Aber bitte mit Sahne! Tortentiger Udo Jürgens– sein bekannter Schlager wurde vom ZDF seines eigentlichen Sinnes beraubt.

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Vorauseilender Gehorsam ist eine Zierde der Bücklinge. Schuldig geboren und sich dieses gottgegebenen Umstands in jeder Sekunde bewusst, gilt der Staub als ihr angestammtes Habitat. Dorthin werfen sie sich allzu gerne, egal ob ein Anlass gegeben ist. Sicher ist sicher. Wer die Schuld wie den Stolz trägt, braucht nicht viel denken.

Das ZDF erwies sich nun ebenfalls als eilfertiger Bückling. Für die "Giovanni Zarrella Show" hat der deutsche öffentlich-rechtliche Sender den Text von Udo Jürgens' Konditorei-Klassiker Aber bitte mit Sahne umschreiben lassen.

"Schokokuss"

Man ahnt an der Stelle bereits, ein böses Wort könnte sich in die Fett- (huch!) und Zuckerkreationen eingeschlichen haben. Und tatsächlich, der Detektor piepst, doch es ist nicht das N-Wort, gleich daneben schlägt er dieses Mal an, der "Mohrenkopf" drückt ihm auf die Batterie.

Den darf man nicht mehr in den Mund nehmen, aber nicht wegen seines Einflusses auf die Blutwerte, die er haben könnte, nein. Das ZDF hat das von ihm als rassistisch eingestufte Wort durch den weniger anstößigen "Schokokuss" ersetzen lassen, Jenny und Johnny Jürgens sollen die Entscheidung abgesegnet haben, auch die Erben des Liedtexters Eckart Hachfeld stimmten zu.

Kinder hören nicht auf ihre Eltern

Beides könnte man nun als Beispiele abtun, in denen Kinder nicht auf ihre Eltern hören, soll sein, das ist quasi ein Geburtsrecht. Doch wenigstens das ZDF und seine Verantwortlichen hätten ihre Denke, wie das dort heißt, in die Entscheidung einfließen lassen können. Dann wäre ihnen hoffentlich die satirische und rassismuskritische Botschaft des Liedes aufgefallen, die sie nun getilgt haben.

Denn die Beschreibung der Tortentiger-Damen, die sich in dem Lied jeden Nachmittag um dieselbe Zeit zusammenfinden, um sich Backwerk einzuverleiben, und sich dabei der "Ordnung" halber "nur einen Mohrenkopf" gönnen, karikiert den vollgefressenen Wohlstandsrassismus der spießigen Wirtschaftswunderjahre. Mit der Tilgung des ach so anstößigen "Mohrenkopfs" raubt man dem Lied ein wesentliches Motiv. Ein schauriges Beispiel dafür, wie wenig wach manch woke Entscheidung getroffen wird. (Karl Fluch, 7.3.2023)