Seit etwas mehr als einem Jahr gibt es nun schon die neu geschaffene Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst. Die Reform der Zentrale mit Sitz am Wiener Rennweg ist damit auf Kurs. Nun sind die Ämter in den Bundesländern an der Reihe. Zunächst bekommen sie einmal einen neuen, nicht weniger sperrigen Namen verpasst: Aus den Landesämtern für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) werden die Landesämter für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE).

Aber auch inhaltlich soll sich etwas ändern. Die Ämter in den Bundesländern sollen nur noch für den Staatsschutz zuständig sein. Es gehe dabei um den vorbeugenden Schutz vor verfassungsfeindlichen Angriffen. Der nachrichtendienstliche Teil obliegt der Staatsschutzzentrale in Wien. In der Praxis heißt das, dass etwa uniformierte Polizistinnen und Polizisten, die in den Regionen und Bezirken auf Extremisten aufmerksam werden, diese mit den gesammelten Erkenntnissen zu diversen Phänomen gezielter abgleichen können sollen.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) nannte das vor Journalisten "Staatsschutzsensoren", die als "Augen und Ohren" in allen Teilen des Landes Informationen "rasch" an die Ermittlungsbehörden liefern sollen. Das sei aufgrund der gegenwärtigen Bedrohungslage notwendig, führte Karner aus.

Zugriff auf geheime Smartphone-Apps? Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) erteilte der Idee seines Staatsschutzchefs zumindest keine Absage.
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In Österreich seien 50 bis 60 davon dem radikalen Islamismus zuzurechnen, wie Staatsschutzchef Omar Haijawi-Pirchner auch unlängst im STANDARD ausgeführt hatte. Der Anteil der Rechtsextremisten sei in etwa gleich hoch, erläuterte Haijawi-Pirchner. Bei beiden Gruppen müsse man von einer "konkreten Anschlagsplanung" in Europa ausgehen. "Wir reden hier nicht von einer konkreten Gefahr für Österreich." Man beobachte aber durchaus Islamisten, die konspirativ nach Europa reisen und Pläne schmieden würden. Unter anderem seien IS-Rückkehrer, die in den Jahren 2013 und 2014 nach Syrien und in den Irak ausgereist sind, eine potentielle Gefahr.

Allein im rechtsextremistischen Bereich wurden im Vorjahr 660 Personen angezeigt, mehr als 100 Hausdurchsuchungen durchgeführt und 37 Festnahmen vollzogen, verwies Karner auf aktuelle Zahlen.

Damit die Beamtinnen und Beamten extremistische Phänomene – etwa in der Symbolik – besser erkennen können, soll es regelmäßige Fortbildungen geben. Ein zentraler Punkt der Reform sei laut Karner aber die Präventionsarbeit gegen Extremismus. Eine Aufgabe der Beamten sei es also, etwa mit Vorträgen in Schulen und Vereinen unterwegs zu sein. Heuer sollen bereits 80 sogenannte "Präventionsbeamte" per Lehrgang ausgebildet werden.

Davon abgesehen werden in allen Landesämtern auch eigene Abteilungen etwa für Internetkriminalität eingerichtet . Ein Bereich, der statistisch stetig im Steigen begriffen ist. Aber auch der Extremismus spielt im Internet eine wesentliche Rolle. Für all das das soll auch mehr Personal bereitgestellt werden. Ein Teil der 4.200 zusätzlichen Planstellen für das Innenministerium sei dafür vorgesehen.

Ein Thema der Pressekonferenz war auch eine Forderung, die Haijawi-Pirchner in einem Interview mit dem STANDARD angestoßen hatte. Da mahnte der Staatsschutzchef mehr Befugnisse ein, um die geheime Kommunikation von Gefährdern via Apps ausforschen zu können. "Wir können Netzwerke gut beobachten, aber uns fehlt der letzte Schritt – worüber sich Gefährder unterhalten."

Laut Karner ist es ein Teil des türkis-grünen Regierungsprogramms, darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten der Staatsschutz benötige, um besser ermitteln zu können. Da sei man im Abstimmung mit den Grünen. "Es wird aber noch Gespräche brauchen", sagte Karner. Vom Juniorpartner kam dazu bisher allerdings eine scharfe Absage für eine "anlasslose Massenüberwachung von Handynutzer:innen mittels Chatkontrolle", wie es hieß. (Jan Michael Marchart, 14.3.2023)