2019 lehnte Österreich das Mercosur-Abkommen parlamentarisch ab.

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Wien / Den Haag / Brüssel – Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat dem möglichen EU-Mercosur-Handelspakt am Mittwoch eine neuerliche und deutliche Absage erteilt. Er verwies dabei auf das Regierungsprogramm. ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher hingegen wies auf Beratungen zwischen EU-Kommission und Mercosurstaaten hin. Erst wenn etwaige Verhandlungen abgeschlossen seien, "kann das finale Abkommen von Österreich bewertet werden", so Kocher zur APA. Österreich lehnte den bisherigen Pakt 2019 parlamentarisch allerdings ab.

Wegen der parlamentarischen Absage an den bisherigen Pakt forderten die SPÖ und auch der ÖGB, dass sich Kocher in Brüssel gegen das EU-Mercosur-Abkommen einsetzen müsse. Das gelte etwa morgen bei einem informellen Rat der Handelsminister in Brüssel. Kocher erklärte, dass sich dieser erst nach endgültigem Abschluss etwaiger Verhandlungen mit dem Handelsabkommen befasse. Die Gespräche auf Kommissionsebene fänden vor dem Hintergrund der neuen brasilianischen Regierung statt, so Kocher.

Auch Totschnig dagegen

Kogler argumentierte seine Absage auch mit dem Klimaschutz. ÖVP-Agrarminister Norbert Totschnig stellte sich ebenfalls zuletzt gegen das Abkommen, genauso wie der ÖVP-Bauernbund und die Landwirtschaftskammer. Auch von der FPÖ kam am Mittwoch Kritik an dem Pakt. Im September 2019 stimmte der EU-Unterausschuss mit Stimmen aller Parteien außer den Neos gegen das EU-Mercosur-Abkommen. Damit wurde die Regierung zu einem Nein zum EU-Mercosur-Abkommen auf EU-Ebene verpflichtet.

"Handelsabkommen bringen grundsätzlich positive gesamtwirtschaftliche Effekte für die beteiligten Volkswirtschaften", argumentierte Kocher. Es sei dabei wesentlich, dass Brasilien insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit – Stichwort Schutz des Regenwaldes und Biodiversität – bereit sei. Es müsse seine aus dem Abkommen und möglichen Zusatzprotokollen resultierenden Verpflichtungen nachweislich umsetzen, betonte der Wirtschaftsminister.

Splitting kritisiert

Ähnlich argumentierte die Industriellenvereinigung in einer Stellungnahme: "Angesichts der aktuellen Herausforderungen in der europäischen Nachbarschaft und der geopolitischen Neuordnung in der Welt ist jetzt der richtige Zeitpunkt, neue Partnerschaften mit befreundeten Demokratien zu schließen." Aus Brüssel hieß es zuletzt, man wolle das Abkommen schnell zu einem Abschluss bringen – die Rede war von einer Unterzeichnung bis Juli. Dies sei der "dringende Wunsch" der europäischen Regierenden, sagte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans im Februar.

Kritiker wie die AK warnten zuletzt vor einem sogenannten Splitting des Abkommens. Die EU-Kommission wolle das Abkommen in ein politisches und ein wirtschaftliches Kapitel teilen. So würde beim Handelsteil die notwendige Einstimmigkeit aller Mitgliedsstaaten im Rat fallen. "Infolgedessen würde auch der österreichische Nationalrat in einer derart weitreichenden Angelegenheit seine Entscheidungsrechte verlieren", so die Arbeiterkammer. Auch Agrarminister Totschnig lehnte ein Splitting ab. Am Dienstag hatte es auch in den Niederlanden einen mehrheitlichen parlamentarischen Beschluss gegen einen Mercosur-Pakt, in dem Agrargüter eingeschlossen sind, gegeben. (APA, 8.3.2023)