Auf den beiden Esstischen herrscht reges Schaffen: Wo normalerweise Speisen und Getränke konsumiert werden, warten Kaffeemaschine, Rasierer und Mixer darauf, repariert zu werden. Dafür liegen schon Schraubenzieher, Lötkolben und sonstige Hilfsmittel bereit. Inmitten des Werkzeugchaos stehen auch ein paar nicht mehr ganz volle Bier- und Saftgläser. Immerhin befindet sich die improvisierte Werkstatt im hinteren Teil des Café Trabant im 18. Bezirk, das jeden ersten Montag im Monat im hinteren Teil des Lokals zum Repaircafé wird.

Das nächste Reparaturcafé findet am 3. April um 18 Uhr im Café Trabant statt.
Foto: Robert Newald

Umgeben vom Duft frischer Flammkuchen tüfteln mehrere Elektrotechnikstudenten und Pensionisten ehrenamtlich an Lösungen, um kaputte Gegenstände vor dem Mistkübel zu bewahren. "Sinn dieser Veranstaltung ist es, der Wegwerfgesellschaft ein bisschen auf die Füße zu treten", sagt Elektrotechniker Johannes Helm, der das Reparaturcafé gemeinsam mit dem Team des Café Trabant seit rund drei Jahren betreibt. Ob Bohrmaschine, Plattenspieler, Verstärker, Kettensäge oder Staubsauger, die Hobbyhandwerker probieren sich an den verschiedensten Gegenständen. Wegwerfen könne man die Geräte immer noch, wenn eine Reparatur nicht möglich ist.

Reparieren statt entsorgen

Um eben das zu verhindern, tüftelt der pensionierte Physiker Wolfgang gemeinsam mit einem Kollegen an der Lösung für einen fast unbenutzten Standmixer. Beim Gebrauch sei er auf einmal heiß geworden, erzählt Ferdinand, der zum ersten Mal in einem Repaircafé ist. Es ärgere ihn, dass er den Mixer nicht selbst herrichten kann, er sei aber froh, dass andere da mehr Geschick haben.

Zur Stärkung haben die beiden Pensionisten eine Dose Erdnüsse mit.
Foto: Robert Newald

Mit Lupenbrille und Bier ausgerüstet entfernt der Pensionist das geschmolzene Plastik. Als er den Mixer nach der Reinigung an den Strom anschließt, heißt es: "Wasser marsch." Gespannt warten alle am Tisch darauf, ob das Gerät wieder funktioniert: Applaus und Jubel ertönen, als sich die Klingen drehen. Wie lange der Mixer in diesem Zustand funktionieren wird, kann Wolfgang aber nicht sagen, denn eine der Komponenten sei durch die Überhitzung sehr schwach. "Versuch, ein neues Zahnrad zu bekommen, und dann machen wir das beim nächsten Termin des Reparaturcafés rein", erklärt er Ferdinand.

Geborener Hobbyreparateur

Der pensionierte Physiker, der erst vor wenigen Jahren von Genf nach Wien gezogen ist, repariert schon sein ganzes Leben lang gerne Dinge. Als Kind habe er bereits aus Spaß seine Spielsachen auseinander- und wieder zusammengebaut – ganz zum Leidwesen seiner Eltern. Mittlerweile sei er schon ein paar Jahre bei den verschiedensten Reparaturcafés dabei, erzählt er. "In der Pension habe ich ja die Zeit dazu."

Mit Lupenbrille und Bier ausgerüstet entfernt Pensionist Wolfgang das geschmolzene Plastik.
Foto: Robert Newald

In dieser Arbeit sieht der Pensionist nur Vorteile. "Man lernt nie aus, denn die Arbeit hier stellt mich immer wieder vor neue Herausforderungen." Außerdem verbringe er Abende in netter Gesellschaft. Doch seine größte Motivation liegt woanders: "Es ist sehr schön zu sehen, wie sich die Leute freuen, wenn wir ihnen helfen können." Pausen gibt es für Wolfgang an diesem Abend kaum, denn der nächste Gast samt kaputtem Gerät wartet schon: ein Rasierer, der sich einfach nicht mehr einschalten lassen will.

Um die Menschen bei der Reparatur unterstützen zu können, bringen alle ehrenamtlichen Helfer ihr eigenes Werkzeug mit. "Im Endeffekt haben wir so fast alles hier", sagt Elektrotechnikstudent Quang. Auf den Sitzbänken sowie auf und neben den Tischen türmen sich Boxen voller Equipment.

Als Gegenleistung für ihre Arbeit verlangen die Hobbyhandwerker nichts, zur Einladung auf ein Getränk sagen sie aber auch nicht Nein. "Um bei uns vorbeikommen zu können, braucht niemand Vorkenntnisse oder eigenes Werkzeug. Wir stehen den Leuten zur Seite und reparieren die Geräte mit ihnen gemeinsam", erklärt Quang. Einzig eine Voranmeldung per E-Mail sei hilfreich, sodass das Team Zeitslots vergeben kann, um Wartezeiten zu verkürzen beziehungsweise zu vermeiden.

Endgegner Kaffeemaschine

Am anderen Tischende tüftelt Elektrotechnikstudent Christian an einer Kaffeemaschine, bei der er bereits das Mahlwerk ausgebaut hat. "Die Schwierigkeit bei Vollautomaten ist, dass wir nicht wissen, ob das Problem technischer oder mechanischer Natur ist", sagt Christian. Deshalb sei ihre Erfolgsquote bei Kaffeemaschinen im Vergleich zu anderen Elektrogeräten eher niedrig.

Elektrotechnik-Student Christian tüftelt an einer Lösung: Das Mahlwerk der Kaffeemaschine ist bereits ausgebaut.
Foto: Robert Newald

Über eine Stunde wird nach einer Lösung gesucht, bis der Fehler gefunden ist: Eine Schraube war nicht fest genug angezogen. Darauf müsse man erst einmal kommen, freut sich der Student. Kaum ist die Kaffeemaschine wieder zusammengebaut, steht Christian vor der nächsten Herausforderung. "Wir haben zu viele Schrauben übrig. Deshalb geht die Suche wieder von vorne los." Systematisch wird der Vollautomat erneut auseinander- und wieder zusammengebaut, bis alle Schrauben ihren Platz gefunden haben. "Du verbesserst unsere Statistik bei Kaffeemaschinen ungemein", loben ihn die anderen Studenten.

Währenddessen hat der Pensionist Wolfgang den Rasierer auseinandergebaut, die verschiedenen Teile liegen verstreut auf dem Tisch. "Auch wenn er nicht teuer war, ärgert es mich, dass er nicht mehr geht", sagt dessen Eigentümer Thomas, der das Werken beobachtet. Man kaufe Dinge schließlich nicht, um sie kurze Zeit später wieder wegzuschmeißen. Wolfgang und sein Kollege löten den Akku heraus, messen die Spannung und versuchen herauszufinden, warum das Gerät nicht mehr funktioniert. "Wir sind uns noch nicht ganz sicher, woran es liegt", erklären sie Thomas, nachdem sie den Rasierer genau inspiziert haben. Eine Vermutung hätten sie aber, der sie nun nachgehen wollen.

Wo normalerweise Speisen und Getränke konsumiert werden, werden Kaffeemaschine, Rasierer und Mixer repariert.
Foto: Robert Newald

Um bei voller Konzentration zu bleiben, holen die beiden Pensionisten eine Dose Erdnüsse aus ihrer Tasche. In diese wird zwischen den Arbeitsschritten immer wieder gegriffen. Nach einer knappen Dreiviertelstunde gibt es den ersten Lichtblick. "Der Rasierer gibt ein Lebenszeichen." Kurze Zeit später steht dann das Problem auch schon fest: Der Akku ist kaputt. Das ist Eigentümer Thomas sehr recht, denn den könne man problemlos nachkaufen und gemeinsam beim nächsten Repaircafé Anfang April einbauen. (Sophie Mooseder, 29.3.2023)