Die Pelletpreise sind im vergangenen Jahr massiv gestiegen. Mittlerweile hat sich die Lage wieder beruhigt.

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Am 18. Oktober 2022 klopften Beamtinnen und Beamte der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gleichzeitig an die Türen mehrerer österreichischer Pellet-Unternehmen. Mit im Gepäck hatten sie einen Durchsuchungsbeschluss, abgesegnet vom Oberlandesgericht (OLG) Wien. Die Wettbewerbshüter durchkämmten Büros, beschlagnahmten Dokumente und kopierten Daten. Ihr Verdacht: Mehrere Unternehmen der Branche sollen verbotene Absprachen getroffen haben, um Preise festzusetzen, Kunden aufzuteilen und so den Absatz zu kontrollieren.

Seither laufen Ermittlungen, die Betroffenen bestreiten die Vorwürfe vehement. Ein Tiroler Unternehmen, das von den Maßnahmen betroffen ist, beschwerte sich gar beim Obersten Gerichtshof (OGH) über die Hausdurchsuchung. Dort blitzte es allerdings ab, wie bereits im Februar bekannt wurde. Jetzt gibt das Urteil Einblick in die Verdachtslage der BWB – und wie die Ermittlungen ihren Anfang nahmen.

Demnach hatte sich zwei Monate vor den Hausdurchsuchungen ein anonymer Hinweisgeber telefonisch bei der Behörde gemeldet. Der Mann, selbst in der Branche tätig, erinnerte sich in dem Telefonat an ein Gespräch mit einem Manager des Tiroler Unternehmens, das er vor zwei Jahren führte. Dieser soll ihm gegenüber gesagt haben, dass man die Preise nicht selbst festlege, sondern sie vom "Verein" vorgegeben werden. Mit dem "Verein" war Propellets Austria gemeint, der österreichische Branchenverband.

Zahlreiche Beschwerden

Der Anruf des Hinweisgebers nährte einen Verdacht, den die Wettbewerbsbehörde bereits zuvor gehegt hatte. Im Laufe des vergangenen Jahres waren die Preise für Pellets nach Ausbruch des Krieges analog zu den Öl- und Gaspreisen explodiert. Zwischen August 2021 und August 2022 lag der Anstieg bei weit über hundert Prozent. Zahlreiche Verbraucherinnen und Verbraucher beschwerten sich bei der BWB und bei der Arbeiterkammer. Propellets musste sich öffentlich rechtfertigen: Der Preisanstieg sei auf mehrere Gründe zurückzuführen: eine Verknappung des Angebots als Folge des Ukrainekriegs, Hamsterkäufe durch Kunden und einen rasanten Anstieg neuer Pelletheizungen.

Doch aus Sicht der BWB ließ sich der starke Anstieg "weder mit der Preisentwicklung auf den Energiemärkten noch durch Kostensteigerungen" erklären, wie aus dem Urteil hervorgeht. Einfuhren aus Russland und der Ukraine, die mit Kriegsausbruch wegfielen, würden für den österreichischen Markt keine entscheidende Rolle spielen. Gleichzeitig sei es auch nicht zu einem ungewöhnlichen Anstieg der Pelletexporte ins Ausland gekommen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass "die Preissteigerungen durch ein koordiniertes Zurückhalten von Holzpellets durch die Anbieter und somit durch ein marktmissbräuchliches Vorgehen auf Angebotsseite" verursacht wurden. Es gebe den begründeten Verdacht eines "koordinierten, angebotsseitigen Missbrauchs der Marktmacht".

Propellets bestreitet

Nach den Hausdurchsuchungen bestritt Propellets "entschieden den Verdacht von Preisabsprachen". Auch fünf Monate später steht der Geschäftsführer des Verbands, Christian Rakos, den Ermittlungen "tiefenentspannt gegenüber". Der Vorwurf der Behörde könne schon allein deshalb nicht stimmen, weil die Preisunterschiede zwischen den unterschiedlichen Anbietern "nie so hoch wie im vergangenen Jahr" waren, sagt Rakos zum STANDARD. Zudem zeige der internationale Vergleich, dass die Pelletpreise in Österreich signifikant niedriger gewesen seien als in den Nachbarländern Deutschland, Schweiz und Italien. Eine Preisabsprache hätte zum gegenteiligen Effekt führen müssen.

Dass die Preise dennoch stiegen, ist laut Rakos auf den offenen europäischen Markt zurückzuführen. Österreich sei zwar nicht von Importen aus Weißrussland, der Ukraine und Russland abhängig gewesen, wohl aber andere EU-Staaten. Insgesamt seien dem Markt zehn Prozent des Volumens weggebrochen, die Folgen hätten sich indirekt auch auf Österreich ausgewirkt. Der Hinweis des anonymen Anrufers ließe sich "leicht entkräften", ist der Branchenvertreter überzeugt. Propellets veröffentlicht regelmäßig Preiserhebungen. Publiziert werden diese aber stets erst drei Wochen nach der jeweiligen Erhebung. "Der Anrufer bei der Behörde hat sich wohl darauf bezogen", glaubt Rakos.

Ob die BWB das genauso sieht, bleibt abzuwarten. Nachdem der OGH die Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung rechtskräftig abgewiesen hat, können die Ermittlerinnen und Ermittler die beschlagnahmten Daten auswerten. Bis zu einem Ergebnis – entweder einer Einstellung oder einer möglichen Kartellstrafe – dürften noch mehrere Monate vergehen. Die Behörde müsste für eine Strafe jedenfalls eindeutige Beweise für Absprachen finden, reine Marktbeobachtungen sind nicht verboten. Die Pelletpreise haben sich in der Zwischenzeit wieder beruhigt, die Preisentwicklung zeigt klar nach unten. (Jakob Pflügl, 15.3.2023)