Kundinnen und Kunden der EVN erhalten per Einschreiben ein neues Angebot mit einem Jahr Fixpreis und Bindung.

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Im niederösterreichischen Wahlkampf ist spekuliert worden, dass die EVN ihre Tarife für Strom- und Gaskunden ab April wohl deutlich anheben werde. Das wäre auch der Fall gewesen, dennoch kommt es jetzt anders. Der börsennotierte Energieversorger EVN, der mehrheitlich dem Land Niederösterreich gehört, lässt laut Eigenangaben in den kommenden Wochen knapp 300.000 Strom- und Gaskunden Kündigungsschreiben per Einschreiben zustellen. Betroffen sind Haushalte, die sich vor Jahren für einen Optima-Klassik-Tarif entschieden und diesen seitdem nicht gewechselt haben.

Gleichzeitig erhalten die knapp 300.000 Betroffenen, die bei Fortbestehen des Klassik-Tarifs aufgrund der Bindung an die Österreichischen Strom- und Gaspreisindizes Öspi und Ögpi eine kräftige Preiserhöhung ins Haus gestanden wäre, ein neues Angebot mit einem Jahr Bindung. Unterm Strich würden sie damit nicht schlechter aussteigen als mit ihrem bisherigen Vertrag, betonte Unternehmenssprecher Stefan Zach auf STANDARD-Anfrage.

EVN-Sprecher: "Wir brauchen hier Rechtssicherheit"

Betroffen sind laut Zach fast 40 Prozent der EVN-Kunden. Die betroffenen Kunden und Kundinnen müssten dem neuen Vertrag aktiv zustimmen, ansonsten werde die Energieversorgung mit Ende Juni eingestellt. Das neue Angebot sehe einen im Vergleich zum bisherigen Klassik-Tarif einen etwas niedrigeren Arbeitspreis und einen etwas höheren Grundpreis vor mit zwölfmonatiger Preisgarantie. Betroffene könnten aber auch auf einen anderen Tarif umsteigen oder zu einem anderen Versorger wechseln, was man aber nicht hoffe, sagte der Unternehmenssprecher. Aus konsumentenschutzrechtlichen Gründen könne die Tarifänderung nicht automatisch erfolgen. Zach: "Die Kundinnen und Kunden müssen ihrem neuen Vertrag aktiv zustimmen. Wir brauchen hier Rechtssicherheit."

E-Control-Vorstand empfiehlt Angebotsvergleiche

Im Vergleich zum auslaufenden Optima Klassik-Tarif liegt beim Optima Garant Natur 12 der Grundpreis mit 4,80 Euro pro Monat höher. Der Arbeitspreis sei hingegen beim neuen Angebot mit 31,8 Cent pro Kilowattstunde (kWh) Strom bzw. 14,1 Cent pro kWh Gas etwas günstiger. Für einen durchschnittlichen Kunden mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh Strom und 15.000 kWh Gas ändere sich damit praktisch nichts. "Mit diesem neuen Angebot können wir die Preise über den kommenden Winter stabil halten. Das bringt sowohl unseren Kundinnen und Kunden, als auch uns als Unternehmen Sicherheit in diesen unsicheren Zeiten", sagte Zach der APA.

Mit ein Grund zur Vermeidung von Preissprüngen nach oben könnte sein, dass vermehrt alternative Anbieter, die während der Hochpreisphase vom Markt verschwunden sind, mit Kampfpreisen um Kunden und Kundinnen buhlen. Wer sich auf zwölf Monate bindet, kann in dieser Zeit zu keinem möglicherweise billigeren Konkurrenten wechseln.

Briefe in vier Tranchen

Die EVN will die Briefe vom 21. März bis 24. April in vier Tranchen versenden, um die erwartete erhöhte Anzahl an Anfragen beim Kundenservice bewältigen zu können. Außerdem plant die EVN ab 29. März eine Bustour durch mehr als 500 Gemeinden in Niederösterreich. "Vor allem ältere Menschen, aber auch Menschen mit sprachlichen Barrieren bevorzugen häufig den persönlichen Kontakt gegenüber dem Online-Angebot", sagte Sprecher Zach.

E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch verwies im Ö1-"Mittagsjournal" auf eine gewisse Rechtsunsicherheit in Bezug auf Preisänderungen bei Energieverträgen, die die EVN offenbar zu diesem Schritt bewogen habe. Er schloss nicht aus, dass nun auch andere Unternehmen mit ähnlichen Wertsicherungsklauseln Verträge kündigen, um neue abzuschließen. Die Dauer der Frist bei der EVN sei zu begrüßen. Kunden sollten den neuen Tarif auch mit anderen Angeboten vergleichen, sagte Urbantschitsch.

(Günther Strobl, 10.3.2023)