Gewürze zählten zum Kostbarsten, was die mittelalterliche und frühneuzeitliche Welt den Reichen und Schönen zu bieten hatte. Aus Indien, wo buchstäblich "der Pfeffer wächst", brachten Karawanen und später Segelschiffe über unsichere Routen Zimt, Muskat, Nelken, Kardamom und eben auch Pfeffer (der tatsächlich in Gold aufgewogen wurde) nach Europa.

In der Hoffnung, im lukrativen Gewürzmarkt mitzumischen, schickte die spanische Krone schließlich auch Christoph Columbus auf seine vermeintliche Westexpedition nach Indien. Ein außergewöhnlicher Fund aus dieser Ära zeigt, dass Gewürze im ausgehenden Mittelalter selbst unter Königen ein teures Statussymbol darstellten: Ein Forschungsteam entdeckte in der Ladung eines vor 500 Jahren gesunkenen Schiffs Behälter mit überraschend gut erhaltenen Gewürzen und Nahrungsmitteln.

Ein König will mehr

Im Sommer 1495 ankerte Johann I., König von Dänemark und Norwegen, mit seinem Flaggschiff Gribshunden nahe Ronneby vor der südschwedischen Küste. Johann war auf dem Weg nach Kalmar, wo er hoffte, auch noch Schweden unter seine Kontrolle zu bringen. Um den schwedischen Hochadel günstig zu stimmen und ihn von seinen Führungsqualitäten zu überzeugen, brachte er eine ganze Ladung Reichtümer mit, darunter auch Luxuslebensmittel und teure Gewürze.

In einem Moment, als der König gerade nicht an Bord war, geriet die Gribshunden jedoch auf mysteriöse Weise in Brand und sank auf den Grund der Ostsee. Ob Johann seine Kostbarkeiten geholfen hätten, ist zweifelhaft. Der König reiste ohne Flaggschiff nach Kalmar weiter, wo er jedoch vom schwedischen Reichsverweser Sten Sture versetzt wurde.

Aus den würzigen Schätzen der Gribshunden: Safran (links) und Pfefferkörner (rechts).
Fotos: Larsson et al./Plos One

Wiederentdeckt und ausgegraben

Während Johann I. unverrichteter Dinge und um einige Schätze ärmer wieder heimkehrte, blieben die Überreste der Gribshunden und ihrer Ladung vor der Küste Schwedens zurück – bis sie in den 1970er-Jahren von Tauchern wiederentdeckt wurden. Es sollte fast 30 Jahre dauern, ehe man daranging, die Geheimnissen dieses Wracks zu lüften. Die Untersuchungen dauern bis heute an, die jüngsten Ergebnisse wurden nun im Fachjournal "Plos One" vorgestellt.

Besonders überrascht war das Team um Mikael Larsson und Brendan Foley von der Universität Lund, wie viele der ursprünglichen Lebensmittel und Gewürze die vergangenen Jahrhunderte überdauert haben: Bei den archäologischen Untersuchungen fanden sich Reste von 40 verschiedenen Sorten von Gemüse, Obst, Gewürzen und anderen Pflanzen.

Königliche Speisekammer

Im Grunde habe man eine "im Wesentlichen vollständige königliche Speisekammer" vor sich, die neue Einblicke in den Lebenswandel des Hochadels im Ostseeraum gewähre, schreiben die Forscher. "Der Norden war kein isoliertes Hinterland für Kontinentaleuropa", sagt Foley, "sondern eine dynamische und gut vernetzte Gruppe aufstrebender Nationalstaaten mit regionalen Konsumgelüsten, die ebenso anspruchsvoll und vielfältig waren wie die des Kontinents."

So ergaben die an Bord der Gribshunden identifizierten Güter auch eine ansehnliche Liste: Das Team fand unter anderem Ingwer, Nelken, Pfefferkörner, Dill, Senf und Kümmel. Auch Gurken, Trauben, Himbeeren, Brombeeren, Getreide sowie Mandeln und Haselnüsse hatte das Kriegsschiff geladen. Als besonders wertvoll entpuppte sich eine rötliche Masse: Insgesamt fast 400 Milliliter Safran, eine gewaltige Menge des seltenen und bis heute außerordentlich teuren Gewürzes.

Links im Bild Mandeln, rechts die Überreste von Gewürznelken.
Fotos: Larsson et al./Plos One

Ein stolzes Kriegsschiff ...

Dass sich die "Speisekammer" des Königs überhaupt so lange und in so gutem Zustand hat erhalten können, ist ein Glücksfall und zum Teil dem kalten Osteseewasser mit seinem geringen Salzgehalt zu verdanken. "Viele Reste weisen noch die ursprüngliche Farbe des Fruchtfleischs und der Schalen auf. Und der Safran verströmt selbst nach 527 Jahren unter Wasser noch immer sein unverwechselbares Aroma", berichten Larsson und Foley.

Aber auch das Wrack der Gribshunden selbst befindet sich in einem bemerkenswert guten Zustand. Unter Fachleuten gilt es als eines der am besten erhaltenen Schiffe des ausgehenden Mittelalters. Das 1485 gebaute Schiff, eine hochmoderne Karacke, kombinierte nordeuropäische und mediterrane Schiffsbaustile und diente Johann I. auf seinen Reisen gleichsam als mobiles Büro. Mit 35 Metern Länge und einer Besatzung von bis zu 150 Personen zählte die Gribshunden zu den größeren Schiffen ihrer Zeit.

Der Ausschnitt aus dem Gemälde "Ciclo di Santa Ursula. Scena: Incontro e partenza dei fidanzati" von Vittore Carpaccio zeigt mehrere Karacken aus dem Mittelmeerraum um 1495.
Foto: Gallerie dell'Accademia

... und schwimmendes Schloss

"Johann I. benutzte dieses mit Artillerie bestückte Kriegsschiff, um sein weitverzweigtes Reich zusammenzuhalten", sagt Foley. "Es war im wahrsten Sinne des Wortes sein schwimmendes Schloss und ein Instrument wirtschaftlicher Macht." Obwohl der Untergang der Gribshunden selbst für einen König mehrerer Länder sicherlich schmerzhaft war, erreichte Johann I. schließlich, worauf er in Südschweden aus war: Er ließ sich 1497 dank der Unterstützung durch den schwedischen Adel zumindest vorübergehend auf dem schwedischen Thron nieder. Vier Jahre später hatte der Adel wieder genug von ihm und setzte stattdessen erneut Sten Sture als Reichsverweser ein. (Thomas Bergmayr, 11.3.2023)