Betrug, Erpressung, Cybercrime: der rasante Anstieg im Bereich der Internetkriminalität stellt Ermittler vor neue Herausforderungen.

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Gestern wurde die Kriminalstatistik 2022 für Österreich veröffentlicht. Auch für dieses Jahr war im Bereich der Internetkriminalität wieder ein starker Anstieg zu verzeichnen – von 17.068 angezeigten Straftaten im Jahr 2021 auf 22.320 im Jahr 2022. Wenig überrascht davon ist Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting der WK Wien: "Seit der Coronakrise wurde vieles ins Digitale verlagert. Und das hat sich seither auch nicht mehr verändert." Begünstigt wird die Verbreitung von Cybercrime durch die Möglichkeiten der Anonymisierung, der Verschlüsselung und die unbegrenzte Verfügbarkeit des Internets.

Kriminalität in Vorarlberg auf Vor-Pandemie-Niveau, "Bauchweh" wegen Cyberkriminalität

Wie im Bundesdurchschnitt hat die Kriminalität in Vorarlberg im vergangenen Jahr wieder das Vor-Pandemie-Niveau von 2019 erreicht. 21.103 angezeigte Straftaten (+14,5 Prozent gegenüber 2021, +0,5 Prozent gegenüber 2019) bedeuteten eine Rückkehr zur Normalität.

Landespolizeidirektor Hans-Peter Ludescher sprach von einem "unspektakulären" Ergebnis. Die Aufklärungsquote ging von 63,3 auf 61,4 Prozent (Österreich: 52,2) zurück, Bauchweh macht besonders die Cyberkriminalität.

Vorarlberg: Jedes zehnte Delikt im Internet

Besonders auffallend war 2022 der steigende Trend im Bereich der Internetkriminalität. Mit 2.178 Delikten (2021: 1.746) fällt bereits jedes zehnte Delikt in diesen Bereich. Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Anzahl der Anzeigen versechsfacht. 1.223 Delikte betrafen den Internetbetrug.

So wird mittlerweile beinahe an jedem zweiten Tag eine Erpressung über das Internet angezeigt. Betroffen sind hauptsächlich Männer, die den Betrügern kompromittierende Fotos zukommen lassen. Aktuell gibt es zahlreiche Fälle "falscher Polizisten" oder von "Tochter-Sohn-Betrug". "Wir gehen davon aus, dass es weiter steigen wird", sagte Ludescher, den insbesondere auch die hohen Summen an verlorenem Geld betroffen stimmten.

Mehr Internet-Betrug in Vorarlberg

So sei es umgekehrt nicht verwunderlich, dass die Zahl an Einbruchsdiebstählen zurückgehe. Internet-Betrüger könnten ohne unmittelbaren Kontakt lukrative Gewinne erzielen. Der Täter habhaft zu werden sei hingegen schwierig, räumte Philipp Stadler, Leiter des Landeskriminalamts ein. Die Hintermänner säßen oft in Callcentern im Ausland.

Das Thema stelle die Ermittler vor große Herausforderungen, sagte Stadler. Bei Einbruchsdiebstählen in Wohnungen und Wohnhäuser wurden zwar Anstiege im Vergleich mit 2021 registriert – plus 5,2 Prozent auf 122 Delikte – gegenüber 2019 lagen die Zahlen aber deutlich niedriger: 2019 wurden 178 Einbruchsdiebstähle angezeigt.

Mehr als doppelt so viele Anzeigen im Breich Cybercrime in Oberösterreich

Auch in Oberösterreich ist die Internetkriminalität im Jahr 2022 massiv gewachsen: Die Zahl der Anzeigen stieg gegenüber dem Jahr davor um 34 Prozent auf 8.512. Besonders eklatant schnellte Cybercrime im engeren Sinne – Delikte, bei denen Computersysteme direkt angegriffen werden wie etwa Hackerattacken, Datenbeschädigungen etc. – in die Höhe: Hier hat sich die Zahl der Anzeigen von 1.413 auf 2.859 mehr als verdoppelt.

Die Aufklärungsquote in diesem Bereich lag zuletzt bei 24,5 Prozent. Das entspricht zwar dem Schnitt der vergangenen zwei bis drei Jahre, ist aber deutlich geringer als noch 2018 (37 Prozent). Landespolizeidirektor Andreas Pilsl ist trotzdem zufrieden, wie er bei der Präsentation der Kriminalstatistik mit Landeskriminalamtsleiter Gottfried Mitterlehner am Montag sagte. Denn man müsse auch die Gesamtzahlen betrachten – und 2018 zählte man gerade einmal 368 Anzeigen bei der Cyberkriminalität im engeren Sinn.

Moderater Anstieg bei Internet-Betrug in Oberösterreich

Der Internetbetrug ist ebenfalls gestiegen, allerdings mit 16,5 Prozent (von 3.915 auf 4.063 Anzeigen) deutlich moderater. Dennoch: Die Kriminalität verlagere sich immer mehr ins Internet, "das wird die große Herausforderung für die Polizei in den kommenden Jahren sein", so Pilsl. Er setzt hohe Erwartungen in die Kriminaldienstreform, die eine bessere Schulungen für Beamte und mehr Experten in der Peripherie bringen soll. Denn die Beamten "müssen die richtigen Fragen stellen", um die Grundlagen für die dann beigezogenen Experten zu liefern.

Klein- und Mittelunternehmen in Wien besonders betroffen

Gerade Klein- und Mittelunternehmen, die den Großteil der Mitglieder der WK Wien ausmachen, sind in den letzten Jahren verstärkt von Cyberkriminellen ins Visier genommen worden. "Sie sind leichte Beute, da sie nur in den seltensten Fällen über einen IT-Spezialisten im Haus verfügen, der auch in puncto Cybercrime-Prävention eine Ahnung hat", weiß Heimhilcher. Darum ist Prävention das Gebot der Stunde.

Prävention von Cyberangriffen

Am besten ist es, den Cyberkriminellen gar nicht bis zur Tür des IT-Systems kommen zu lassen. "Die größte Schwachstelle ist der Mensch", betont Heimhilcher. Darum ist es wichtig, vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schulen. Das ist jedoch keine einmalige Tätigkeit, sondern sie muss immer wiederholt werden, zumal sich auch die Art der Angriffe aus dem Cyberraum laufend ändert.

Eine weitere wichtige Maßnahme ist das regelmäßige Backup. Dieses soll auch unbedingt an einem Ort außerhalb des Unternehmens aufbewahrt werden. "Das Backup kann ein Unternehmen vor dem Untergang retten", so der Spartenobmann.

Cybersecurity-Hotline der WK Wien bietet Hilfe rund um die Uhr

Manchmal schützt auch Prävention nicht vor einer Cyberattacke. Dann ist es gut, einen IT-Dienstleister des Vertrauens zu haben, der im Falle eines Cyberangriffs sofort zur Stelle ist. Da Angriffe auf die IT in den wenigsten Fällen zu den gängigen Büroöffnungszeiten stattfinden und der IT-Dienstleister vielleicht gerade nicht erreichbar ist, bietet die WK Wien mit der kostenlosen Cybersecurity-Hotline für Unternehmen eine einen Weg aus der Krise. Die Hotline ist unter 0800 888 133 österreichweit erreichbar – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Dort erhalten Unternehmer eine kostenlose und rasche telefonische Erstinformation und Notfallhilfe.

Im Jahr 2022 gab es rund 300 Anrufe. Die Cybersecurity-Hotline ist seit 1. Juli 2017 in Betrieb. Die IT Security-Experten sind nur von Montag bis Freitag von 8.00 bis 18.00 Uhr im Einsatz. Auf Wunsch wird gerne der Kontakt zu einem auf IT-Security und Cyberkriminalität spezialisierten Unternehmer der UBIT Experts Group IT-Security in unmittelbarer Nähe zum betroffenen Termin hergestellt. (APA, red.)