
Der Frauenanteil in Österreichs politischen Institutionen ist 2022 zurückgegangen.
Egal ob es um Unternehmen oder um politische Institutionen geht: Die Debatte um eine gesetzliche Frauenquote wird in Österreich hitzig geführt. Vereinzelt gibt es sie sogar schon, zum Teil etwa in den Aufsichtsräten staatsnaher Unternehmen. Für politische Positionen gibt es keine derartige Regelung. In der Spitzenpolitik ist der Frauenanteil 2022 sogar gesunken.
Das vergangene Jahr sei kein Jubeljahr für Frauen in der österreichischen Politik gewesen – resümiert das Institut für Parlamentarismus und Demokratiefragen über den Frauenanteil in den politischen Institutionen im Land. Das Institut veröffentlichte Anfang März eine Statistik über den Frauenanteil im Bund, in den Ländern und Gemeinden. Im Vergleich zum Vorjahr hat dieser auf allen Ebenen abgenommen: im Parlament, den Landes- und der Bundesregierung.
In der Bundespolitik herrscht noch vergleichsweise eine annähernde Gleichstellung von Mann und Frau. Die Frauenanteile im Nationalrat und im Bundesrat lagen per 1. März rund um die 40 Prozent und damit sogar über dem EU-Schnitt. Aber auch hier geht die Entwicklung in die andere Richtung.
Im Nationalrat hat der Anteil seit März 2022 zwar nur leicht abgenommen, der in der Bundesregierung hingegen um zehn Prozent. Schuld daran sind mehrere Umbildungen der Landtage nach Wahlen im vergangenen Jahr. Im Bundesrat ist der Anteil leicht gestiegen.
Es liegt an den Parteien
Ohne vorgeschriebene Quoten liegt es an den Parteien, für Gleichstellung zu sorgen. Und unter den Fraktionen herrschen große Unterschiede, was den Frauenanteil betrifft: Mehr als halbe-halbe machen die Grünen im Parlament – sie haben die höchste Quote (58 Prozent). Die Neos liegen knapp dahinter. Die SPÖ liegt mit 47 knapp unter der Hälfte, die ÖVP mit 37 Prozent Frauen im Nationalrat etwas weiter.
Am unteren Ende des Spektrums liegt hingegen die FPÖ. Die Blauen bilden das Schlusslicht, von ihren 30 Parlamentariern sind nur fünf Frauen. Abhängig ist der Frauenanteil zu großen Teilen von der Listenerstellung der Parteien. Vergibt eine Partei mehrheitlich den Männern aussichtsreiche Listenplätze, gibt es auch weniger Entscheidungsträgerinnen.
Ein Lösungsvorschlag, der auch immer wieder von Parteien ins Spiel gebracht wird: Wenn eine Partei mehr Mandate mit Frauen besetzt, soll für sie die Klubförderung erhöht werden. Diese Art des finanziellen Anreizes gibt es zwar bereits – bei mehr als 40 Prozent Frauen in der Fraktion wird eine zusätzliche Förderung von drei Prozent ausgezahlt. Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus sieht darin aber mehr einen symbolischen Charakter, wie er im STANDARD-Gespräch sagt: "Das sind marginale Beträge, die nicht zu einer Verbesserung der Situation führen."
Effektiver sei ein Reißverschlusssystem bei der Listenerstellung von Parteien. Sprich, abwechselnd stehen eine Frau und ein Mann auf der Wahlliste. Diese Methode sei aber auch nur dann wirkungsvoll, wenn in einem Wahlkreis mehr als ein Mandat vergeben wird. "Manchmal werden Frauen dort auf die Listenspitze gesetzt, wo sie keine reale Chance auf ein Mandat haben", sagt Zögernitz.
Anteil in den Gemeinden
Obwohl die Gleichstellung schon auf Bundesebene hinterherhinkt, gilt die Kommunalpolitik für Frauen als noch härteres Pflaster: Auf Gemeindeebene sind weibliche Spitzenpolitikerinnen noch immer überwiegend unterrepräsentiert. Nur jeder zehnte Bürgermeisterposten ist von einer Frau besetzt.
Ein kleiner Trostspender ist die jüngste Entwicklung: Erstmals stieg der Frauenanteil bei den Bürgermeistern im Vorjahr mit zehn Prozent auf eine zweistellige Prozentzahl. In den Gemeindeparlamenten liegt der Anteil bei nur 26 Prozent, Österreich liegt damit deutlich unter dem EU-Schnitt (34,5 Prozent).
Zögernitz erklärt sich den niedrigen Frauenanteil auf der Kommunalebene mit den verbreiteten Familienrollen auf dem Land: "Das Frauenbild ist in kleinen Gemeinden relativ traditionell. Da ist es unüblich, dass sich Frauen politisch engagieren." Aber je größer die Gemeinde sei, desto moderner sei dort das Frauenbild. Mit der Größe der Gemeinde nehme aber auch der Frauenanteil zu, sagt Zögernitz.
Fördernd für das politische Engagement von Frauen sei auch ein bereits existierender hoher Frauenanteil in der Gemeinde: Dann sinke auch die Hemmschwelle für Frauen, überhaupt in die Politik zu gehen.
Keine Änderung
Kaum verändert hat sich die Zahl der Frauen in den Landtagen mit 37 Prozent im Jahr 2022. Auch hier sieht es in den Bundesländern recht unterschiedlich aus: In Vorarlberg ist fast jede zweite Landtagsabgeordnete eine Frau, in Kärnten mit 22 Prozent nicht einmal jede vierte.
Bei den Mitgliedern der Landesregierungen ist die Zahl der Frauen leicht gesunken. Von den insgesamt 73 sind 28 weiblich, im Vorjahr war es um eine mehr. Am besten in den Landesregierungen vertreten sind Frauen in der Steiermark mit 50 Prozent.
Auch in den Ländern gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Landesparteien. SPÖ, Grüne und Neos kommen im Schnitt in den neun Landtagen annähernd auf ein gleiches Verhältnis – die FPÖ bildet wie im Bund das Schlusslicht, die ÖVP reiht sich dazwischen ein. (Max Stepan, 8.3.2023)