Die Landwirtschaft steht vor gigantischen Herausforderungen: Wie kann eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion für eine schnell wachsende Weltbevölkerung in Zeiten des Klimawandels gelingen? Neue Werkzeuge aus der Molekularbiologie wie die Gen-Schere Crispr können ein Teil der Lösung sein. Sie haben ein enormes Anwendungspotenzial in der Pflanzenzucht, ertragreicherer Weizen oder dürreresistenter Mais sind damit schon machbar.

Grüne Gentechnik kann helfen, die schnell wachsende Weltbevölkerung mit nachhaltigen Lebensmitteln zu versorgen. Warum darauf verzichten?
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Auf die Chancen der neuen grünen Gentechnik zu verzichten wäre ein schwerer Fehler. In der EU unterliegen aber alle Pflanzen, die mithilfe der Gen-Schere erzeugt wurden, strengen Gentechnikregeln. Das entschied der Europäische Gerichtshof 2018. Die restriktive Regelung gilt auch, wenn keine artfremden Gene eingefügt wurden und die Veränderungen sich nicht von natürlichen Mutationen unterscheiden lassen.

"Viel zielführender wäre, das Endprodukt zu beurteilen."

Das hemmt die Forschung in Europa, auch in Österreich, während Crispr-Pflanzen in anderen Teilen der Welt längst liberaler bewertet werden. Aus wissenschaftlicher Sicht macht die strikt am Verfahren orientierte Bewertung von Pflanzen keinen Sinn. Viel zielführender wäre, das Endprodukt zu beurteilen, wie es auch bei Pflanzenzucht durch chemische Behandlung oder radioaktive Bestrahlung seit Jahrzehnten gemacht wird. Auch diese konventionellen Methoden, deren Ergebnisse in jedem (Bio-)Supermarkt zu finden sind, fallen unter Gentechnik. Sie sind aber von den strengen Regeln ausgenommen.

Nach breiter Kritik an der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus der Wissenschaft und von mehreren EU-Mitgliedsstaaten will die EU-Kommission bis Mitte des Jahres einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Gentechnik-Richtlinie vorlegen. Es bleibt zu hoffen, dass es darin zu einer Neubewertung der Gen-Schere kommt. Sonst droht Europa den technologischen Anschluss zu verlieren – wieder einmal. (David Rennert, 7.3.2023)