Für die Verkehrsminister von Italien und Deutschland ist das völlige Aus von Verbrennungsmotoren keine Option.

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In der EU formiert sich eine Allianz gegen das völlige Verbot von Verbrennungsmotoren. Am Montag trafen sich EU-Verkehrsminister aus Deutschland, Italien und einigen osteuropäischen Staaten auf Einladung Tschechiens in Straßburg, um das Verbrenner-Aus zu diskutieren. Man brauche jetzt eine Antwort darauf, wie klimaneutrale Autos technologieoffen weiterbetrieben werden können, sagte der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) nach dem Treffen. Er fordert eine eigene Kategorie von Verbrenner-Autos, die mit synthetischen, klimaneutralen Treibstoffen – sogenannten E-Fuels – betrieben werden und auch nach 2035 zugelassen werden dürfen.

Diese Treibstoffe bestehen wie heute aus Benzin oder Diesel, werden aber nicht aus Erdöl, sondern synthetisch unter Verwendung von CO2, Wasserstoff und emissionsneutralem Strom produziert. Da die Herstellung aber äußerst energieintensiv ist, sind mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge laut dem deutschen Umweltbundesamt sechsmal weniger effizient als Elektroautos. Deshalb geht die vorherrschende Meinung in die Richtung, E-Fuels für jene Bereiche zu reservieren, in denen eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist, wie zum Beispiel den Flugverkehr.

Mehrheitsbeschluss gefährdet

Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, der bereits vom EU-Parlament beschlossen wurde, könnte durch die neue Allianz aufgehalten werden. Denn das Verbot muss von den Umweltministern von 15 der 27 Mitgliedsstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen, bestätigt werden. Nachdem neben Deutschland auch Italien, Polen und Bulgarien Vorbehalte geäußert hatten, wurde die Abstimmung Anfang März jedoch verschoben.

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Nun hat auch die tschechische Regierung, die den Beschlusstext während ihrer Ratspräsidentschaft 2022 organisiert hatte, ihre Ja-Stimme widerrufen. "Wir werden die Begrenzung von Verbrennungsmotoren nach 2035 nicht unterstützen, es sei denn, es gibt eine klare und verbindliche Ausnahmeregelung für synthetische Kraftstoffe", schrieb Verkehrsminister Martin Kupka auf Twitter.

Know-how der Autoindustrie

Die Gründe für die Bedenken der Länder sehen höchst unterschiedlich aus. Für die italienische Regierung seien E-Fahrzeuge nicht die einzige Lösung für die Zukunft, erklärte Verkehrsminister Gilberto Pichetto. Außerdem müssen bei der Dekarbonisierung nationale Zeitpläne berücksichtigt werden. Wissing hingegen betont die industriepolitische Bedeutung dieser Entscheidung für Deutschland: "Es geht auch um die Frage, behalten wir das Know-how über eine Technologie in Deutschland, die wir heute am besten beherrschen in der Welt. Oder brechen wir die Entwicklung dieser Technologie einfach ab."

In Polen hegt man generell Abneigung gegen das Verbrennerverbot, da selbst mit den vorgeschlagenen E-Fuels Verbrennungsmotoren für Konsumenten teurer würden. Ungarn, Bulgarien, die Slowakei und Rumänien besitzen wie Italien eine starke Autoindustrie. Daher stehen für diese Länder wahrscheinlich der Verlust von Wirtschaftsleistung und Arbeitsplätzen, die bei einem Verbrenner-Aus drohen könnten, im Vordergrund.

Nehammer: Österreich ist Autoland schlechthin

In Österreich flammte die Debatte über das Verbot etwas verspätet auf, denn eigentlich war bis zur Kanzlerrede am Freitag nicht mit einer Ablehnung Österreichs zu rechnen. Dann jedoch erklärte der Kanzler, Fleischkonsum und Autos zu verbieten, sei keine Antwort auf die Klimakrise. "Österreich ist das Autoland schlechthin", meinte der Kanzler, und "auch ich werde mich dagegen aussprechen, den Verbrennungsmotor zu verbannen." Beim Koalitionspartner sprach sich Klubobfrau Sigrid Maurer klar gegen Verbrennungsmotoren aus: Die Perspektive der ÖVP sei rückwärtsgewandt und fossil. Die Zukunft liege in der Elektromobilität, sagte sie im Mittagsjournal am Montag.

"Auch ich werde mich dagegen aussprechen, den Verbrennungsmotor zu verbannen" – Bundeskanzler Karl Nehammer

Auch SPÖ und Neos stehen dem Verbot der Verbrennungsmotoren positiv gegenüber. E-Fuels sehen sie aufgrund der energieintensiven Herstellung nicht als Alternative. Die FPÖ hingegen fordert, dass Österreich der Allianz gegen das Verbot beitritt: "Die Pläne für einen Ausstieg aus den Verbrennungsmotoren bedeuten nichts anderes als die Zerstörung der Automobilindustrie in Deutschland und Österreich. Die Vernichtung von hunderttausenden Arbeitsplätzen und ein beispielloser Wohlstandsverlust wären die fatale Konsequenz daraus", sagt der Verkehrssprecher der FPÖ, Nationalratsabgeordneter Christian Hafenecker. (APA/Reuters/frei, 14.3.2023)