Die Polizei setzte Tränengas gegen die Protestierenden ein.

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Tiflis – Unter heftigem Protest aus der Bevölkerung ist in Georgien im Südkaukasus eine umstrittene Regelung über "ausländische Agenten" auf den Weg gebracht worden. Für den Gesetzesentwurf "Über die Transparenz ausländischen Einflusses", der offiziell auf die Offenlegung von Geldflüssen aus dem Ausland abzielt, stimmte am Dienstag im georgischen Parlament in erster Lesung die Mehrheit der Abgeordneten.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell sprach von einer "sehr schlechten Entwicklung". Die Entscheidung könnte die Beziehungen zur EU ernsthaft beeinträchtigen, so Borrell.

Kritiker befürchten, dass die georgische Bestimmung nach dem Vorbild eines ähnlich lautenden Gesetzes in Russland wirken könnte. Auf den Straßen in der Hauptstadt Tiflis protestierten bis in den Abend hinein Tausende Menschen gegen das Vorhaben, auf Grundlage dessen künftig etwa Medien als "ausländische Agenten" eingestuft werden sollen, wenn sie zu mehr als 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Protestkundgebung aufzulösen.

Laut Augenzeugen warfen einige Demonstranten Flaschen aus Kunststoff und Feuerwerkskörper auf die Polizisten. "Ich bin hierher gekommen, weil ich weiß, dass mein Land zu Europa gehört, aber meine Regierung versteht das nicht", sagte der 30-jährige Demonstrant Demetre Schanschiaschwili. "Wir sind hier, um unser Land zu schützen, weil wir nicht wieder Teil Russlands sein wollen."

Handgreiflichkeiten im Parlament

Bürgerrechtler haben zudem Angst, das neue Gesetz – wenn es denn in Kraft tritt – könnte Georgiens EU-Perspektive und eine allfällige NATO-Annäherung gefährden. Am Montag kam es im Parlament sogar zu Handgreiflichkeiten zwischen Abgeordneten der Regierungspartei Georgischer Traum und der Opposition.

In Russland sind zahlreiche unabhängige Medien – aber auch Nichtregierungsorganisationen – als "ausländische Agenten" gebrandmarkt. Die Regelung wird international als politisch motivierte Maßnahme kritisiert, die darauf abzielt, Kremlkritiker zu stigmatisieren und mundtot zu machen. Insbesondere seit Beginn des von Präsident Wladimir Putin vor mehr als einem Jahr angeordneten Angriffskriegs gegen die Ukraine geht Russland im eigenen Land massiv gegen Andersdenkende vor.

Kritiker sehen Parallelen zu einem 2012 in Russland eingeführten ähnlichem Gesetz. Für sie steht das Vorhaben für ein Abgleiten Georgiens in den Autoritarismus. Im Februar hatten mehr als 60 Medienhäuser und zivilgesellschaftliche Organisationen in Georgien erklärt, dass sie sich nicht an das Gesetz halten wollen, sollte es in Kraft treten. (APA, 7.3.2023)