Die Hälfte der Verdächtigen wegen "Pornografischer Darstellung Minderjähriger" ist selbst noch nicht erwachsen. In Relation zu den Anzeigen kommen Schuldsprüche vor Gericht aber selten vor.

Foto: AP

Die Zahlen aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik muten aufs Erste geradezu paradox an. Von rund 2100 Personen, gegen die im Vorjahr als Verdächtige wegen des Straftatbestands der "Pornografischen Darstellung Minderjähriger" ermittelt wurde, war die Hälfte selbst minderjährig – Tendenz rapide steigend.

Denn der Paragraf erfasst auch Vorgänge, die mit dem klassischen Täterbild eines pädophilen Erwachsenen, der Kindesmissbrauchsvideos konsumiert, wenig zu tun haben. Etwa den 15-Jährigen, der von seiner unmündigen 13-jährigen Freundin geschickte Fotos von deren Intimbereich am Handy abspeichert. Wenn ein 16-jähriges Pärchen beim einvernehmlichen Sexting Penisbilder austauscht, ist das hingegen an sich legal. Doch wenn die Fotos – beispielsweise aus Wut über eine Trennung – später an Dritte weitergeschickt werden, ist das ebenso strafbar.

In der Diskussion zu bedenken: Verurteilungen aufgrund von Sexualdelikten bleiben lange im Strafregister und sind für manche Jobbewerbungen tabu. Könnte die nun von der Regierung angekündigte Verschärfung des Paragrafen dann massenweise Jugendliche treffen, deren Taten vergleichsweise harmlos scheinen?

Keine strengere Handhabung vorgesehen

Ein Blick in die Verfahrensstatistik, die das Justizministerium dem STANDARD übermittelt hat, relativiert dieses Szenario: Denn obwohl auch hier die Zahlen über die Zeit erheblich stiegen, führen Ermittlungen gegen Teenager nur selten tatsächlich zu Verurteilungen. Unter 14-Jährige sind ohnehin nicht strafbar, und auch bei den älteren Verdächtigen sind Schuldsprüche prozentuell rar: 55 Jugendliche wurden 2022 verurteilt, in den meisten Fällen kommt es nicht einmal zu einer Anklage, sondern das Verfahren wird eingestellt. Auch Diversionen, die nicht im Strafregister aufscheinen, werden regelmäßig gewährt.

Dabei soll es auch bleiben, wie das grün geführte Ministerium erklärt. Beim anstehenden Gesetzespaket würden sich Verschärfungen nicht auf weniger schwere Fälle mit jugendlichen Tätern beziehen, damit diese "in Zukunft in der Praxis so gehandhabt werden können wie bisher und nicht strenger". (ta, 11.3.2023)