Das Wichtigste zuerst: Niemand muss sich fürchten. Seit die Nasa in einem Tweet über einen neuen Asteroiden berichtet hat, macht ein Einschlagsszenario für den Valentinstag in 23 Jahren die Runde. Es bestehe die "sehr kleine Möglichkeit", dass der Brocken 2046 auf der Erde einschlagen könnte, verkündete die US-Raumfahrtbehörde.

Die bisher verfügbaren Fakten freilich sprechen gegen einen akuten Anlass zur Sorge: Der Asteroid 2023 DW war am 26. Februar 2023 von den beiden Astronomen Georges Attard und Alain Maury mit robotischen Teleskopen in San Pedro de Atacama entdeckt worden. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich rund zehn Millionen Kilometer von der Erde entfernt und flog von uns weg.

Sein Herannahen – und das ist vielleicht noch das Beunruhigendste an der Geschichte – war den Himmelsbeobachtern völlig entgangen. Das lag vor allem daran, dass sich 2023 DW von der Sonne her näherte. Den sonnennächsten Punkt seiner Umlaufbahn (Perihel) hatte er am 26. November 2022 erreicht. Am 18. Februar 2023 zog er in einer Entfernung von etwa 8,7 Millionen Kilometern an der Erde vorbei.

Nach den Beobachtungen handelt es sich bei 2023 DW um einen erdnahen Asteroiden der Aten-Gruppe mit einem Durchmesser von rund 50 Metern. Das bedeutet, der sonnennächste Punkt seiner Umlaufbahn liegt innerhalb der Erdbahn, der sonnenfernste jedoch außerhalb. Solche Erdbahnkreuzer können zumindest theoretisch mit der Erde zusammentreffen.

Unwahrscheinliches Zusammentreffen

Das trifft zwar auch auf den neu entdeckten Asteroiden zu, sehr wahrscheinlich ist ein solches Szenario aber nicht: Die genaue Flugbahn des Asteroiden ist auf Basis der bisherigen Messungen noch nicht mit absoluter Sicherheit vorherzusagen, doch eine gewisse Vorstellung hat man bereits. So dürfte 2023 DW die Sonne einmal in 271 Tagen umkreisen und der Erde dabei in den kommenden beiden Jahrzehnten weitgehend fern bleiben. Die nächste für uns relevante Annäherung ereignet sich erst am 14. Februar 2046.

Die Nasa-Illustration gibt freilich ein Fantasiegebilde wider. Abgesehen von seiner ungefähren Größe, weiß man noch recht wenig über das Aussehen von 2023 DW.
Illustr.: Nasa

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erde dabei getroffen wird, ist zwar äußerst gering, aber immerhin höher als in den Jahren davor: Laut Esa ist die Chance für eine Kollision mit 2023 DW im Jahr 2046 etwa eins zu 625 oder 0,16 Prozent. Dieser Wert, vor allem aber die noch bestehenden Lücken in den Daten zur Umlaufbahn qualifizieren den Asteroiden für einen Spitzenplatz auf der elfteiligen Torino-Skala (0–10): Aktuell ist er auf dieser Messlatte für Einschlagsgefahr der einzige Kandidat der Stufe 1, wobei 0 keine Gefahr bedeutet und 10 der sichere Untergang.

Weiter unter Beobachtung

Auf der zweiten wichtigen Near-Earth-Gefahrenskala, der Palermo-Skala, steht 2023 DW bei -2,18. Das bedeutet, dass die Einschlagswahrscheinlichkeit für dieses Datum 151-mal geringer ist als die durchschnittliche Hintergrundgefährdung durch Asteroiden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich ein Gefahrenpotenzial mit schwindenden Unklarheiten bei den Bahndaten verringert, das wird wohl auch bei 2023 DW zutreffen

"Wenn neue Objekte zum ersten Mal beobachtet werden, braucht es oft mehrere Wochen an Daten, um die Unsicherheiten zu reduzieren und ihre Umlaufbahnen für die nächsten Jahre angemessen vorherzusagen", erklärte die Nasa. Die Forschenden wollen 2023 DW jedenfalls vorerst nicht aus den Augen lassen.

Vor zehn Jahren

Und was, wenn doch ...? Welche Folgen ein theoretischer Treffer durch den 50-Meter-Brocken haben könnte, lässt sich zurzeit kaum vorhersagen. Zu viele Faktoren wie Geschwindigkeit, Einschlagswinkel und Zusammensetzung des Asteroiden spielen dabei eine Rolle, und die wenigsten davon sind bereits bekannt.

Eine gewissen Vorstellung könnte der Meteor von Tscheljabinsk liefern: Am 15. Februar 2013 explodierte 30 Kilometer über der russischen Stadt Tscheljabinsk ein Asteroid mit einem Durchmesser von rund 25 Metern. Damals richtete der größte bekannte Meteor seit mehr als 100 Jahren Schäden an über 3.000 Gebäuden an. 1.500 Personen wurden bei dem Ereignis verletzt, hauptsächlich durch umherfliegendes Glas. (tberg, 14.3.2023)