Wurde mit dem renommierten Pritzker-Preis ausgezeichnet: Architekt David Chipperfield.

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Jahrelang galt er als Favorit, jetzt war es so weit. Der mit 100.000 US-Dollar dotierte Pritzker-Preis geht, wie am Dienstag verlautete, 2023 an den Briten David Chipperfield. Nicht ganz überraschend, wird doch der Preis quasi im Wechsel für ein Lebenswerk und für eine Haltung verliehen. Nachdem 2022 die Auszeichnung von Diébédo Francis Kéré die späte Entdeckung Afrikas durch die globale Architekturwelt signalisierte, ist jetzt ein etablierter Großer an der Reihe. Zurückhaltung, Eleganz und Permanenz zeichne Chipperfields Werk aus, so die Jury, diese Haltung "resultiert aus seiner tiefen Kenntnis der Disziplin und sind nie Selbstzweck, sondern dienen einem höheren Zweck."

Das trifft zweifellos zu. Chipperfields selbstbewusste Zurückhaltung machte ihn zum idealen Architekten für die Restaurierung des Neuen Museums in Berlin (2009), bei der er Alt und Neu kongenial kombinierte, ohne die Wunden der Vergangenheit zu kaschieren. Auch seine über 20 realisierten Museumsbauten von Saint Louis bis Zürich zeigen sein Talent, einer Architektur zu schaffen, die sich zurücknimmt, ohne dabei belanglos zu werden.

Auf der Wiener Kärntnerstraße entwarf Chipperfield das Kaufhaus Peek & Cloppenburg.
Foto: APA / PEEK & CLOPPENBURG

Geboren 1953 in London, gründete Chipperfield 1985 sein eigenes Büro und machte sich zuerst mit Interieurs einen Namen. Im 21.Jahrhundert wurde er zu einem der meistgefragten Architekten der Welt, mit Sitz in London, Berlin, Mailand und Schanghai und über 100 realisierten Projekten. Nicht alle halten das Niveau seiner besten Bauten, dennoch ist Chipperfield ein Architekt, der seine gesellschaftliche Aufgabe ernst nimmt, wie die von ihm kuratierte Biennale in Venedig 2012 zeigte, die er unter das Motto Common Ground stellte, und seine selbstkritische Verantwortung für das richtige Bauen in der Klimakrise. "Die Bauindustrie ist für 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, und die soziale Ungleichheit wächst," sagte er kürzlich im STANDARD-Interview. "Beides wird sich zuspitzen. Was und wie wir bauen, übt einen enormen Einfluss auf diese Entwicklungen aus. Gerade wir etablierten Architekten sind hier in der Pflicht."

2009 restaurierte der Architekt das Neuen Museum in Berlin und kombinierte Alt und Neu, ohne die Wunden der Vergangenheit zu kaschieren.
Foto: Joerg von Bruchhausen

"Überwältigt"

"Ich bin überwältigt, diese außergewöhnliche Ehre zu erhalten und mit den früheren Preisträgern in Verbindung gebracht zu werden, die alle so viel Inspiration für den Berufsstand gegeben haben", wurde Chipperfield in einer Aussendung zitiert. "Ich nehme diese Auszeichnung als Ermutigung, meine Aufmerksamkeit weiterhin nicht nur auf die Substanz der Architektur und ihre Bedeutung zu richten, sondern auch auf den Beitrag, den wir als Architekten zur Bewältigung der existenziellen Herausforderungen des Klimawandels und der gesellschaftlichen Ungleichheit leisten können. Wir wissen, dass wir als Architekten eine wichtigere und engagiertere Rolle spielen können, um nicht nur eine schönere, sondern auch eine gerechtere und nachhaltigere Welt zu schaffen. Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen und dazu beitragen, die nächste Generation zu inspirieren, sich dieser Verantwortung mit Vision und Mut zu stellen."

Das Nationale Archäologiemuseum in Athen wird aktuell von David Chipperfield erweitert und begrünt.
Foto: Renderings: Filippo Bolognese Images

Frühere Preisträger waren unter anderem Zaha Hadid, Rem Koolhaas, Norman Foster und Peter Zumthor. Vergangenes Jahr gewann Francis Kéré aus Burkina Faso und war damit der erste Pritzker-Preisträger, der aus einem afrikanischen Land stammt. Österreichs einziger Pritzker-Preisträger ist bis dato Hans Hollein, der im Jahr 1985 die Auszeichnung erhielt. (Maik Novotny, 7.3.2023)