ORF-General Roland Weißmann erklärt Haushaltsabgabe und Sparbedarf, diesmal im ORF-Publikumsrat.

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Wien – Bis zu 700.000 Haushalte mehr als bisher die GIS sollen künftig eine ORF-Haushaltsabgabe zahlen. Das aber bedeute nicht massiv mehr Mittel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, erklärte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Donnerstag seinen Publikumsräten: "Der ORF wird insgesamt nicht mehr Geld haben als bisher." Und: Es werde auch "künftig kein Schlaraffenland" geben. Der Publikumsrat beschloss eine Resolution für eine nachhaltige Finanzierung des ORF.

Im Publikumsrat 300.000 Zahler mehr

Das Geld für den ORF sei gedeckelt mit den Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags, erklärte Weißmann. Im Publikumsrat sagte er, er rechne mit 300.000 Zahlern mehr durch die Haushaltsabgabe. Im ORF-"Report" sprach er am Dienstag von "bis zu 700.000".

Nur Nettokosten des Auftrags

Die Haushaltsabgabe ab 2024 soll – auch weil mehr Menschen zahlen müssen – niedriger ausfallen als die Programmentgelte aus der GIS von derzeit 18,59 Euro; kolportiert werden etwa 16,59 pro Monat. Wenn Weißmann sagt, der ORF werde nicht mehr Geld als bisher haben, bezieht er sich auf eine EU-Vorgabe: Der ORF darf nicht mehr öffentliche Mittel bekommen, als er für die Erfüllung des im Gesetz festgelegten, öffentlich-rechtlichen Auftrags braucht.

Nach ORF-Angaben liegen diese Nettokosten des Auftrags derzeit bei 730 Millionen Euro pro Jahr, die Gebühreneinnahmen liegen derzeit unter 700 Millionen. Ein Stück mehr als heute wäre es schon, die vom ORF errechneten (und bei Gebührenanträgen von der Medienbehörde geprüften) Nettokosten abzudecken.

Der ORF investiere etwa 120 Millionen Euro pro Jahr in Kunst und Kultur, 100 Millionen in die Filmwirtschaft in Österreich, 100 Millionen in Spitzen- und Breitensport und 170 Millionen in die "Regionalität", gemeint: in die Landesstudios.

Die jüngste Gebührenerhöhung um acht Prozent mit Februar 2022, angelegt auf fünf Jahre, sei bereits im ersten Jahr durch die Inflationsrate überholt. Darauf verwies Weißmann mit seinen Verlustprognosen ab 2024 von jährlich 70 bis 130 Millionen Euro, denen der ORF durch Einsparungen begegnen müsse.

Haushaltsabgabe oder Gebührenerhöhung?

Nicht von ungefähr fragte Publikumsratsvorsitzender Walter Marschitz Donnerstag den ORF-General, ob der ORF nicht vor der Frage steht: Haushaltsabgabe oder Antrag auf Gebührenerhöhung? Diese Frage ließ Weißmann unbeantwortet.

Die Publikumsräte wie Willi Mernyi (ÖGB) und Daniela Zimmer (AK) kritisierten Forderungen von Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) nach einem "ORF-Rabatt" und Sparmaßnahmen als Bedingung für eine Haushaltsabgabe.

"Das Spardiktat ist nicht hilfreich", findet Mernyi. Es gehe vielmehr um die Relevanz des ORF für das Publikum, wenn es schon breiter für den ORF zahlen solle: "Was kriegt ein Haushalt, wenn er jetzt zahlt? Welche Relevanz hat der ORF für die Menschen, die eine Abgabe zahlen müssen. Wenn ich nicht sehe, dass das relevant ist, will ich nicht zahlen." Es gehe darum "Relevanz herzustellen für alle Menschen, die jetzt zahlen müssen".

ORF-Chef Weißmann verweist an solchen Punkten darauf, dass der ORF täglich rund 85 Prozent der Menschen in Österreich mit zumindest einem Angebot erreiche, also rund 6,4 Millionen Menschen.

"Wenn die Haushaltsabgabe kommt, muss das Ziel ein höheres sein", räumte Weißmann ein. Wenn alle für den ORF zahlen, müsse er auch für alle da und relevant sein. Der ORF könnte ein jüngeres Publikum besser erreichen , wenn er mit der lange geforderten "Digitalnovelle" mehr Möglichkeiten in Streaming und Social Media bekomme. Mit der neuen Finanzierung wird auch über eine solche Digitalnovelle verhandelt – die private Medienhäuser als teils existenzbedrohend kritisieren. Bekomme der ORF eine Digitalnovelle, plant er etwa einen Sportchannel (als Ersatz für ORF Sport Plus) und einen Kinderchannel – "eine Kinder-App", sagt Weißmann.

Resolution für "nachhaltige Finanzierung"

Der Publikumsrat beschloss am Donnerstag einen Appell an den Gesetzgeber für eine "nachhaltige Finanzierung" des ORF – rechtzeitig, bevor der Verfassungserichtshof das bisherige GIS-Modell mit Ende 2023 aufhebt.

"An der Finanzierung des ORF sollten grundsätzlich alle unabhängig von ihren Nutzungskanälen beteiligt sein", Einkommensschwache sollen ausgenommen sein oder geringere Beiträge zahlen. Parallel sollte das Entgelt pro Haushalt gesenkt werden. Die Höhe sollten auch in Zukunft die ORF-Gremien festlegen (die Medienbehörde prüft sie).

Die Haushaltsabgabe solle "von anderen Gebühren und Abgaben entkoppelt werden", verlangt der Publikumsrat. Die von der GIS eingehobenen Mittel gehen derzeit zu zwei Dritteln an den ORF, zu einem Drittel über Steuern und Abgaben an Bund und Länder.

"Das neue Finanzierungsmodell soll den ORF nicht in direkte politische oder wirtschaftliche Abhängigkeit bringen, sondern die Unabhängigkeit des ORF – als Grundlage für objektive Berichterstattung – stärken", heißt es in der Resolution. (Harald Fidler, 9.3.2023)