Er mag einen netten Namen haben, sein Charakter ist jedoch alles andere als sympathisch. Seit mehr als zwei Wochen wirbelt Zyklon Freddy nun schon zwischen der südostafrikanischen Insel Madagaskar und dem mosambikanischen Festland hin und her, tötet Menschen, zerstört Häuser und richtet Milliardenschäden an.

Seit seiner Entstehung vor über einem Monat nördlich von Australien hat der Wirbelsturm rund 8000 Kilometer zurückgelegt – so viel wie seit zwei Jahrzehnten kein Unwetter mehr. Seit den offiziellen Wetteraufzeichnungen gab es nur drei Zyklone, die den gesamten Indischen Ozean von Ost nach West überquerten, weiß die National Oceanic and Atmospheric Administration in Washington. Freddy schickt sich sogar an, zum am längsten tobenden Zyklon der registrierten Wettergeschichte zu werden. "So etwas erlebt man nur einmal im Leben", sagt Wayne Venter von Südafrikas Wetterdienst.

Die Folgen von Zyklon Freddy in Mananjary in Madagaskar.
Foto: AP/Solofo Rasolofomanana

Nachdenken in Genf

Den Rekord hielt bisher John, ein Zyklon, der 1994 31 Tage lang über den Pazifik fegte. Freddy ist mit 33 Tagen schon zwei Tage länger unterwegs – allerdings hatte er sich zwischenzeitlich zu einem bloßen Tropensturm mit einer Windgeschwindigkeit von unter 100 Stundenkilometern beruhigt. Die Genfer Weltorganisation für Meteorologie erwägt derzeit, ob sie Freddy den Rekord zuerkennen soll oder nicht.

Ungewöhnlich ist vor allem, dass sich Freddy nach seiner Begegnung mit dem mosambikanischen Festland nicht allmählich abschwächte, sondern aufs Meer zurückkehrte und dort wieder mächtig an Stärke gewann. Insgesamt erlebte der Wirbelsturm sechs starke Beschleunigungsphasen. In manchen Zeiten soll Freddy Windgeschwindigkeiten von 260 km/h erreicht haben. Als gesamtes Wettersystem bewegte sich Freddy allerdings nur relativ langsam fort, weswegen er zum Leidwesen der Madagassen und Mosambikaner auch besonders viel Feuchtigkeit mit sich führte.

Überschwemmungen und Regenfälle

Schon bei seiner ersten Überquerung der viertgrößten Insel der Welt ließ Freddy vor mehr als zwei Wochen dreimal mehr Regen aufs Land fallen als im monatlichen Durchschnitt. Dadurch kam es im Westen und Süden Madagaskars zu weitverbreiteten Überschwemmungen und Erdrutschen: Nach UN-Angaben waren 260.000 Menschen von den sintflutartigen Regenfällen betroffen, 150.000 seien jetzt auf Hilfe angewiesen.

Bei seiner Rückkehr auf die Insel aus westlicher Richtung richtete der Wirbelsturm mehrere Tage später weitere Schäden an: Mindestens elf Inselbewohner sollen ums Leben gekommen sein, darunter zwei kleine Kinder.

Satellitenbild von Freddy.
Foto: Reuters

Derzeit befindet sich Freddy wieder auf dem Weg von Madagaskar nach Mosambik, wo er in der Nacht auf Samstag zum zweiten Mal erwartet wird. Schon bei seiner ersten Heimsuchung zerstörte oder überflutete der Zyklon in der Region um die Hafenstadt Beira nach UN-Angaben fast 30.000 Häuser, 25 Gesundheitsstationen und mehr als 900 Schulklassenzimmer. Auf rund 19.000 Hektar wurden landwirtschaftliche Produkte zerstört, auf fast 40.000 Hektar zumindest teilweise oder schwer beschädigt. In der von Freddy heimgesuchten Region leben fast eine Million Menschen.

Cholera breitet sich aus

Besondere Sorge bereitet den mosambikanischen Behörden eine Cholera-Epidemie, die seit Wochen im Nachbarland Malawi tobt und inzwischen auch auf Mosambik übergreift. Hier wurden bereits mehr als 7.500 Fälle der Durchfallerkrankung gemeldet, in Malawi sind es über 50.000.

Es ist die schlimmste Cholera-Epidemie, die aus Malawi bislang gemeldet wurde: Mehr als 1.500 Menschen fielen ihr bereits zum Opfer. Da schwere Regenfälle und Überschwemmungen das Trinkwasser verunreinigen, wird auch in Mosambik in den kommenden Tagen mit einer Verschlimmerung der Cholera-Epidemie gerechnet.

Dass Mosambik immer öfters von schweren Wirbelstürmen heimgesucht wird, führen Fachleute auf die Klimaerwärmung zurück. Vor vier Jahren verheerte der Zyklon Idai die Mitte des über 2.000 Kilometer langen Landes: Damals kamen mehr als 1.000 Menschen ums Leben. Mit Batsirai und Emnati lösten sich im vergangenen Jahr in rascher Folge gleich zwei Wirbelstürme ab: Ihnen fielen 120 Menschen zum Opfer. Dass die Zahl der Toten dieses Mal verhältnismäßig gering ausfiel, liegt nach Auffassung von Hilfsorganisationen an zeitigeren Vorwarnungen und vorbeugenden Maßnahmen. (Johannes Dieterich, 10.3.2023)