Chinas Außenminister Wang Yi (Mitte), Irans Vertreter Ali Shamkhani und der saudische Nationale Sicherheitsberater Musaad bin Mohammed Al Aiban posieren für ein Foto in Peking Ende vergangener Woche.

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Was zunächst nach einer außenpolitischen Fußnote klingt, ist für Peking ein großer diplomatischer Erfolg und könnte die Bedeutung Chinas in einer der wichtigsten Regionen der Welt deutlich erhöhen. Der Iran und Saudi-Arabien haben am Freitag bekannt gegeben, wieder gegenseitig diplomatische Vertretungen zu eröffnen. Teheran gab außerdem bekannt, die Angriffe auf mit Saudi-Arabien verbündeten Truppen im Jemen einzustellen. Der Deal sei auf Vermittlung Chinas zustande gekommen.

Saudi-Arabien und der Iran hatten die diplomatischen Beziehungen vor sieben Jahren abgebrochen. Auslöser für den Streit war die Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien, was zu großen Protesten im Iran geführt hatte. Der Antagonismus der beiden Regionalmächte aber sitzt wesentlich tiefer: Der schiitische Iran gilt als Erzfeind Washingtons und unterstützt schiitische Gruppierungen in Syrien, Irak und im Jemen. Das sunnitische Saudi-Arabien hingegen ist einer der engsten Verbündeten der USA. Beide Staaten führen seit Jahren einen Stellvertreter-Krieg im Jemen, der bisher mindestens 400.000 Menschen das Leben gekostet hat.

China füllt Lücke aus

Dass es nun chinesischen Diplomaten gelungen ist, in dem Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien zu vermitteln, verdeutlicht auch den schwindenden Einfluss der USA in der Region. Der Iran ist zwar international weitgehend isoliert, unterhält aber weiterhin Wirtschaftsbeziehungen zu Russland und China. Während der westlichen Sanktionen sind eine Vielzahl von chinesischen Unternehmen in die Lücke gesprungen. Auch ist China der wichtigste Käufer von iranischem Öl.

Das gilt ebenso für Saudi-Arabien: Längst geht der größte Teil der Erdöl-Exporte nach China. Erst im vergangenen Dezember war der chinesische Präsident Xi Jinping persönlich nach Saudi-Arabien gereist. Dort vereinbarte man unter anderem, künftig saudisches Öl direkt an der Schanghaier Börse in chinesischen Yuan abzurechnen.

China will US-Dollar als Leitwährung schwächen

Dahinter steckt auch ein langfristiges geopolitisches Ziel Pekings: die globale Bedeutung des US-Dollars als Leitwährung zu schwächen. Seit den 1970er-Jahren wird Erdöl von Saudi-Arabien und anderen führenden Erdöl-Exporteuren nahezu ausschließlich in US-Dollar abgerechnet. Dies hat einerseits zur Folge, dass alle Staaten ständig Dollar benötigen, um Erdöl zu kaufen. Durch die stets hohe globale Nachfrage nach US-Dollar können sich die USA weitaus höher verschulden als andere Staaten, ohne dass die Währung dadurch stark nachgeben würde. Saudi-Arabien erhielt dafür militärischen Schutz von den USA, was sich besonders während des Irak-Kriegs auszahlte.

Mittlerweile aber haben sich die Gleichgewichte verschoben. China produziert wesentlich mehr Güter als die USA und importiert immer mehr Öl vom Golf. Die USA unter Präsident Joe Biden dagegen setzen vermehrt auf regenerative Energien und lassen die Scheichs diesen Bedeutungsverlust auch spüren. Zuletzt war es im Zuges des Ukrainekriegs zu Unstimmigkeiten zwischen Riad und Washington gekommen. Biden hatte von der OPEC erfolglos gefordert, die Fördermenge zu erhöhen, um den Preis für Erdöl zu drücken.

Die diplomatische Lücke, die sich zwischen den beiden Verbündeten auftut, nutzt Peking. Ob die Bemühungen allerdings ausreichen, den tief sitzenden Antagonismus zwischen Iran und Saudi-Arabien zu überwinden, bleibt fraglich. Peking dagegen kommt das Abkommen gelegen, um sich international als "Vermittler" zu geben. Der kürzlich veröffentlichte Friedensplan für die Ukraine war im Westen weitgehend abgelehnt worden. (Philipp Mattheis, 12.3.2023)