Gary Lineker war Schützenkönig der WM 1986 in Mexiko.

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London – Lange bevor Gary Lineker durch einen Tweet zu Großbritanniens Zankapfel wurde und das Fußballprogramm der BBC zum Zerbröseln brachte, war er als Fußballer ein Volltreffer. Der Offensivspieler drückte dem englischen Fußball in den 1980er-Jahren den Stempel auf, verabsäumte es aber, sich irgendwo bei den ganz Großen, den Legenden, einzureihen. So richtig eingeschlagen hat der Sohn eines Gemüsehändlers aber als TV-Moderator. Seitdem der heute 62-Jährige nach seiner Karriere über die TV-Bildschirme Großbritanniens flimmert, ist Lineker unmittelbar mit der Fußballöffentlichkeit auf der Insel verbunden. Aus den Füßen der Nation wurden das Gesicht und die Stimme.

Aber der Reihe nach: Gary Winston Lineker wurde am 30. November 1960 in der englischen Stadt Leicester, Grafschaft Leicestershire, East Midlands, geboren. Der örtliche Fußballklub Leicester City wird auch die "Foxes" genannt, Lineker lernte dort das Kicken, schaffte es 1978 ins Profiteam. In 194 Partien für die Füchse erzielte er 95 Tore, er wurde zum Publikumsliebling und schnell zur Vereinsikone. Bei allem Respekt gegenüber seinem Heimatklub war der 177 Zentimeter hohe Stürmer aber zu Größerem berufen. Lineker wechselte 1985 zum damaligen Meister Everton, wurde mit den "Toffees" Vizemeister hinter dem FC Liverpool und Torschützenkönig.

Mit Englands Nationalteam durfte sich Lineker bei der WM in Mexiko beweisen – und wurde den Erwartungen vorerst nicht gerecht: In den ersten beiden Partien (0:1 gegen Portugal und 0:0 gegen Marokko) spielte der Stürmer durch, lahmte aber wie der Rest der "Three Lions". Dann drehte Lineker auf, wurde mit sechs Treffern Torschützenkönig des Turniers, das England schon im Viertelfinale verlor – durch Diego Maradona und also die "Hand Gottes".

Vom Platz in die Kiste

1986 wechselte Lineker zum FC Barcelona. Nach drei Jahren in Spanien, einer Rückkehr nach England und dem Ausklang in Japan beendete er 1994 seine Karriere, während deren er keine einzige gelbe oder rote Karte kassiert hatte. Schon 1990 deutete der Engländer an, dass er nicht nur trickreich, sondern auch wortgewandt ist: "Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen."

Lineker blieb dem Fußball erhalten. Und wie: Zunächst nur als Experte engagiert, wurde er 1999 Hauptmoderator der wichtigsten Fußballsendung des Landes Match of the Day bei der öffentlich-rechtlichen BBC, durch die er fachkundig und mit Charme geleitete. Und mit Schmäh: 2015 verkündete er, die erste Sendung der Saison in Unterhosen zu moderieren, sollte Leicester Meister werden. Im August stand er nur in weißen Shorts im TV-Studio und damit vor einem Millionenpublikum. (Andreas Hagenauer, 12.3.2023)