Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sah am Donnerstag unüberwindbare Differenzen zwischen Volkspartei und SPÖ.

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St. Pölten – Die Koalitionsverhandlungen in Niederösterreich sind gestoppt. Obwohl ÖVP und SPÖ de facto die einzig möglichen Partner für eine Regierungskoalition sind, kamen die Verhandlungen Donnerstagnachmittag vorerst zu einem Halt.

"Seit dem Wahlsonntag ist für uns klar, die Parteien in Regierungsverantwortung müssen aufeinander zugehen", wird Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einer Aussendung zitiert. Die konkreten Forderungen der SPÖ seien aber für Niederösterreich "weitestgehend standortschädlich", so Mikl-Leitner weiter. "Daher wollen wir jetzt konkrete Inhalte mit der FPÖ ausloten – und dann entscheiden, welchen Weg wir in Niederösterreich gehen."

Hergovich: ÖVP kann Regierungspartner selbst wählen

"Ob die ÖVP uns auf dieser Brücke der Zusammenarbeit treffen möchte, das ist einzig und allein eine Entscheidung der ÖVP. Der ÖVP steht es völlig frei, ihren Regierungspartner selbst zu wählen", konterte der designierte SPÖ-Landesparteichef Sven Hergovich prompt seinerseits in Aussendung nach. Die SPÖ stehe weiterhin jederzeit für konstruktive Verhandlungen bereit. Die ÖVP müsse sich entscheiden, ob sie das Beste für sich rausholen will oder das Beste für Niederösterreich.

Zuvor hatte die Sozialdemokratie vergangene Woche zuerst an der Eskalationsschraube gedreht – und Minimalbedingungen für eine Zusammenarbeit mit der Volkspartei gestellt. Im Interview mit der deutschen Wochenzeitung "Zeit" legte der designierte Landesparteichef Sven Hergovich am Donnerstag noch einmal nach: "Bevor ich ein Übereinkommen unterzeichne, in dem nicht alle diese Punkte enthalten sind, hacke ich mir die Hand ab."

Hinterzimmerpolitik und persönliche Befindlichkeiten

Konkret geht es um die Anstellung pflegender Angehöriger, Landesjobs für alle Langzeitarbeitslosen, einen Heizkostendeckel, Gratiskindergarten und eine Regionaloffensive. "Die übliche österreichische Vorgehensweise wäre gewesen, dass man verhandelt, dann zeigt, was rausgekommen ist, und behauptet, das sei es, was man eh immer wollte", erklärt Hergovich in dem Interview. "Das ist eine Hinterzimmerpolitik, die ich ablehne."

Die ÖVP reagierte verschnupft auf Hergovichs Auftritt, leakte ihrerseits weitere SPÖ-Forderungen aus den Verhandlungen, am Mittwoch mahnte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, das "Interesse des Landes" über "persönliche Befindlichkeiten" zu stellen.

Keine realistischen Alternativen

Abseits einer schwarz-roten Koalition ist in Niederösterreich freilich kaum eine Konstellation vorstellbar. Wegen des Proporzsystems sitzen ÖVP, FPÖ und SPÖ allesamt in der Landesregierung. Keine der Parteien hat aber alleine eine Mehrheit im Landtag oder in der Regierung – um effektiv regieren zu können, braucht es also ein Abkommen zwischen zumindest zwei Parteien.

Die FPÖ hat sich dabei aber weitgehend selbst aus dem Spiel genommen: Für die SPÖ kommt sie wegen rassistischer Aussagen und des Infragestellens der Menschenrechte nicht infrage. Als Partner für die ÖVP sind die Freiheitlichen keine realistische Option, weil sie versprochen haben, Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau zu wählen.

Landbauer

FPÖ-Chef Udo Landbauer kritisierte die beiden verhandelnden Parteien am Donnerstag für die zählen Verhandlungen. Er habe sich mit Zurufen bisher "aus Staatsräson" zurückgehalten, nun müsse er aber agieren, sagte der Klubobmann. Denn die Verhandlungen seien "offenbar gescheitert". Weil Niederösterreich aber rasch eine funktionierende Regierung brauche, schlage er Mikl-Leitner eine Zusammenarbeit vor.

Dieses Angebot sei aber an Bedingungen geknüpft: Keine Parallelverhandlungen mit der SPÖ, transparente Kommunikation über die Ergebnisse, eine faire Kompetenzverteilung. Und: Das Versprechen der FPÖ, Johanna Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau zu wählen, will Landbauer einhalten. (sefe, APA, 9.3.2023)