17. Februar 1968: Dick Fosbury zeigt im Madison Square Garden den Flop, der ihm acht Monate später Olympiagold bescheren sollte.

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Extreme Zeitsprünge, Weitenverbesserungen und Höhenflüge, die nicht Materialentwicklungen geschuldet sind, gibt es im Spitzensport nur alle heiligen Zeiten. Als dem Schweden Jan Boklöv Mitte der 1980er-Jahre infolge eines missglückten Absprungs im Sommertraining der V-Stil passiert war, eröffnete sich dem Skisprung eine neue Dimension. Schon Anfang der 1970er setzte sich im Langlauf die Skatingtechnik durch, der klassische Langlauf musste durch eigene Bewerbe gerettet werden.

Unrettbar wie der Parallelstil im Skispringen war der Straddle oder Rollsprung, nachdem Dick Fosbury bei den Olympischen Spielen 1968 mit gänzlich neuer Technik Gold im Hochsprung gewonnen hatte. Der Flop des Studenten der Oregon State University wurde zum untrennbar mit seinem Namen verbundenen Hit. Nur ein Jahr nach dem olympischen Triumph beendete Fosbury seine Karriere als Spitzensportler, in der Szene blieb der Bauingenieur ein gerne gesehener Gast. Am Montag wurde ruchbar, dass Fosbury in Salt Lake City, Utah, einem bereits 2008 diagnostizierten Krebsleiden erlegen ist. Der Sportrevolutionär wurde 76 Jahre alt.

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"Dick Fosbury hat unvergessliche olympische Geschichte geschrieben", rief ihm Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), nach. Der ehemalige Sprintstar Michael Johnson nannte Fosbury eine "wahre Legende". "Er veränderte eine ganze Disziplin für immer mit einer Technik, die damals verrückt aussah."

Eine verrückte Idee

Deren Erfolgsgeschichte liest sich ein wenig märchenhaft. Im Frühling 1963, erzählte Fosbury, sei ihm während eines Wettkampfes an der Highschool angesichts der auf 1,65 Meter liegenden Latte die Idee zum Flop eingeschossen. "Ich wusste, dass ich etwas anderes ausprobieren musste, um sie zu überwinden." Er sprang ab, drehte sich und überquerte die Latte rücklings und mit dem Kopf voran. An diesem Tag verbesserte sich der junge Mann um sagenhafte 15 Zentimeter auf 1,77 Meter. In Mexico City reichten im Duell mit Landsmann und Favorit Ed Caruthers erst 2,24 Meter zur Goldmedaille. Der Sieger der US-Ausscheidung musste sich mit 2,22 Metern und Silber bescheiden.

Fosbury hatte sich bei der Entwicklung seiner Technik zwar sogar gegen seinen Trainer Bernie Wagner durchgesetzt, doch mit dem "Olympiasiegersein" kam der Einzelgänger nicht zurecht. Er war mit dem Echo auf seine Tat "völlig überfordert", nur zwei Tage nach seinem Triumph, am 20. Oktober 1968, verließ er die Spiele. Schon vier Jahre später, Fosbury hatte längst aufgehört, versuchten aber 28 von 40 Hochspringerinnen und Hochspringern bei den Spielen in München in seinem Stil zu reüssieren.

Ilona und die Patscherten

Nicht darunter war Österreichs Weltrekordlerin Ilona Gusenbauer, die nur Bronze gewann. Der erst 16-jährigen Deutschen Ulrike Meyfarth bescherte der Flop jedoch Olympiagold. "Die Typen, die den Flop gesprungen sind, waren für uns die Patscherten", sagt Gusenbauer viele Jahre später dem STANDARD im Rahmen der Serie "Das wurde aus".

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Dass sie ihrer schwierigeren Straddle-Technik treu geblieben war, ist umso bemerkenswerter, als der Fosbury-Flop mit ein wenig – je nach Standpunkt – Glück oder Pech heute auch Pingl-Flop heißen könnte. Schließlich flog der Steirer Fritz Pingl schon 1957 rücklings und mit dem Kopf voran über die damalige österreichische Rekordhöhe von 1,96 Meter. Für olympische Ehren kam die Leistung des 26-Jährigen zu spät. Er sollte nie international starten. Nachahmer fand Pingl kaum, weil mangels Kunststoffmatten seinerzeit zumeist noch in Sandgruben gelandet wurde. Pingl schloss seine Versuche stets mit einer Drehung ab, um nicht mit dem Rücken aufzuschlagen.

1960, nach 15 Staatsmeistertiteln in unterschiedlichsten Disziplinen, beendete er seine Karriere. Um einen Kontakt zu Fosbury hat sich der in Mariazell tätige Gastwirt Fritz Pingl vergeblich bemüht. Er starb 2015 im Alter von 84 Jahren. (Sigi Lützow, 14.3.2023)