Kupferflachdrähte aus Oberösterreich kommen für E-Motoren und alternative Energie zum Einsatz. Die Auftragslage ermöglicht nun die Eröffnung eines dritten Produktionswerks.

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Wien – Es sind Metalldrähte, mit denen das Linzer Unternehmen HPW Metallwerk GmbH in den vergangenen Jahren viele Erfolge gefeiert hat. Genauer gesagt isolierte Kupfer-Flachdrähte, wie sie für die E-Mobilität und alternative Energie derzeit stark nachgefragt sind. Von Photovoltaik-Paneelen bis zu Generatoren von Offshore-Windturbinen sind die Drähte aus Linz mittlerweile fixer Bestandteil. "Rund acht Tonnen Kupfer stecken in einem großen Windgenerator", erklärt Ewald Koppensteiner, CEO von HPW. Auch in Straßen- und U-Bahnen finden sich die Drähte wieder.

Die Flachdrähte haben vor allem den Vorteil, "dass sie den Raum besser nutzen", sagt Koppensteiner, Doktor der technischen Physik und Spezialist für Metallurgie. Für Laien ausgedrückt: Die Ladung, etwa bei E-Autos, funktioniert mit diesen Kabeln schneller. Bisher seien die Drähte in den E-Autos lackiert gewesen, daher sei auch die Ladezeit länger gewesen. 450 Volt fließen derzeit durch die Drähte, die nächste Generation wird bereits 800 Volt erlauben. Dann spricht man von Hochspannungsdrähten. Dafür braucht es aber auch eine gute Isolierung, die HPW entwickelt hat. Aufgrund der Isolierung der Flachdrähte können diese im unbeweglichen Teil des Elektromotors enger verbaut werden als herkömmlicher Runddraht – das wiederum erhöht die Leistungsfähigkeit.

Neues Werk eröffnet nahe Steyr

Der Erfolg mit den heutigen Kupferflachdrähten geht zurück auf das Jahr 1946 und die Kabelentwicklung, mit der das Unternehmen einst angefangen hat. Der Boom bei der E-Mobilität hat die Nachfrage nach den Hochleistungskupferdrähten massiv erhöht. "Aus ganz Europa beziehen renommierte Hersteller unsere Drähte", sagt Harald Lackner, der den Vertrieb seit 2019 leitet. Das Wachstum zu managen sei mittlerweile eine große Herausforderung.

Weil die Auftragsbücher übervoll sind, eröffnet HPW nun ein neues Werk in Garsten, in der Nähe des Automobilzentrums Steyr, um die anhaltend hohe Nachfrage aus dem Bereich der E-Mobilität zu bedienen. Damit werden die beiden bestehenden Produktionswerke in Linz und Leonding erweitert.

Für das neue Werk wurde ein 11.000 Quadratmeter großes Gelände mit bereits vorhandener Bebauung für ein Werk zur Produktion von Hochleistungsdrähten erworben. HPW wird in den kommenden Monaten die Gebäude umbauen und Produktionsanlagen installieren, mit denen lackisolierte Kupferflachdrähte hergestellt werden können. Dies ermöglicht eine Verdoppelung der aktuellen Kapazitäten.

Produktionsstart ist für Mitte 2024 geplant. An dem neuen Standort in Oberösterreich entstehen mit dem neuen Werk rund 60 zusätzliche Arbeitsplätze. Das Investitionsvolumen beläuft sich insgesamt auf rund 45 Millionen Euro. Die Finanzierung sei bereits gesichert, betont Koppensteiner. Aktuell beschäftigt HPW rund 200 Mitarbeiter.

Transformation für Lkws

"Das zusätzliche Werk Garsten bedeutet einen weiteren Meilenstein in der Wachstumsgeschichte von HPW", betont Koppensteiner, der auch sagt, dass er sich nicht hat vorstellen können, so lange bei einer Firma zu bleiben, die Drähte herstellt. Nun leitet er die Geschicke des Unternehmens bereits seit 1994. HPW liefert seine Drähte und Komponenten in mittlerweile 50 Länder.

Vor allem im Bereich der Nutzfahrzeuge sieht man bei HPW noch großes Potenzial. Durch die gesteigerte Energiedichte würden Motoren spürbar leistungsstärker, die Schnellladekapazitäten erheblich verbessert. Damit werde die E-Mobilität bei Nutzfahrzeugen deutlich wirtschaftlicher und leistungsfähiger. Werden Lkws leiser und umweltfreundlicher, könnte das an den Wochenenden bestehende Fahrverbot auch überdacht werden. Das würde Lieferketten beschleunigen. Anbieter wie MAN, Scania oder Volvo sind bei der E-Mobilität von Groß-Lkws bereits weit fortgeschritten. Das Potenzial sei bei den Lkws enorm. Vier Prozent der Lkws machten rund 40 Prozent der Emissionen allein in Deutschland aus, rechnet Koppensteiner vor.

Auch E-Busse im öffentlichen Verkehr seien mit der neuen Generation von E-Komponenten rasch umrüstbar. Bei den Wiener Linien etwa werden auch Gelenkbusse schon umgestellt.

Leiter für Wasserstoff

Auch bei Fahrzeugen, die durch Wasserstoff angetrieben werden, spielt HPW mit. Dort braucht es Drähte und Stromschienen, die als Leiter zwischen der Batterie und dem Motor fungieren. Zur Vorstellung: In einem E-Motor befinden sich rund sieben Kilo Drähte, im E-Auto rund zehn Kilo Leitungen. "Wir waren die ersten, die in Europa die Flachdrähte so herstellen konnten", sagt Koppensteiner.

HPW produziert aktuell 10.000 Tonnen Kupferdrähte pro Jahr. Die Wettbewerbsfähigkeit habe man auch damit erlangt, "dass wir Prozesse, die vorher drei bis vier Schritte erfordert haben, zu einem Schritt zusammengeführt haben", sagt Koppensteiner. 1,3 Kilometer Draht werden pro Schritt verarbeitet. Um das zu erreichen, setzt man bei HPW auf Automatisierung. "Abwandern wollen wir aber nicht", sagt Lackner. Daher auch der neue Standort in Oberösterreich.

Energiekosten belasten

Der Energieaufwand bei HPW selbst ist freilich groß. Man setzt auch bei den eigenen Werken auf Nachhaltigkeit. Gekauft würde nur nachhaltige Energie, am Stammsitz gibt es bereits eine eigene Photovoltaikanlage. Das sei auch für die anderen Werke angedacht. Zudem investiere man in Innovation. "Die Anlagen der nächsten Generation werden schon um 15 Prozent weniger Energie brauchen", sagt Koppensteiner. Die Vervielfachung des Energiepreises "belastet uns freilich auch", sagt der HPW-Chef. Doch Probleme seien da, um gelöst zu werden. Nur für eine Anlage werde derzeit Erdgas gebraucht. Dafür hat das Unternehmen einen Vorrat für drei Monate eingespeichert.

Im eigenen Haus wird auf Nachhaltigkeit geachtet. Seit 2001 ist HPW laut eigenen Angaben freiwillig umweltzertifiziert (Iso-Zertifikat 14001). Das werde jedes Jahr auditiert. Recycelt werde, was möglich sei. Bei Kupfer liege die Recycelquote in Europa aktuell bei 45 Prozent. Von der Technik her könnte das laut Koppensteiner doppelt so viel sein. Dafür fehle aber der nötige Schrott. Beim Bau der neuen Motoren etwa würde die Recycelfähigkeit aber bereits berücksichtigt.

Im demnächst (per 31.3.2023) endenden Geschäftsjahr erwartet HPW einen Umsatz von 150 Mio. Euro, im Jahr davor waren es knapp 130 Mio. Euro, davor längere Zeit um die 80 Mio. Euro. (Bettina Pfluger, 9.3.2023)