Xi Jinpings Vertrauter Li Qiang (rechts) ist Chinas neuer Ministerpräsident.

Foto: EPA/Mark Cristino

Wenn es ums Regieren geht, ist Li Qiang ein Lehrling. Denn Chinas neuer Premierminister hat noch nie ein Ministeramt ausgeübt. Dass das kein Hindernis für seine Beförderung war, sagt viel über den Zustand der Volksrepublik aus. Viel wichtiger ist seine langjährige Loyalität gegenüber jenem Mann, der seine Macht in Peking nun einzementiert hat.

Xi Jinping hat soeben seine dritte Amtszeit als Präsident angetreten und alle Schlüsselpositionen des politischen Apparats mit seinen Getreuen besetzt. Er hat sogar seine "Xi-Gedanken" in die Verfassung schreiben lassen. Wie viel Platz kann für Li in diesem politischen System dann noch bleiben? Der Rahmen ist in der Tat beschränkt. Doch eben seine Nähe zu Xi gibt dem 63-jährigen Parteikarrieristen auch Handlungsspielraum.

Li wurde in Zhejiang an Chinas Ostküste geboren. Er studierte hier Ende der 1970er-Jahre Landwirtschaft. Danach startete er in seiner Heimatprovinz seine Karriere in der Partei – zu einer Zeit, als Chinas Reformpolitik unter Deng Xiaoping gerade einsetzte.

Dort setzte ihn der damalige Provinzgouverneur 2004 als Stabschef ein;_und dieser hieß Xi Jinping. In dieser Zeit entstand das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden. 2013 – Xi war längst Präsident – wurde Li selbst Gouverneur von Zhejiang, 2016 dann Parteisekretär in Jiangsu. Er galt damals als pragmatisch, umgänglich und wirtschaftsfreundlich. Seine Tochter soll er zum Studium nach Aus tralien geschickt haben.

Covid-Lockdowns in Schanghai

2017 wurde Li nach Schanghai gerufen, wo er als Parteisekretär auch für die Covid-Politik verantwortlich war und so weltweite Bekanntheit erlangte: Der strikte Lockdown trieb die Bewohner der Millionenmetropole über Wochen zur Verzweiflung und schließlich sogar zu Protesten.

Spekuliert wurde damals, dass ihm diese Entwicklung politisch das Genick brechen könnte. Das Gegenteil war der Fall: Sein Wille, Xis Wünsche mit größter Härte umzusetzen, brachte ihn noch näher ans Zentrum der Macht.

Am vergangenen Wochenende wurde Li beim Volkskongress zum Premier ernannt. Er löst Li Keqiang ab, der einst als Rivale Xis galt. Als Nummer zwei Chinas ist der neue Li vor allem für die Wirtschaftspolitik verantwortlich – und damit für den Bereich mit den derzeit größten Herausforderungen. Auch dort hängt Lis Autorität von seiner Nähe zu Xi ab. Bei Misserfolgen kann jener dann die Schuld auf seinen treuen Vasallen schieben. (Anna Sawerthal, 12.3.2023)