Eine Antikriegsdemonstration letztes Jahr vor dem Bundeshaus in Bern. Am Mittwoch hat der Nationalrat die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen abgelehnt.

Seit Monaten sucht die neutrale Schweiz einen Weg aus dem Waffendilemma. Das Thema dürfte sich nun aber vorerst erledigt haben: Der Nationalrat der Schweiz hat am Mittwoch das Nein zur Wiederausfuhr von Schweizer Waffen an die Ukraine beschlossen und dafür eine Hürde aufgestellt, die in vielen Konfliktherden der Welt nur schwer zu erreichen sein wird.

Die Exporte der Schweizer Rüstungsindustrie erreichten 2022 Rekordwerte. Seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine vor gut einem Jahr hatten mehrere Staaten die Schweiz darum ersucht, Waffen an Kiew weitergeben zu dürfen. Der Bundesrat lehnte derartige Gesuche bisher stets ab, dies brachte der Schweiz internationale Kritik ein.

Jedoch darf Schweizer Rüstungsmaterial aufgrund eines im vergangenen Jahr verschärften Kriegsmaterialgesetzes weder direkt noch über andere Staaten in ein Kriegsland geliefert werden. Mit der Zuspitzung des Ukrainekriegs wurde verstärkt die Aufhebung dieses Exportverbots im Parlament diskutiert – die konsequente Auslegung der Schweizer Neutralität verkomplizierte die Sache allerdings. Das Gesetz behindere die Lieferung von zahlreichem Kriegsgerät und Munition aus anderen europäischen Ländern in die Ukraine, kritisieren die Schweizer Sozialdemokraten.

Der von der großen Parlamentskammer verworfene Ausschussentwurf lautete deshalb, dass Schweizer Waffen, die bereits im Besitz anderer Länder sind, ausnahmsweise an die Ukraine geliefert werden dürfen, sofern die Uno-Vollversammlung in diesem Konflikt mit einer Zweidrittelmehrheit einen Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot feststellt. Das wäre aktuell der Fall und würde es der Schweiz erlauben, indirekt Rüstungsmaterial in die Ukraine zu exportieren. Das Parlament in Bern lehnte den Vorschlag jedoch mit 117 zu 78 Stimmen ab.

"Restriktive Auslegung der Neutralität"

Erklärungen der UN-Vollversammlung seien völkerrechtlich nicht bindend, heißt es von den Gegenstimmen im Nationalrat. Man würde mit einem solchen Vorgehen gegen die Schweizer Neutralität verstoßen. Allein der UN-Sicherheitsrat könne eine Wiederausfuhr der Schweizer Waffen durch eine Resolution erlauben. Das sei jedoch mit dem Vetorecht Russlands und Chinas derzeit keine Option, sagt Wirtschaftsminister Guy Parmelin von der Schweizerischen Volkspartei.

Der Völkerrechtsexperte Ralph Janik von der Universität Wien sieht in der Vorgehensweise der Schweiz eine sehr restriktive Auslegung der Neutralität. Laut ihm gibt es lediglich internationalen Konsens darüber, dass Waffenexporte mit der Neutralität nicht in Einklang zu bringen sind. Der Wiederexport von Waffen aus Schweizer Produktion durch Drittstaaten sei international jedoch nicht festgelegt. "Die Schweiz hat sich für eine sehr strenge Auslegung der Neutralität entschieden, die völkerrechtlich nicht verpflichtend ist", sagt Janik.

Das Nein des Nationalrats bedeutet nicht das Ende der Diskussion um Waffenexporte. Im Parlament sind derzeit drei parlamentarische Initiativen zum Thema anhängig. Zur Debatte steht unter anderem eine Ausnahmeregelung ausschließlich im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg. (Tabea Hahn, APA, 9.3.2023)