Für die Austria gab es in Graz nichts zu ernten.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Sturm hätte durchaus auch höher gewinnen können.

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Graz – Sturm Graz hat der Austria die Grenzen aufgezeigt. Die über weite Strecken wie aus einem Guss attackierende Elf von Christian Ilzer belohnte sich am Sonntag mit einem 3:1-Heimerfolg, der für die Wiener sogar ein wenig schmeichelhaft war. Die Austria steuert auf eine spannendes Finish im Rennen um das Ticket für die Meistergruppe zu, in dem ausgerechnet Rapid den Gegner gibt. Außerdem werden die Violetten nun Sturm mehr denn je die Daumen drücken.

Die Grazer gastieren kommenden Sonntag in Innsbruck. Die WSG Tirol müsste gegen die Steirer gewinnen, um die Austria noch vom sechsten Platz zu verdrängen. Das direkte Duell haben die Violetten (29 Punkte) gegen die Wattener (28) für sich entschieden. Um die Meistergruppe aus eigener Kraft zu erreichen, muss die Austria ihrerseits gegen Rapid gewinnen. Der Stadtrivale ist seit Sonntag bereits fix oben dabei.

Während beim Gegner eine erste Aufarbeitung einer missglückten Reise anstand, konnten die Grazer den Besuch in einer Brauerei am Montag entspannter angehen. Emanuel Emegha fand seinen Torriecher und belohnte sich im Doppelpack, ein Elfer von Manprit Sarkaria besorgte die Entscheidung. 7:1 Schüsse aufs gegnerische Tor zugunsten von Sturm spiegelten auch statistisch das Kräfteverhältnis wider. "Das war eine der besten Leistungen in dieser Saison", meinte Sturms Abwehrchef Gregory Wüthrich. Reinhold Ranftl schnaufte hingegen durch. "Sie hätten auch sieben oder acht Tore machen können", sagte der bei Sturm ausgebildete Austrianer.

Wenig Licht für Violett

Die Hausherren legten vor voller Kulisse forsch los, pressten den Gegner früh an und ließen nicht locker. Das 1:1 durch Haris Tabakovic war so etwas wie ein Schönheitsfehler. Es sollte der erste und schlussendlich einzige Schuss aufs Grazer Gehäuse bleiben. "Es hätte nach der ersten Halbzeit schon 4:0 stehen können", betonte Emegha. Nach Seitenwechsel keimte bei den Wienern kurz Hoffnung auf, die violette Eigenfehlerquote war unter dem schwarz-weißen Dauerdruck aber deutlich zu hoch. Auch bei den Gegentoren zwei und drei war die Defensive der Austria überfordert.

"Wir müssen gegen Klasseteams mutig verteidigen, gegen einen Gegner mit diesem Niveau werden Fehler aber sofort bestraft", analysierte Austria-Trainer Michael Wimmer das Gesehene. In Graz gab es so etwas wie einen "Reality check" für sein Team. Selbst ins Pressing kam die Austria kaum, im Spielaufbau fehlte Ruhe und vorne war Tabakovic oft alleine auf weiter Flur. Man wisse, dass man aus den Fehler lernen müsse, lautete eine Schlussfolgerung von Wimmer. "Die Meisterrunde ist das Ziel, aber wir haben heute auch gesehen, dass noch viel Arbeit auf uns wartet", war eine andere.

Von den Austria-Profis gab es Selbstkritik zu hören. "Wir wollten mutig auftreten, haben uns aber 60 Minuten die Schneid abkaufen lassen", meinte Manfred Fischer. Ranftl hielt es wie sein Trainer, der Flügelspieler sprach von "internationalem Topniveau", das Sturm gezeigt habe. "Da haben wir noch einen weiten Weg dorthin." Was Ranftl noch dazu traurig stimmte: nach der fünften Gelben Karte der Saison wird er gegen Rapid fehlen.

Die Austria muss hoffen, dass zuletzt verletzte oder erkrankte Akteure wieder dabei sind. Dominik Fitz kam in Graz zumindest schon auf rund zehn Minuten Einsatzzeit. Auch der geschonte Matthias Braunöder – er kam beim Stand von 1:3 aufs Feld – sollte wieder dabei sein. Inwiefern die Austrianer im Derby unter Druck stehen, wollte Wimmer nicht beurteilen. "Druck ist im Fußball immer da", stellte der Deutsche fest.

Sturm werden die Favoritner vorerst die Daumen drücken. Holen die Grazer gegen die WSG Tirol auch nur einen Punkt, ist die Austria fix durch. Laut Tabelle sollte Sturm auf zumindest diesen auch aus sein. Mit 45 Zählern würde der Vizemeister nach der Punktehalbierung aktuell einen Zähler verlieren, der in der Endabrechnung wichtig sein könnte. Am Respektabstand von neun Zählern auf Salzburg hat sich nach der vorletzten Runde nichts verändert. Mit der Halbierung werden aber auch die Top zwei der Tabelle wieder näher zusammenrücken.

Hoffen auf das Unwahrscheinliche

Für Ilzer ist das Rennen mit Salzburg nur ein mediales Thema. Dabei sieht er sein Team für Größeres bereit. "Wir haben einen Punkteschnitt, mit dem du in vielen Ligen ganz vorne wärst, aber wir haben halt Salzburg", sagte Ilzer am Sonntag. 2,6 Zähler macht der Serienmeister in dieser Saison im Schnitt. "Nach wie vor meint man, Salzburg ist heuer nicht so stark. Aber so einen Schnitt hatten sie noch nie", hielt Sturms Coach fest. Man wolle aber "da sein, sollten sie Schwächen zeigen", sagte Ilzer wieder einmal.

Angesichts der Kaderbreite scheint Sturm für eine starke Meistergruppe gewappnet. Otar Kiteishvili, Jakob Jantscher, Albian Ajeti oder William Böving sollten in der Länderspielpause wieder retour kommen. Ilzer kündigte vorab an, dass sich jeder "in die Mannschaft arbeiten" müsse. "Sie wissen, wer hinein will, muss ans Limit gehen. Wir wollen in der entscheidenden Phase top performen." (APA, 13.3.2023)