Man wälzt sich im Bett und kann nicht einschlafen oder wacht des Nächtens auf und starrt dann an die Decke – fast die Hälfte der Menschen schläft nicht durch. Auch darauf will der Weltschlaftag am 17. März hinweisen.

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Österreicher und Österreicherinnen wälzen sich vermehrt schlaflos im Bett: Das stellte eine österreichweite Umfrage fest, die im Februar und März durchgeführt wurde. 1.001 Personen zwischen 20 und 79 Jahren wurden dafür im Auftrag des Unternehmens Betten Reiter befragt. 30,5 Prozent von ihnen gaben an, vor drei Jahren noch besser geschlafen zu haben. Weiters fällt das Einschlafen gut einem Viertel eher schwer, das Durchschlafen ist für fast 45 Prozent der Befragten keine Selbstverständlichkeit. Und auch um die Schlafqualität steht es laut der Umfrage nicht viel besser, jede fünfte Person fühlt sich morgens nicht ausreichend ausgeruht.

Auch der Wunsch nach dem Schlafausmaß wurde abgefragt. Im Schnitt gaben die Befragten an, sie würden gerne acht Stunden schlafen, die meisten ruhen aber eine Stunde weniger. Außerdem gab jede vierte Person unter den Befragten an, schon einmal natürliche Schlafmittel besorgt zu haben, fast 15 Prozent haben sich auch schon etwas ärztlich verschreiben lassen.

Häufigste Verursacher von Schlaflosigkeit

Häufigste Ursache für Schlafschwierigkeiten sind mentale Beschwerden, damit kämpfen 58,8 Prozent der Befragten. Genannt werden das Gedankenkarussell, aus dem man einfach nicht aussteigen kann, Ängste, Sorgen und Stress. Vorrangig sorgt man sich um Finanzen, die eigene Zukunft und Gesundheit. Dann folgen Arbeit, Kinder und das Wohlergehen geliebter Menschen. Frauen sorgen sich mehr um die Kinder und geliebte Menschen, während für Männer das Weltgeschehen, die Organisation des Tages, der eigene Beziehungsstatus und vergangene Fehler präsenter sind.

Das kann so weit gehen, dass manche Menschen wirklich Angst vor dem Schlafengehen bekommen, es regelrecht zur Tortur wird, berichtet Schlafcoachin Melanie Pesendorfer. Außerdem gibt es hier ein Henne-Ei-Problem, man wisse oft nicht, was zuerst kam: die psychische Belastung oder das Schlafproblem. Denn Schlafschwierigkeiten führen zu einer schnelleren psychischen Überlastung, gleichzeitig ist es die psychische Belastung, die einen nicht schlafen lässt.

Doch auch physische Leiden können den Schlaf stören. Die Hälfte der Befragten hat Probleme mit Harndrang, Verdauung und Hormonen, jede dritte Person leidet an Schmerzen. Diese Beschwerden unterscheiden sich nach Geschlecht und Alter. Frauen unter 70 kämpfen viel mehr mir hormonellen Beschwerden als Männer oder Personen über 70. Der Harndrang wird ein umso störenderes Problem, je älter die Befragten werden. Das soziale Umfeld, etwa Kinder oder andere auf Pflege angewiesene Personen, ist für rund 20 Prozent schlafbeeinträchtigend. Außerdem hat jeder achte Befragte Probleme mit einem schnarchenden Partner. Auch hier sind Frauen stärker betroffen.

Frauen schlafen insgesamt schlechter

Generell sind Frauen von Schlafschwierigkeiten stärker betroffen. Sie berichten vermehrt davon, sich nach dem Erwachen gerädert zu fühlen und eher nicht durchzuschlafen. Das liege unter anderem an der unterschiedlichen Verarbeitung von Informationen, erklärt Pesendorfer. Männer würden eher zielorientiert denken, wenn sie eine Information bekommen, ordnen sie diese zu. Gelingt ihnen das nicht, wird die Information in einen bestimmten Bereich des Gehirns gelenkt und abgehakt, wie Messungen von Gehirnaktivitäten zeigen.

Frauen denken oft vernetzter, eine Information triggert eine ganze Gedankenkaskade, es fällt schwerer, eine Information abzuhaken. Diese Fähigkeit sei jedoch ein Indiz für eine bessere Schlafqualität. Pesendorfer erklärt, dass Personen mit solch einem vernetzten Denken eher Schwierigkeiten mit dem Herunterfahren der Gedanken vor dem Schlafengehen haben. Auch brauchen sie generell mehr Schlaf, weil sie im Alltag eine höhere mentale Leistung erbringen als jemand, der zielorientierter denkt.

Besser Schlafen

Was kann man für einen besseren Schlaf tun? Pesendorfer empfiehlt ein tägliches Ritual. "Schlafen ist nichts anderes als ein Runterfahren unserer Systeme, und das muss eingeläutet werden." Dazu kann gehören, 90 Minuten vor dem Schlafengehen nichts mehr zu essen. Vor allem der Konsum von Süßigkeiten und Alkohol sei kritisch: "Alkohol hilft zwar scheinbar beim Einschlafen, aber die Qualität des Schlafs ist dadurch schlechter. Der Körper ist damit beschäftigt, diese Giftstoffe zu verarbeiten, anstatt andere wichtige Stoffwechselprozesse anzustoßen." Generell gilt, dass Essen kurz vor der Nachtruhe den Stoffwechsel aktiv hält, deshalb fällt es schwerer einzuschlafen.

Und einer der wichtigsten Faktoren ist Entspannung. Dafür gibt es aber kein Allheilmittel, es ist eine Typfrage. Manche sind eher auf visuelle Stimuli gepolt und können sich beim Lesen gut entspannen, auditive Typen fahren eher mit Musik runter. Insgesamt sollte man komplexe Informationsverarbeitung vor der Nachtruhe vermeiden und auch keine Mails mehr checken. Das triggert Anspannung und bringt Reizüberflutung, was der für den Schlaf nötigen Entspannung diametral entgegensteht.

Doch nicht nur das Individuum ist für guten Schlaf verantwortlich, Pesendorfer betont, dass auch Politik und Wirtschaft im Bereich Schlaf umdenken müssen. So wäre es etwa für Kinder und Jugendliche gut, den Schulbeginn von acht auf neun oder sogar halb zehn Uhr zu verschieben. Das gängige Modell acht Stunden Schlaf, acht Stunden Arbeit und acht Stunden Freizeit sei nicht an unsere biologische Uhr angepasst.

Insgesamt sollte man das Thema Schlaf auf keinen Fall mit zu viel Druck angehen, das bringe mehr Schaden als Nutzen. Von dem krampfhaften Versuch, einem gewissen Zeitplan gerecht zu werden, rät Pesendorfer dringend ab: "Nicht jeder Mensch kann um sieben Uhr aufstehen. Wir können das nicht lernen, und wenn wir es trotzdem tun, werden wir auf Dauer krank." Auch würde nicht jeder Mensch von der gängigen Empfehlung, täglich acht Stunden zu schlafen, profitieren. Es gilt, das Richtige für den eigenen Körper zu finden. (Laura Schnetzer, 17.3.2023)