Raiffeisen-Werbung in Moskau.

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Wien/Moskau – Die Raiffeisen Bank International (RBI) soll laut einem "Falter"-Bericht ein Tauschgeschäft in Russland bzw. Österreich planen. Im Mittelpunkt stehen die staatliche russische Sberbank und das Russland-Geschäft der RBI. Die Sberbank Europe mit Sitz in Wien wurde im Vorjahr geordnet abgewickelt, die Bankenkonzession erlosch. Doch aufgrund der Sanktionen gegen Russland können die Erlöse nicht an den Eigentümer, die Sberbank Russland, überwiesen werden.

Und hier soll der Bankendeal laut "Falter" ansetzen. Demnach arbeitet die RBI unter der internen Bezeichnung "Projekt Red Bird" an der Übernahme des Restvermögens der Sberbank Europe. Dem "Falter" liegen demnach Unterlagen aus der Vorstandssitzung der RBI vom Dienstag vergangener Woche vor. Sie würden den Vermerk streng vertraulich tragen. Darin werde detailliert eine "Transaktionsstruktur" für das Projekt Roter Vogel erörtert. "Es ist im Wesentlichen ein verdecktes Tauschgeschäft, das die Raiffeisen-Manager um CEO Johann Strobl ausgetüftelt haben: Die staatlich-russische Sberbank erhält Raiffeisen-Vermögen in Russland, dafür bekommt die RBI Sberbank-Vermögen in Wien", schreibt das Wochenmagazin.

Sberbank soll Dividendenforderung erhalten

Der erste Schritt laut der Vorstandsunterlage: "Vereinbarung zwischen Raiffeisen Bank International und Sberbank Russland". Und weiter soll es in dem Papier heißen: "Sberbank Russland erhält die Dividendenforderung und/oder nachrangige Darlehen von der RBI oder alternativ die Raiffeisen Bank Belarus."

Unter welchem Titel das Geld (oder gleich eine ganze Bank) transferiert werden soll, sei also noch nicht ganz klar, dafür die Größenordnung. Bei der "Dividendenforderung" handle es sich um die Gewinne der russischen Raiffeisenbank Russland im Jahr 2022 in der Höhe von zwei Milliarden Euro. Alternativ könnte die gesamte Priorbank, die belarussische Raiffeisen-Tochter, an die Sberbank übertragen werden. Die Bilanzsumme der Priorbank: ebenfalls zwei Milliarden Euro. "Das ist also der Kaufpreis, den die RBI für das Restvermögen der Sberbank Europe zu zahlen bereit ist", folgert der "Falter".

Gemunkel in der Branche

In der Finanzbranche wird schon länger gemunkelt, dass eine Art Tauschgeschäft das Motiv für den umstrittenen Deal sein könnte, wie der STANDARD Anfang März berichtete. Zu hören ist demnach, dass die RBI mit dem Sberbank-Deal versuchen könnte, Vermögen zu tauschen: jenes in Russland gegen jenes der Abwicklungsgesellschaft – sofern die Behörden dieser Transaktion zustimmen. Hintergrund sind hier einmal mehr die Sanktionen. Nicht nur die RBI hat eingefrorene Assets in Russland – auch Russland kann aufgrund der Sanktionen auf Vermögenswerte im Westen nicht zugreifen.

Auf APA-Anfrage hieß es nun von der RBI zu dem "Falter"-Bericht: "Es handelt sich bei der von Ihnen dargestellten Möglichkeit einer Transaktionsstruktur um eine theoretische Überlegung. Es gibt zu einem solchen Asset-Swap weder eine Vereinbarung noch andere konkrete Schritte zur Umsetzung. Hintergrund eines solchen Asset-Swaps wäre die Möglichkeit einer Reduktion des Russland-Exposures der RBI, die bekanntlich derartige Optionen untersucht. Die RBI hält selbstverständlich alle Sanktionen ein. Allfällige Transaktionen würden vorab mit den Behörden abgestimmt und nur bei Vorliegen aller relevanten Genehmigungen durchgeführt."

Kratzer am Image

Dem ohnedies schon angekratzten Image der RBI, die den Löwenanteil ihres Gewinns in Russland macht und seit einem Jahr auch einen Rückzug aus Moskau prüft, sind die Enthüllungen im Zusammenhang mit der Sberbank nicht gerade dienlich. Die Grünen haben am 1. März eine parlamentarische Anfrage dazu an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) eingebracht, sie befürchten, dass eine Umsetzung des Projekts Österreich Schaden zufügen könnte. Das bekräftigt die grüne Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli im "Ö1"-Morgenjournal am Mittwoch. Sie bezeichnet die Pläne der RBI als "Spiel mit dem Feuer" und fordert erneut eine Prüfung durch die Bankenaufsicht FMA.

Aus dem Finanzministerium heißt es laut "Morgenjournal" dazu, man werde die parlamentarische Anfrage rechtzeitig beantworten, für eine Prüfung durch die Bankenaufsicht FMA gebe es allerdings keine Gründe, denn die RBI unterliege der Aufsicht der EZB. Das Ministerium erkenne zudem keine Anzeichen für eine Umgehung der Sanktionen durch die RBI oder eine andere österreichische Bank.

Selbst im Raiffeisen-Sektor (die börsennotierte RBI gehört mehrheitlich den acht Raiffeisen-Landesbanken) ist die Idee umstritten, und auch die Bankenaufseher in der EZB, die für die RBI zuständig sind, sollen nicht begeistert sein. Die Kritik innerhalb des Sektors bezieht sich auch darauf, dass die RBI ihr Vorhaben nicht erklärt – allen voran sei Aufsichtsratspräsident Erwin Hameseder gefordert, das zu tun. Allerdings geht man in der Branche gar nicht davon aus, dass die Transaktion noch umgesetzt wird – das vorzeitige Bekanntwerden mache das unwahrscheinlich, wie zu hören ist. (APA, red, 14.3.2023)