Im Gastblog geben Lukas Feiler, Alexander Hofmann und Beat König (Baker McKenzie) Einblick in die derzeitige Rechtslage betreffend künstliche Intelligenz.

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Thema, das die Menschheit bereits seit vielen Jahren beschäftigt und in vielerlei Hinsicht auch unseren Alltag prägt. Seit Kurzem ist jedoch um KI ein noch nie dagewesener Hype zu beobachten, der vor allem Programmen wie ChatGPT, Midjourney oder MusicLM und den vielfältigen neuen Möglichkeiten geschuldet ist, die diese eröffnen. Auch Suchmaschinen-Anbieter planen die Integration von KI in ihre Angebote. Damit steht der Hype am Sprung in das tägliche Leben des Durchschnittsverbrauchers.

Auch Berichte über das Potenzial der Software und die zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten häufen sich, genauso wie Anleitungen zur Erstellung sogenannter Prompts – Textanweisungen von Nutzerinnen und Nutzern an die KI. Ob es darum geht, Analysen zu erstellen, HR-Expertinnen und HR-Experten zu simulieren, Codestücke zu generieren oder Claude Monets Seerosen im Stil von Andy Warhol malen zu lassen – die Möglichkeiten scheinen endlos. Vermehrt werden auch kritische Stimmen laut, die potenzielle, durch KI entstehende Risiken aufzeigen. Bei KI-Erzeugnissen drängt sich insbesondere die Frage nach deren Urheberschaft und den daraus resultierenden Rechten auf.

Claude Monets Seerosen im Stil von Andy Warhol. Wer hat die Urheberschaft dieses Werkes?
Foto: Created with Midjourney

KI als Schöpfer?

Das Urheberrecht zielt auf den Schutz geistigen Eigentums ab. Es räumt Urheberinnen und Urhebern das ausschließliche Recht ein, ihr Werk zu verwerten. Als Urheberin und Urheber ist dabei nach österreichischem Recht anzusehen, wer das Werk geschaffen hat – das Urheberrecht entsteht dabei kraft Gesetzes mit dem Schöpfungsakt. Bei Werken handelt es sich nach § 1 Abs. 1 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) um "eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst". Da eine solche Schöpfung – nach derzeitiger Rechtslage – nur das Ergebnis einer menschlichen Tätigkeit sein kann, kann ein Programm nicht als Urheber angesehen werden.

Sehr wohl urheberrechtlich geschützt sind hingegen in der Regel die Daten, mit denen eine KI-Software wie etwa ChatGPT trainiert wird. Zu dieser Problematik sind in den USA bereits Gerichtsverfahren anhängig, welche die unerlaubte Verwendung von Bildern zum Training von verschiedenen Kunst-KIs thematisieren. Auch diesbezügliche Streitigkeiten vor österreichischen Gerichten scheinen im wahrsten Sinne vorprogrammiert.

Freie Nutzung zum Zweck des Trainings einer KI

Um technologische Entwicklung nicht zu behindern und einen Interessenausgleich zwischen Urheberinnen, Urhebern und Nutzerinnen und Nutzern zu ermöglichen, wurden in der EU allerdings bereits mit der letzten Urheberrechts-Richtlinie (RL (EU) 2019/790) unter anderem auch Sonderregelungen für das Training von KIs mit Text- und Data-Mining geschaffen. Die Richtlinie wurde in Österreich durch die Urheberrechtsnovelle 2021 umgesetzt. Damit gilt hierzulande, dass eine Nutzung auch urheberrechtlich geschützter Werke zum Training einer KI erlaubt ist, solange die Rechteinhaber dem nicht mit maschinenlesbaren Mitteln ausdrücklich widersprechen (§ 42h Abs 6 UrhG). In der Praxis wird das derzeit zwar noch nicht allzu oft der Fall, in Zukunft jedoch von zentraler Relevanz sein.

Kein urheberrechtlicher Schutz von KI-Erzeugnissen

Ob die Verwendung von Daten zum Training einer KI rechtmäßig erfolgt ist oder nicht, ist für die Frage, ob KI-Erzeugnisse selbst urheberrechtlichen Schutz genießen, (siehe dazu sogleich) jedenfalls unerheblich. Das Urheberrecht der Autorinnen und Autoren jener Werke, die für das Training einer KI verwendet werden, schlägt nicht auf die KI-Erzeugnisse durch, da diese nach der Funktionsweise der Software auf Wahrscheinlichkeitsmodellen beruhen und die vorhandenen Werke nicht kopieren bzw. reproduzieren. Relevant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Idee, die einem Werk zugrunde liegt, keinen urheberrechtlichen Schutz genießt.

Aus diesem Grund sind auch Nutzerinnen und Nutzer einer KI, die dieser eine Idee in Form einer Anweisung vorgeben, nicht die Urheberinnen und Urheber der von der KI erzeugten Werke. Weder schaffen die Nutzenden die Werke selbst, noch sind die Ideen, die in den Anweisungen an die KI transportiert werden, urheberrechtlich geschützt. Dasselbe gilt für die Entwicklerinnen und Entwickler, die hinter den Programmen stehen, da diese ebenfalls (mit Ausnahme der KI-Software selbst) nicht die Werke schaffen, welche die KI generiert, sondern lediglich die Programmlogik implementiert haben. ChatGPT behauptet auf Nachfrage zwar, dass OpenAI, das hinter der Software stehende Unternehmen, als Urheber anzusehen ist. Diese Information ist jedoch bei Anwendung der österreichischen Rechtslage eher irreführend.

Die Erzeugnisse von KI-Software wie ChatGPT, Midjourney etc. sind daher grundsätzlich nicht urheberrechtlich geschützt und frei verwertbar. In der Praxis werden aber schwierige Abgrenzungsfragen zu beantworten sein und es fehlen spezifische Regelungen, die diese Problematik abdecken. Zu denken ist beispielsweise an die Situation, dass ein KI-geschaffenes Erzeugnis einem bereits vorhandenen Werk, welches zum Training der Software benutzt wurde, sehr ähnlich ist. Im rechtlichen Sinne könnte hier von einer Bearbeitung gesprochen werden, welche an sich nur mit einer entsprechenden Lizenz zulässig ist. Gegen eine Urheberrechtsverletzung spricht allerdings die bisherige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH 20.09.2011, 4 Ob 105/11m), nach der auch eine Bearbeitung eigene schöpferische Gestaltungskraft erfordert, welcher eine Software bereits begrifflich nicht hat.

Akademische Standards strenger als Urheberrecht

Dies bedeutet jedoch nicht, dass etwa Studierende künftig ihre Arbeiten von ChatGPT verfassen lassen sollten. Akademische Standards gehen nämlich weit über das Urheberrecht hinaus und setzen viel strengere Maßstäbe. Akademische Abgaben müssen das eigene Werk der Studierende sein und fremde Quellen müssen als solche gekennzeichnet werden. Ganz so frei verwertbar, wie es aus urheberrechtlicher Sicht vielleicht erscheinen mag, sind KI-Erzeugnisse dann eben doch nicht.

Urheberrechtsverstoß wirft weitere Rechtsprobleme auf

Wurde ein geschütztes Werk trotz ausdrücklichen maschinenlesbaren Widerspruchs zum Training von KI-Software benutzt, kann es sich, wie schon erwähnt, um eine Urheberrechtsverletzung handeln. Oftmals werden sich aber Schwierigkeiten beweisrechtlicher Natur ergeben, da für die Feststellung einer Urheberrechtsverletzung der Nachweis, dass die KI Zugang zu dem geschützten Werk hatte, erbracht werden muss.

Ebenfalls von Gerichten zu klären sein wird die Frage nach dem Lizenzentgelt bei Urheberrechtsverletzungen. Hier ist jedenfalls nachträglich ein angemessenes Lizenzentgelt zu leisten, welches angesichts der Neuartigkeit der Nutzung zum Zweck des Trainings einer KI schwer zu bestimmen sein wird.

Fazit: Nach aktueller Rechtslage sind KI-Erzeugnisse grundsätzlich nicht urheberrechtlich geschützt. Soweit dem nicht wirksam widersprochen wurde, ist auch die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke zum Training einer KI erlaubt. Sowohl die zukünftigen technologischen als auch die rechtlichen Entwicklungen rund um KI-Anwendungen bleiben spannend. (Lukas Feiler, Alexander Hofmann, Beat König, 13.3.2023)