Nach jahrzehntelangem Stillstand kommt immer mehr Schwung in die astronautische Raumfahrt. Seit dem Frühjahr 2020 betreibt das Raumfahrtunternehmen Space X von Tesla-Gründer Elon Musk mit dem Crew Dragon das erste privat entwickelte Raumschiff, das als Taxi von und zur Internationalen Raumstation im Einsatz ist. Im vergangenen November testete dann die US-Weltraumbehörde Nasa mit dem Space Launch System (SLS) ihre bislang stärkste Rakete, die im kommenden Jahr erstmals seit 1972 Menschen in eine Umlaufbahn des Mondes bringen soll. Nun steht eine weitere Premiere voller Rekorde bevor.

In den kommenden Wochen soll das neue Space-X-Raumschiff Starship zu seinem ersten Orbitalflug aufbrechen.

Mit dem Starship legt Space X das bisher größte und leistungsfähigste Weltraumtransportsystem vor.
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Das Starship stellt alle bisherigen Transportsysteme in den Schatten: Es ist nicht nur das bisher größte und leistungsstärkste Raumschiff der Menschheitsgeschichte und für Langzeitmissionen zum Mond und Mars ausgelegt. Das Starship soll auch vollständig wiederverwendbar sein und dadurch die Kosten für Raumflüge deutlich senken.

100 Tonnen Nutzlast

Das Starship besteht aus zwei Teilen: der unteren Raketenstufe namens Super Heavy, die von 33 Triebwerken angetrieben wird, und dem eigentlichen Raumschiff, das an der Spitze sitzt und Platz für bis zu 100 Personen bietet. Bei einer Testzündung in Texas im Februar funktionierten 31 der Triebwerke, zwei versagten. Für einen Flug in den Erdorbit hätte das gereicht; um ferne Ziele anzusteuern, muss noch nachgebessert werden. Aktuell werden weitere Tests durchgeführt, der erste Ausflug ins All – noch ohne Passagiere – könnte schon bald bevorstehen: Möglicherweise noch im März könnte der Testflug in den Erdorbit stattfinden.

SpaceX

Wenn alles klappt, bricht mit dem Starship-Flug eine neue Ära an: Mit dem doppelten Startschub der Nasa-SLS-Rakete soll das Starship mehr als 100 Tonnen Nutzlast ins All befördern können und interplanetare astronautische Flüge ermöglichen. Um Menschen guten Gewissens zum Mars zu schicken, gibt es aber noch viele Hürden – nicht zuletzt ungelöste medizinische Probleme. Wissenschafterinnen und Wissenschafter sehen in der Leistungsfähigkeit und der Wiederverwendbarkeit des Starships aber auch völlig neue Chancen für die Weltraumforschung.

Schwertransporter für die Weltraumforschung

Der Koloss könnte ganze Roverflotten zum Mars befördern, wissenschaftliche Instrumente im großen Stil zum Mond bringen oder riesige Weltraumteleskope im All aussetzen. Die Kosten, wenn man den kühnen Prognosen von Space X glaubt, könnten indes dramatisch sinken – auf rund zehn Euro pro Kilogramm Weltraumfracht. Die Nasa plant, das Starship auch als Mondlandefähre zu nutzen, bei einer entsprechenden Ausschreibung erhielt Space X im Jahr 2021 den Zuschlag.

Riesenrakete im Landeanflug: Der Starship-Booster ist wiederverwendbar.
Foto: Reuters/GENE BLEVINS

Das Recycling-Konzept von Space X ist revolutionär. Schon mit der Trägerrakete Falcon-9 legte das Unternehmen vor mehreren Jahren ein Raketensystem vor, dessen Boosterstufe nach dem Start auf einer speziellen Rampe landen und erneut verwendet werden kann. Auch der Starship-Booster soll nach getaner Arbeit wieder zum Startplatz zurückfliegen. Dort wird die Raketenstufe von Greifarmen am Turm der Startrampe aufgefangen und landet senkrecht am Boden. Wiederverwendbar ist auch das Starship-Raumschiff – es soll nicht nur auf anderen Himmelskörpern wie dem Mond oder dem Mars landen, sondern auch zur Erde zurückkehren und nach einer Überholung erneut starten können.

Wann mit dem Starship erstmals Menschen ins All starten werden, ist aber noch ungewiss. Ursprüngliche Pläne, schon Ende 2023 oder spätestens 2024 – unabhängig von der Nasa – Weltraumtouristen ins All zu schicken, relativierte das Unternehmen inzwischen: Das Starship müsse erst "hunderte Flüge absolvieren, bevor es Menschen transportiert", sagte die Space-X-Präsidentin Gwynne Shotwell kürzlich bei einer Raumfahrtkonferenz. (David Rennert, 9.3.2023)