Der heißbegehrte Preis des Abends: Die Oscar-Statue.

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A wie ABC

Der Fernsehsender ABC überträgt die Oscars in den USA und fordert seit Jahren eine kürzere und knackigere Show, denn die Live-Quoten entscheiden auch über die Einnahmen der Academy. Zeit ist Geld. Doch die Show ist für die Filmbranche gedacht, nicht nur fürs Publikum. Drei Stunden wird heuer die ORF-Übertragung der 95. Oscarverleihung dauern, ebenso lang wie ein Standard-Blockbuster. 1929, im Jahr der Gründung, hielt man sich noch kürzer. In 15 Minuten wurden während eines Dinners im Roosevelt-Hotel vor 270 Menschen die Gewinner und Gewinnerinnen verlesen.

D wie Diversität

Alle Jahre wieder kämpfen die Oscars mit mangelnder Diversität in den Reihen der Nominierten. Das entspricht weder der US-amerikanischen Gesellschaft noch der Filmindustrie, die sich schneller verändert als die Academy. Mit Women Talking stammt heuer nur einer von neun nominierten Filmen von einer Regisseurin, die Regie-Kategorie ist sogar rein männlich besetzt.

Namhafte afroamerikanische Filme wie der Blockbuster The Woman King gingen in der Nominierungsrunde komplett leer aus. Immerhin ist der asiatisch-amerikanische Überraschungserfolg Everything Everywhere All at Once der größte Favorit im Rennen. Als beste Hauptdarstellerin könnte mit Michelle Yeoh erstmals eine Asiatin triumphieren. Die neue Academy-Präsidentin Janet Yang wird die begonnene Diversifizierung der Academy fortsetzen. Bleibt zu hoffen, dass es die Kritik von #OscarsSoWhite in Zukunft nicht mehr braucht.

Das fantastische Ensemble von "Everything Everywhere All at Once" mit Michelle Yeoh.
Foto: AP

E wie Esel

Heuer sind gleich zwei Tier-Stars in den nominierten Filmen vertreten. In The Banshees of Inisherin spielt der Zwergesel Jenny die beste Freundin des Favoriten Colin Farrell. In EO, dem Auslands-Oscar-Beitrag aus Polen von Veteran Jerzy Skolimowski, verkörpern sechs Esel gemeinsam die dramatische Hauptrolle. Auftritt am heuer champagnerfarbenen Teppich bekommen die tierischen Stars aber wohl eher keinen.

Zwei Esel auf weiter Flur. Neben Colin Farrell glänzte in "The Banshees of Inisherin" auch die Eselin Jenny.
Foto: AP

F wie Favoriten

Glaubt man einigen Buchmachern, ist das Rennen bereits gelaufen. Doch es ist eine geheime Abstimmung tausender Academy-Mitglieder, die sich ebenso schwierig vorhersagen lässt wie so manche politische Wahl. Everything Everywhere All at Once hat sich zum Topfavorit gemausert. Die Schauspiel-Kategorien scheinen bereits für Cate Blanchett (Tár) und Colin Farrell (The Banshees ... ) reserviert. Steven Spielbergs Die Fabelmans ist beim Regiepreis hoch im Rennen. Aber selbst wenn die Wettquoten hier recht behalten, bleibt noch genug Raum für überraschte Gewinner und Gewinnerinnen.

I wie in memoriam

Egal, wer auf Kommando weint: Der emotionalste Oscar-Moment ist die Erinnerung an jene, die im vergangenen Jahr in die Filmgeschichte eingegangen sind. Denn wenn die Oscars wirklich eine Bedeutung haben, dann die zeitlose Erinnerung an die Großen und die Kleinen, die dem Film ihr Leben verschrieben haben. Mit Angela Lansbury, Peter Bogdanovich, Anne Heche, Wolfgang Petersen u. a. sind auch 2022 wieder legendäre Academy-Mitglieder verstorben. Auf der Leinwand bleiben sie uns erhalten. Lenny Kravitz verabschiedet sie musikalisch im Rahmen der Zeremonie.

J wie Jimmy Kimmel

Der 55-jährige New Yorker darf heuer zum dritten Mal die Moderation übernehmen – ein Job, der sich grosso modo auf den komödiantischen Anfangsmonolog beschränkt. Kimmel wird vor allem daran gemessen werden, wie bösartig und selbstkritisch er die Witze ausfeuert. So böse wie Ricky Gervais bei den Golden Globes darf bei den ehrwürdigen Oscars aber leider kein Moderator sein. Und so intim wie im Corona-Jahr unter der Leitung von Steven Soderbergh, als nur wenige Stars in einem Wohnzimmerszenario an der Verleihung teilnahmen, wird die Show leider auch nicht mehr.

Felix Kammerer im neunfach nominierten Antikriegsfilm "Im Westen nichts Neues".
Foto: Reiner Bajo

K wie Krieg

Mit Leinwandkrieg ist Hollywood vertraut, Antikriegsfilme sind traditionell heißes Oscar-Material. Der Spitzenkandidat kommt heuer ausnahmsweise aus Deutschland: Im Westen nichts Neues ist sogar in der Hauptkategorie als bester Film nominiert. Aber wie reagieren, wenn ein echter Angriffskrieg in Europa ins zweite Jahr geht? Wolodymyr Selenskyj war im vergangenen Jahr gerngesehener Sprecher bei Filmfestivals, die Academy Awards zeigen ihm indes die kalte Schulter. Vielleicht verschafft die nominierte Doku Nawalny den Oscars ihren heurigen Solidaritätsmoment. Löwen-Gewinnerin Laura Poitras ist indes mit ihrer großartigen Opioidkrisen-Dokumentation All the Beauty and the Bloodshed weit näher an der sozialen Realität der USA.

Ö wie Österreich

Alle spekulierten über eine Auslands-Oscar-Nominierung für Corsage. Daraus wurde nichts. Der Austro-Star in Los Angeles* ist nun verdienterweise die Schnittmeisterin Monika Willi für Todd Fields Tár. Seit ihrer Arbeit an Michael Hanekes Amour ist sie stimmberechtigtes Mitglied der Academy. Bescheiden hält sie selbst einen Gewinn für unwahrscheinlich. Ihr Tipp ist Baz Luhrmanns Elvis. Doch wer weiß?

Monika Willi steht nicht gerne im Rampenlicht, derzeit lässt es sich aber nicht vermeiden. Die für den Oscar nominierte Tiroler Cutterin über Beruf, Macht und Familie.
DER STANDARD

Neben Willi sind mit Niki Waltl als Kameramann von Nawalny und dem jungen Burgschauspieler Felix Kammerer noch zwei weitere heimische Talente vertreten. Außerdem ist die Kostümbildnerin Julia Körner für ihre skulpturalen 3D-gedruckten Kostüme in Black Panther: Wakanda Forever nominiert.** Und dann gibt es ja auch noch Starkoch Wolfgang Puck, der die Galagäste verköstigt und auf den sich schon seit Jahren wunderbar der Austro-Patriotismus projizieren lässt.

Angela Bassett, die Favoritin der Nebendarstellerin-Kategorie, in einer Kreation der österreichischen Kostümbildnerin Julia Körner.
Foto: AP/2022 MARVEL

R wie "RRR"

RRR heißt der indische Blockbuster auf Netflix, der für verwunderte Begeisterungsstürme gesorgt hat. Nominiert ist er nur in der Kategorie bester Song für Naatu Naatu. Mit Rihannas Black-Panther-Song Lift Me Up hat er allerdings prominente Konkurrenz. Die Song-Einlagen bringen Abwechslung in die Preisverleihung. Der 90-jährige John Williams ist dagegen schon zum 53. Mal für die beste Filmmusik nominiert, diesmal für Spielbergs Die Fabelmans. Den Statuetten-Rekordhalter Walt Disney wird er aber wohl nicht mehr einholen.

S wie Social Media

Als die Nominierungen im Jänner bekanntgegeben wurden, wunderten sich viele, dass der kleine Independentfilm To Leslie sich in der Kategorie der besten Hauptdarstellerin qualifiziert hatte. Ganz ohne millionenschwere Oscar-Kampagne gelang das, weil das Filmteam um Hauptdarstellerin Andrea Riseborough viele Freundinnen in Hollywood hat, die sich via Social Media für die Britin aussprachen. Die erfolgreiche Graswurzelkampagne erhitzte dann aber manche Gemüter, da afroamerikanische Darstellerinnen wie Viola Davis und Danielle Deadwyler den Kürzeren zogen.

Noch eine Watschn auf der Bühne? Hoffentlich gibt es heuer schönere Überraschungen.
Foto: Reuters

W wie Watschn

Will Smith hat 2022 mit seinem toxischen Ausrutscher alles überlagert. Ein kaum verständlicher Witz über seine Frau Jada Pinkett Smith versetzte ihn zurück in seine Zeit als Prince of Bel Air. Insgeheim haben sich Show-Produzenten und die Regenbogenpresse wohl über die überraschende Einlage gefreut. Für Fernsehquoten und Titelseiten war die Entgleisung allemal gut. Auch wenn Will Smith jetzt Hausverbot im Dolby Theatre hat: Vielleicht schauen gerade wegen seiner Live-Watschn heuer mehr Leute zu – welche Überraschung uns diesmal wohl erwartet? Mit der Würdigung der Filme haben diese Nebengeräusche aber wenig zu tun. (Marian Wilhelm, Valerie Dirk, 12.3.2023)