Bald ist es zehn Jahre her: Am 23. August 2013 stand tatsächlich eine Gondel auf dem Wiener Kahlenberg. Eine moderne Gondel, wie man sie aus Skigebieten kennt. Sie wurde aber nur herangekarrt, um dort öffentlichkeitswirksam das Projekt einer Stadtseilbahn vorzustellen. Die privaten Pläne von Initiator Josef Bitzinger sahen eine Verbindung zwischen der U6-Station Neue Donau und dem Kahlenberg vor, unterstützt wurde das Vorhaben von der Wirtschaftskammer und dem Seilbahnhersteller Doppelmayr. Umgesetzt wurde es nie. Auch ein weiteres Gondelprojekt von einer U1-Station bei der Reichsbrücke hinauf auf den Wiener Hausberg versandete fast zeitgleich.

Im Herbst 2020 wollte die rot-pinke Stadtregierung ein Seilbahnprojekt prüfen. Geplant ist eine Verbindung zwischen Ottakring und Hütteldorf. Max Leschanz hat sich das genauer angesehen.
DER STANDARD

Neue Gondelträume

Nun werden neue Gondelträume publik – und diese sind ziemlich konkret. Initiator Hannes Dejaco möchte eine Seilbahn zwischen dem Bahnhof Heiligenstadt und dem Parkplatz auf dem Kahlenberg errichten. Hinauf soll über Umwege gegondelt werden: Zunächst soll die Seilbahn über die Donau zu den zwei nördlichen Stationen Jedlesee und Strebersdorf im Bezirk Floridsdorf führen – ehe es erneut über die Donauinsel sowie die Donau und dann bergwärts geht. Die Projektkosten: 70 Millionen Euro. Die Gesamtfahrzeit: knapp 20 Minuten. Für die 5,6 Kilometer lange Strecke sind 23 Stützen notwendig.

Bereits im August 2013 wurde eine Gondel auf den Kahlenberg gebracht, um für eine Seilbahn zu werben.
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Die Seilbahn soll vom Bahnhof Heiligenstadt zunächst über die Donau führen, ehe es zurück auf die andere Donauseite und dann auf den 484 Meter hohen Wiener Hausberg geht.
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Dejaco treibt das Projekt seit nunmehr zehn Jahren voran, wie er dem STANDARD erzählt. Im Juli 2013 stellte er es der Wiener Stadtbaudirektion vor. Nach mehreren Abänderungen liegt seit Mai 2022 eine Konzession zum Bau und Betrieb einer Seilbahn auf den Kahlenberg für die Dauer von 50 Jahren vor. Erteilt wurde diese in zweiter Instanz durch ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, wie auch das Verkehrsministerium auf Anfrage des STANDARD bestätigte. Das Ministerium selbst hatte 2020 noch einen negativen Bescheid ausgestellt – gegen den die Initiatoren des Seilbahnprojekts erfolgreich Beschwerde einlegten.

So stellen sich die Projektwerber die Bergstation Kahlenberg vor. Diese soll auf dem aktuellen Parkplatz errichtet werden.
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Gondeln in teils 55 Meter Höhe

Die städtische Gondelbahn mit vier Stationen soll nicht nur eine Touristenattraktion werden, sondern auch ein Mobilitätsangebot für Wienerinnen und Wiener schaffen, sagt Dejaco. Das Kernargument: Mit der Gondelbahn könnte der Autoverkehr hinauf auf den Kahlenberg um bis zu 50 Prozent verringert werden. Damit verbunden wäre ein Rückbau des großen Parkplatzes. Dejaco: "Da könnten 150 Stellplätze wegfallen."

Zudem wirbt der Betreiber damit, dass mit der Seilbahn eine direkte Verbindung zwischen der Talstation Heiligenstadt – mit Umstieg auf U4 und S-Bahn – sowie Floridsdorf am anderen Donauufer realisiert wird. Die erste Zwischenstation ist Donauinsel Nord bei Jedlesee. Danach geht es, ebenfalls auf der nördlichen Seite, zur Station Strebersdorf: Dort soll eine Park-and-ride-Anlage mit 630 Autostellplätzen zum Umstieg animieren. Außerdem ist eine Fahrradgarage mit 1.000 Boxen samt Infrastruktur auch für E-Bikes geplant. Hinauf zur Bergstation Kahlenberg geht es nochmals über die Donau: Die Zehner-Gondeln sollen dank mächtiger Stützen in einer Höhe von teils 55 Metern bergwärts schweben.

Der bestehende große Parkplatz auf dem Kahlenberg soll reduziert und begrünt werden.
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Laut Dejaco würde der Bau weder das Wasserschutzgebiet Donauinsel noch die Kernzone des Biosphärenparks Wienerwald berühren. Dennoch müssten drei Stützen im Nutzwaldgebiet des Kahlenbergs errichtet werden. Die Fällung von Bäumen für Rettungsschneisen sei aber nicht nötig. Verworfen wurde im Projektverlauf die Idee einer Station beim Kahlenberger Dorf.

Hinter dem Vorhaben steckt die Genial Tourismus- und Projektentwicklungs GmbH: Geschäftsführer Dejaco kommt nicht aus dem Seilbahn-Business, sondern er ist Eventmanager sowie Gastronom. In Wien veranstaltet er auch mehrere Weihnachtsmärkte wie jenen auf dem Stephansplatz. Auf dem Kahlenberg und dem nahen Leopoldsberg betreibt seine Firma den Waldseilpark, den Bogensportpark oder die Josefinenhütte. Die 70 Millionen Euro für das Projekt will er mit privaten Partnern stemmen, darunter eine Immobilienfirma und einer Holding. Mit dabei ist auch Bernhard Tschrepitsch, der Chef der Akademikerhilfe. Kooperationspartner ist der Seilbahnhersteller Leitner. Fragen nach den geplanten Kosten für ein Tagesticket oder für eine ermäßigte Mehrfachfahrten-Karte wollte Dejaco noch nicht beantworten.

Die Seilbahn soll beim Bahnhof Heiligenstadt starten. Im Bild zu sehen ist der Karl-Marx-Hof.
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Rot-Pink im Koalitionspakt dagegen

Bis zum Sommer will Dejaco die Unterlagen für das Baugenehmigungsverfahren einreichen. Als Ziel für die Umsetzung nennt der Geschäftsführer im besten Fall das Jahr 2025. Allerdings benötigt Dejaco neben weiteren Genehmigungen etwa zu Naturschutz auch die Unterstützung der Stadtregierung: Und diese blieb vorerst aus.

Rot-Pink sprach sich bisher gegen eine Kahlenbergbahn aus. Ein Sprecher von Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) sagte zum STANDARD: "Ein Seilbahnprojekt der Stadt auf den Kahlenberg wurde im Regierungsprogramm explizit ausgeschlossen." Auch ein privates Projekt werde nicht unterstützt.

Der pinke Juniorpartner sieht das mit der Vereinbarung im Koalitionspakt von 2020 hingegen nicht ganz so strikt. Die Neos begrüßen "grundsätzlich Seilbahnen als Teil eines urbanen Mobilitätskonzeptes. Beim angestrebten Projekt in Döbling gilt es, diverse Interessenslagen zu berücksichtigen. Es sind einige Verfahren offen, deren Ergebnisse abzuwarten sind", heißt es in einer Stellungnahme von Neos-Wien-Klubobfrau Bettina Emmerling.

Verfolgt wird auf Initiative der Neos das Vorhaben einer Stadtseilbahn zwischen Hütteldorf und Ottakring mit sieben Stationen. Eine Machbarkeitsstudie ist beauftragt, sagte ein Sima-Sprecher. "Sobald Ergebnisse vorliegen, können wir mehr zu den Details sagen." (David Krutzler, 14.3.2023)