Laut Umfrage versucht fast ein Drittel der Befragten einen Vorrat an dringend benötigten Medikamenten anzulegen, um den Engpass zu umgehen.

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Wien – Mindestens jede sechste Person in Österreich war bisher direkt vom anhaltenden Lieferengpass bei Medikamenten betroffen. Das zeigt eine Marketagent-Umfrage, die bereits von Ende Jänner bis Anfang Februar durchgeführt wurde. Von der Politik fühlt sich die Bevölkerung demnach allein gelassen. 70 Prozent finden nicht, "dass die Verantwortlichen genügend unternehmen, um eine ausreichende Medikamentenversorgung sicherzustellen", berichtete Marketagent-Geschäftsführer Thomas Schwabl am Donnerstag.

17 Prozent der 1.000 befragten Österreicherinnen und Österreicher zwischen 14 und 75 Jahren gaben demnach an, selbst von den Engpässen betroffen zu sein. 14 Prozent kennen zumindest Betroffene im eigenen Haushalt und/oder 13 Prozent jemanden im engeren Umfeld. Für mehr als ein Drittel der Befragten (36 Prozent) stellt die Knappheit von Antibiotika, Schmerzmitteln und Co eine Bedrohung dar. In der Gruppe der Frauen machen sich sogar vier von zehn sehr oder eher große Sorgen deswegen, berichtete Marketagent.

74 Prozent für Krisenvorräte

42 Prozent der Betroffenen können laut der Umfrage als Alternative auf wirkstoffgleiche Medikamente wie Generika zurückgreifen, 30 Prozent weichen auf Arzneimittel mit anderen Wirkstoffen aus. Fast ein Drittel versucht durch das Anlegen eines Vorrats an dringend benötigten Arzneien den Engpass zu umgehen. Jeweils rund jeder Achte versucht ein Aussetzen der Behandlung beziehungsweise den Umstieg auf alternativmedizinische Lösungen.

Der Vorschlag einer Rückholung der Arzneimittelproduktion nach Europa wird von acht von zehn Befragten unterstützt. Auch die Einrichtung von Krisenvorräten besonders wichtiger Medikamente befürwortet ein Großteil (74 Prozent). Die Einführung der Wirkstoffverschreibung stößt bei fast sechs von zehn Befragten auf Zuspruch. Deutlich weniger positiv stehen die Österreicher einem Anheben der Arzneimittelpreise gegenüber, hier sind nur zehn Prozent sehr und 20 Prozent eher dafür.

Gesundheitsministerium hat wenig Ansehen

Die durchschnittliche Schulnote, die die Befragten dem heimischen Gesundheitssystem ausstellen, tendiert mit 2,8 stark in Richtung Befriedigend, berichtet Marketagent. Lediglich 45 Prozent der Befragten stellen ihm ein "gutes" oder "sehr gutes" Zeugnis aus. Fast jeder Vierte (23 Prozent) würde sogar nur ein Genügend oder Nicht genügend vergeben. Drei Viertel sind der Ansicht, dass hierzulande eine Zweiklassenmedizin herrscht und nur Privatversicherte die beste Behandlung erhalten.

Das höchste Ansehen im Gesundheitswesen genießen mit 71 Prozent die Apothekerinnen und Apotheker, dicht gefolgt vom Pflegepersonal (69 Prozent) sowie Ärztinnen und Ärzten (66 Prozent). Immerhin noch rund die Hälfte vertraut den Krankenanstalten, lediglich jeder Dritte den Krankenkassen. Die Schlusslichter des Rankings bilden die Pharmaunternehmen mit 19 Prozent und das Gesundheitsministerium mit zwölf Prozent. (APA, 9.3.2023)