Schon seit Monaten kam es zu Drohungen gegen die Grünen. Der Mann ist auf freiem Fuß.

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Graz – Seit Monaten bedrohte ein 49-jähriger Grazer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der steirischen und Grazer Grünen per E-Mail und auf Facebook. Nicht nur die gesamte Partei, sondern konkrete, einzelne Mitarbeiterinnen wurden mehrmals belästigt und eingeschüchtert. Zuletzt postete der Mann ein Video, in dem er mit einer – auch für die Polizei – täuschend echten Faustfeuerwaffe hantierte und davon sprach, dass man die Grünen "suizidieren" müsse.

Dies veranlasste die Cobra am Dienstag zu einem Einsatz mit mehreren Streifen am Grazer Wohnort des Mannes. Dort stellte man laut Polizeiaussendung eine "Soft-Air-Pistole aus Plastik" sicher, die er im Video verwendet habe. Es wurde ein Waffenverbot ausgesprochen und der Mann auf freiem Fuß angezeigt.

Partei im Homeoffice

Wie erst jetzt bekannt wurde, war der Verfassungsschutz schon im Dezember mit dem Fall befasst. Die Mitarbeiter der Grünen wichen nach einer Entscheidung der Landesparteigeschäftsführung aus Sicherheitsgründen sogar temporär ins Homeoffice aus. Die Partei hielt sich öffentlich mit einer Kommentierung des Falls zurück. Nachdem die Polizei am Mittwoch eine Presseaussendung ausschickte, in der nur die Rede von einer Partei war, die bedroht wurde, outete ein grüner Grazer Gemeinderat auf Twitter die Grünen für eine breitere Öffentlichkeit als Betroffene der Drohungen.

Der Grazer, der einen Doktortitel führt und sich selbst in seinen Videos als "rechtsliberal" und psychisch erkrankt bezeichnet, hat sich noch im Februar in E-Mails an die FPÖ, die dem STANDARD vorliegen, als FPÖ-Mitglied und rechtsextrem bezeichnet. Auch in diesen E-Mails geht es um Tiraden, diesmal gegen gegen lokale Medien und Klimaaktivisten. Auf Nachfrage bei der Landes-FPÖ, teilte deren Sprecher Stefan Hermann mit, dass der Mann "kein Mitglied der FPÖ ist und "niemals Funktionär der FPÖ war. Eine anderslautende Berichterstattung würde uns zu entsprechenden rechtlichen Maßnahmen zwingen".

Die ehemalige FPÖ-Politikerin und nunmehrige KFG-Stadträtin Claudia Schönbacher sagt, sie kenne den Mann, weil er sie im Büro aufgesucht habe und sie in E-Mails gegen ihren Willen in Kopie gesetzt habe: "Er hat behauptet, Parteimitglied der FPÖ zu sein, und hat nicht verstanden, dass ich nicht mehr Parteimitglied bin. Ich kann aber nicht überprüfen, ob er Mitglied war."

Vorläufiges Waffenverbot

Die Anzeige auf freiem Fuß erfolgte wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohung. Das Waffenverbot ist ein vorläufiges von vier Wochen. Alles weitere werde von der Staatsanwaltschaft geprüft, hieß es auf Anfrage des STANDARD bei der Landespolizeidirektion Steiermark.

Großen Eindruck dürfte der Cobra-Einsatz bei dem Mann nicht gemacht haben. Am Abend desselben Tages stellte er schon das nächste Video auf Facebook online.

In diesem rauscht er mit der Kamera auf seinen Tachometer gerichtet mit 90 Stundenkilometern durch eine 30er-Zone in Graz und richtet den Grünen aus, die seiner Meinung nach "Frauen diskriminieren und alle zwingen, vegan zu leben", wie "lächerlich" sie seien, weil sie ihm die Cobra geschickt hätten.

"Alles Heißläufer"

Ein vierwöchiges Waffenverbot werde er locker aushalten, er wolle ohnehin keine Waffen im Haus haben, denn: "Wir sind alle Heißläufer zu Hause." Den Grünen sagt er: "Beendet euer böses Spiel mit Österreich. Ihr werdet euch ins eigene Knie schießen wie immer." Gegen Ende des Videos bedankt sich der Mann bei der Polizei, dass der Einsatz "relativ reibungslos über die Bühne gegangen ist" und dass diese ihn unterstütze "im Kampf gegen Grün, eure Uniform ist blau".

Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt nun, der Sprecher der Behörde, Hansjörg Bacher, teilte dem STANDARD mit: "Aus den gesamten Umständen haben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Haftgrundes, insbesondere der Tatbegehungsgefahr, ergeben." Denn es habe – im Video – "keine konkreten Drohungen gegen bestimmte Personen gegeben, die Waffe hat sich als Air-Gun herausgestellt, und bei der Hausdurchsuchung haben sich zudem keine weiteren Waffen gefunden".

Zudem habe es ein Vorverfahren gegeben, "wo ein psychiatrisches Gutachten im Dezember 2022 eingeholt wurde", so Bacher, "damals kam der Psychiater zum Ergebnis, dass aktuell nicht von einer Gefährlichkeit auszugehen sei und er vermindert zurechnungsfähig ist". (Colette M. Schmidt, 10.3.2023)