Männer in fleckigen Hosen, mit Slippern an den Füßen und Mützen auf dem Kopf eilen auf den Grenzposten zu. Es ist ein Nachmittag Anfang März, der Klee blüht gelb an den Ackerrändern. Mitten im ländlichen Idyll im Süden Israels erhebt sich der Grenzposten Erez wie ein Monster: ein rundum kameraüberwachter Stahlbetonbau, der Israel vom Gazastreifen trennt.

Die Männer aus Gaza kehren von der Arbeit in Israel zurück. Sie tragen Plastiksäcke mit Kaffeepackungen und Töpfen, Mitbringsel für die Familien in Gaza. Dort gibt es das alles zwar auch zu kaufen, aber aus Israel importiert, und die Hamas schlägt noch einmal Steuern drauf.

In der Theorie könnte Gaza auch vieles selbst produzieren, es gibt Land und viele junge Arbeitskräfte. In den wiederholten militärischen Eskalationen wurde aber viel Infrastruktur zerstört, und die Blockade durch Israel und Ägypten erschwert den Wiederaufbau. Zwar hat Israel die Grenze inzwischen für knapp 19.000 Arbeiter aus Gaza geöffnet – so viele wie seit 20 Jahren nicht. Das bringt zwar wichtige Einkünfte, reicht aber bei weitem nicht aus, um der Wirtschaft im Gazastreifen auf die Beine zu helfen. Dazu kommt die Angst, dass die Lage erneut eskaliert. "Gaza leidet unter chronischem Stress", so drückt es ein Palästinenser aus, der in Gaza Hilfsprojekte koordiniert.

Humanitäre Hilfe

In einem Flüchtlingslager in Strandnähe schleppt ein alter Mann einen schweren Sack Weizenmehl auf seinen Schultern nach Hause. Auf dem Sack ist ein UN-Logo, der Mann hat sich den Familienanteil an den Hilfslieferungen gesichert. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung in Gaza sind von humanitären Leistungen abhängig.

Dabei gäbe es gerade unter den jungen Menschen in Gaza viele, die etwas aufbauen wollen, um der Abhängigkeit zu entkommen. In einem Gewächshaus im Norden des Gazastreifens sitzen rund dreißig junge Bauern an einem Tisch, über Setzlinge gebückt. Unter Anleitung von Agrarwissenschaftern lernen sie hier, Pflanzen resistenter zu machen. "Wir haben herausgefunden, dass Wassermelonen viel widerstandsfähiger sind, wenn man sie mit Kürbissen kreuzt", erzählt Walid Sultan, ein Agrarwissenschafter aus Gaza.

In einem Gewächshaus lernen junge Bauern, Pflanzensetzlinge durch Kreuzung resistenter zu machen.
Foto: Maria Sterkl

Die Techniken, die er den Kleinbauern beibringt, könnten einigen von ihnen das ökonomische Überleben sichern: "Bei der veredelten Sorte sind die Ernteausfälle geringer, sie braucht auch keine Pestizide und weniger Dünger", sagt Sultan. In Gaza, wo Einfuhren von Düngemitteln und Pestiziden aus Israel streng reglementiert und kontingentiert sind, ist das entscheidend.

Nach dem letzten großen Sturm im Jahr 2018, der viele Pflanzen entwurzelt hat, erwies sich die Melonen-Kürbis-Variante auch als windresistenter. Es sind simple Projekte, die vor allem auf Kleinunternehmer abzielen, die im Rahmen der Tarabot-Schiene des UN-Entwicklungsprogramms UNDP gefördert werden. Das "Gaza-Kultur- und -Entwicklungszentrum" in Beit Lahia nahe der israelischen Grenze hat in einem Neubau eine Ausbildungsstätte gegründet, in der junge Menschen zu Experten für die Reparatur von Elektrogeräten werden sollen.

Frauen ausbilden

Ein Schwerpunkt des Projekts ist es, gezielt Frauen zu Reparateurinnen von Handys, Tablets, Druckern und Solaranlagen zu trainieren. Das sichert nicht nur den Betroffenen ein eigenes Einkommen, sondern den Handynutzern auch eine Alternative zum Neukauf, wenn ein altes Gerät defekt wird. Für die Frauen, die ihre Handys zur Reparatur bringen wollen, ist das auch ein entscheidender Zugewinn an Freiheit: "Wenn mein Handy kaputt ist, bringt mein Mann es zum Mechaniker und schaut ihm stundenlang auf die Finger, bis er fertig ist", sagt eine der Ehrenamtlichen, die im Zentrum mitarbeiten. Das Misstrauen, dass private Fotos in falsche Hände gelangen könnten, ist bei weiblichen Reparateurinnen geringer.

Frauen erhalten Schulungen für die Reparatur technischer Geräte.
Foto: Maria Sterkl

Die Tarabot-Schiene der UNDP wird auch von Österreich finanziell gefördert. Alle Initiativen haben gemeinsam, dass sie nicht nur kurzfristig Leid mindern, sondern längerfristig beim Aufbau von Strukturen helfen sollen. "Wenn mehr als 80 Prozent der Menschen in Gaza von internationaler Hilfe abhängig sind, reicht es nicht, sie gegen zukünftige Schocks resilienter zu machen", sagt Astrid Wein, Leiterin des Österreichischen Vertretungsbüros in Ramallah. Man müsse den Menschen auch die Ressourcen geben, um wirtschaftlich wachsen zu können, glaubt Wein. "Nur so können sie langfristig weniger abhängig von Unterstützung werden." (Maria Sterkl aus Gaza-Stadt, 9.3.2023)