte man glatt Weltkarriere machen. Eine Mischung aus Pop und Soul-Versatzstücken, zart angejazzt, und die Stimme, die klingt, als hätte sie etwas zu sagen. Und so kam es. Was Zelda Weber auf ihrem ambitionierten Debütalbum Crude präsentiert, ist gut. Blöd nur, dass das alles nur gut nachgestellt ist. Und zwar einer Musik, die das ihrerseits schon mit großen Vorbildern im Rückspiegel gemacht hat. Weil der Name früher oder später sowieso fallen muss, kann man ihn auch gleich hinschreiben: Amy Winehouse.

Die vor zwölf Jahren gestorbene Britin wurde mit einem frechen und selbstzerstörerisch gelebten Retro-Soul ein Superstar. In dieselbe Richtung zieht es die 20-jährige Weber, die ihr Album heute live im Radiokulturhaus präsentieren wird. Ihre Kunst ist also zugleich das Dilemma: Man hat das schon gehört. Nicht nur von Winehouse, auch von Alice Russell und anderen Retro-Soulern, die sich selbst mit höherer Eigenleistung nicht ganz des Geruchs des Kopistentums entziehen konnten.

Die in Köln geborene, in der Steiermark aufgewachsene und nun in Wien lebende Sängerin besitzt das Gefühl, hat die Stimme und stellenweise die Nonchalance für diese Musik, die in ihrem Ursprung welterfahren ist – und das bedeutet selten gute Dinge.

Zeitlose Musik

Soul ist Leidensmusik. Sie entspringt den Erfahrungen der Sklaverei, der Unterdrückung und dem Kampf dagegen. Sie besitzt eine universelle Kraft für alle, die an dieser Erfahrung teilhaben mussten, ebenso wie für die Zaungäste, die sich an dieser im Unrecht und Leid geborenen Musik laben.

Zelda Weber

Das beschert dem Genre seine Zeitlosigkeit, darum wird diese Musik seit Jahrzehnten gespielt. Sie wird mit neuem Input versehen, vom Hip-Hop gesamplet, von der Elektronik eingemeindet, im Deep House in Einzelteile zerlegt und neu montiert oder nahe an Originalen nachgebaut.

Was bei Weber zu kurz kommt, ist das emanzipatorische Moment. Alles wirkt wie aus einem Guss, es gibt keine Brüche, kaum Momente, die klingen, als wären sie in einem Moment der Spontanität entstanden. Selbst kleine Klaviersoli wie in Oblivious wirken wie einem norddeutschen Handbuch für Soulmusik entnommen. Da fehlt die Tollkühnheit, der Wahnsinn, vielleicht der Suff, irgendetwas, das eine um die Häuser schleichende Ballade mit so etwas wie Erfahrung oder Glaubwürdigkeit adeln würde – oder wenigstens gut antäuschen täte.

Für ein Debüt ist Crude dennoch beachtlich, vor allem, wenn man sich vor Augen hält, womit sonst so versucht wird zu reüssieren. (Karl Fluch, 6.3.2023)