Actionstar und Stehauffrau: Michelle Yeoh erhielt den Oscar auch als Belohnung für ihre Beharrlichkeit.

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"Für all die kleinen Buben und Mädchen, die wie ich aussehen und heute Abend zusehen: Das ist ein Signal der Hoffnung und der Möglichkeiten." Sichtlich gerührt stand Michelle Yeoh (60), die Grand Dame des Actionkinos, auf der Bühne und empfing ihren ersten Oscar als beste Hauptdarstellerin für Everything Everywhere All at Once.

Asiatisches Kino ist stark im Kommen, wie die letzten Jahre zeigen
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Dass ihr der Oscar neben Vorjahressiegerin Jessica Chastain auch von Halle Berry überreicht wurde, ist kein Zufall. Nach Berry ist Yeoh erst die zweite Person of Color und die erste Asiatin, die in dieser Kategorie gewinnt. Repräsentation ist ihr wichtig. Diese Anliegen hatte Yeoh schon während der Oscar-Kampagne zur Sprache gebracht. Doch nicht nur als Mitglied einer Minderheit musste Yeoh ihren Platz erkämpfen – sondern auch als Frau im Actionkino.

Mit Rückenverletzung zum Kino

Es war eine Rückenverletzung, die Yeoh überhaupt zum Film brachte. 1962 in eine chinesisch-malaysische Familie geboren, wollte sie Ballerina werden. In London studierte sie an der Royal Academy of Dance, bis ihre Verletzung sie zwang abzubrechen. Ihre Martial-Arts-Kämpfe nähren sich bis heute aus ihrer tänzerischen Grazie. Nach ihrer Rückkehr nach Malaysia gewann Yeoh 1983 den Titel der Miss World Malaysia. Ihre erste Filmrolle übernahm sie 1984 in The Owl vs. Bumbo, wo Yeoh noch die Frau in Not spielte. Nach einem Jahr harten Trainings spielte sie die Hauptrolle in dem Kung-Fu-Film In the Line of Duty – Ultra Force 2. Die Ehe mit Dickson Poon scheitere 1991 an Kinderlosigkeit. Seit Jahren ist Yeoh nunmehr mit dem Motorsportfunktionär Jean Todt liiert,

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Über die nächsten Jahre etablierte Yeoh sich als Star des Hong-Kong-Actionkinos. Einer ihrer größten Hits war 1992 Police Story 3 mit Jackie Chan. Ein weiteres Mal ging Yeoh der Filmwelt fast verloren, als sie sich 1996 bei Dreharbeiten erneut verletzte. Erst US-Regisseur Quentin Tarantino, der an ihr Krankenbett eilte, konnte sie zum Weitermachen überreden. Der Hollywood-Durchbruch gelang Yeoh 1997 als Bond-Girl in Der Morgen stirbt nie. Die darauffolgenden Rollenangebote waren jedoch mager – Yeoh kehrte erst 2000 mit Ang Lees Tiger und Dragon in die amerikanischen Kinos zurück.

Jahrzehntelange Beharrlichkeit

Ihre jahrzehntelange Beharrlichkeit hat sich nun bezahlt gemacht. Mit der Verschiebung des kulturellen Diskurses in Richtung vermehrter Diversität hat auch Yeohs Karriere in Hollywood Fahrt aufgenommen. In Crazy Rich spielte sie Henry Goldings Mutter, dazu kamen zwei Marvel-Cinematic-Universe-Filme, das Prequel zu The Witcher und die ersten Staffeln Star Trek: Discovery.

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Aber es ist Everything Everywhere All at Once, der Yeohs Starpower zementierte. Eine Rolle, die an ihren langjährigen Co-Star Jackie Chan hätte gehen sollen. Dass sie für sie umgeschrieben wurde, ist für Yeoh ein wichtiges Statement. Denn wo Männer noch bis in ihre 70er die Superhelden spielen, ergibt sich diese Möglichkeit für Frauen seltener. Und so war die letzte wichtige Botschaft Yeohs passenderweise eine der Resilienz. "Meine Damen, lasst euch nie sagen, dass eure Blütezeit vorbei ist. Gebt niemals auf!" (Susanne Gottlieb, 13.3.2022)